Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/3, fol. 280r–294v (Konz. mit einzelnen marg. Korr. und Erg.); DV fol. 294v: Vertzeichnus, was mit dem konig und dem H. von Granvelh gehandelt.

Sontags Judica, den 11. Marcij, hat die kgl. Mt. ad partem etzliche diser stende, doch sonderlich und underschiedlich nacheinander, zu sich erfordern lassen. Und erstlich seint wir umb ein uhr zu irer Mt. beschieden gewesen, welche allein den H. von Granvelh und sonst niemands bei sich gehabt und von des von Granvelhs wegen lateinisch geredt1 und volgends inhalts ein antzeig gethan:

Nemlich wir wusten der ksl. Mt. neigung zu erhaltung freid [!] und rhue in deutscher nation, und wolten ire Mt. gerne, das das gut und gnedig vertrauen, so ir ksl. Mt. gegen unsern gnedigsten herrn, den Kf. zu Sachssen, hett, erhalten wurde, welchs sovil mer durch den weg geschehen mocht, so ire kfl. Gn. pilliche, ehrliche, vernunftige mittel des friden und rechtens nicht ausschlagen, sonder sich sampt derselben mitverwanten an denselben begnugen liessen.

Nun hettens ire ksl. Mt. fur gewiß gehalten, das seiner kfl. Gn., auch derselben mitverwanten, durch die mittel und weg der vorig bewilligten und angenohmen abschied und declaration solte gnug geschehen sein und das man itzt nicht mer oder ferners suchen und begern wurde, dann zuvor geschehen were. Es wurden es auch alle unpartheischen dafur halten mussen, das iren kfl. Gn. und derselben mitverwanten gnug geschehen were, dan es were jhe nicht mer gesucht worden, dan in der ksl. Mt. declaration begriffen, die auch solten gehalten werden. Dargegen man sich auch in die abschied gelassen und sich derselben des Turcken und Frantzosen halben verpflichtet, wie darin verleibt. Und man het sich je zu ksl. Mt. als einem milten keiser aller gnad und gutes gentzlich zu vertrosten und zu versehen, und das ire Mt. wider diese stende ader imandes andern zu unfriden[nicht] geneigt, darauf man sich auch trostlich verlassen sollt. Derhalben were ire Mt. mit so schwerlichen und unmuglichen conditionen und purden nicht zu beladen, dan ire[r] Mt. wurden der gegeben declaration[halb] ane das allerlei zugemessen. Und solt in suma des friden halben, wie aus irer kgl. Mt. und der ksl. comissarien antwort [Nr. 160, Nr. 163] vermarckt, inhalts der abschied und der ksl. declaration kein mangel sein.

Zum andern des rechten halben stunde es daruff, daß das ksl. cammergericht sollt suspendirt werden in religion- und prophansachen, so lang biß es reformirt wurde. Und so einicher mangel furfiele, so konnth demselben durch die ksl. Mt., die indes gewißlichen ins Reich ankommen wurde, den dingen auch pilliche maß gefunden werden, also das man sich desselben nicht zu beschweren haben sollt.

Darumb wolt ire Mt. sambt dem H. von Granvelh uns vermant und gebeten haben, das wir [uns] von wegen hochgemelts unsers gnedigsten herrn, als des haupts in diesen sachen, also erzteigen wolten, das zu vermercken, das sein kfl. Gn. sampt iren verwanten den gemeinen nutz und wolfart des Reichs fordert und den obligenden beschwerungen desselbigen abgeholfen sehen wolt und also dester statlicher widerstandt dem erbfeindt der christenheit begegenet, dan ir kgl. Mt. heten noch diese stund von einem irer Mt. dienner, der von dem Turcken were gefangen worden und neulich dadannen widerumb erledigt, kuntschaft von des Turcken personlichen ankunft etc.2

Und wir solten bedencken, daß unser und der andern stende begerung abschaffung halben der personnen des chammergerichts ein seltzams ansehen hett, als ob man kein recht leiden mocht, sonder ein anders suchten, und das man sich villeicht befharte, man konnte die personnen des chammergerichts des zugemessenen verdachts nicht uberweisen [= beweisen, überführen], dieweil man die visitation also scheuchte. Und in suma ire Mt. hett uns solchs darumb antzeigen wollen, das wir nochmals die ding auf vorgeschlagene, pilliche wege wolten richten helfen. Daran wurde ksl. Mt., auch ir[er] kgl. Mt. zu sonderlichem, gnedigem gefallen geschehen etc.

Hyrauf haben wir umb ein kurtze underred undertheniglich gebeten und volgends der kgl. Mt. und dem H. von Granvella widerumb in lateinischer sprach, damit es der H. von Granvelh auch versteen mocht, antwort geben volgends sumarie inhalts:

Erstlich haben wir der kgl. Mt. antzeig erinnerung erfordert und der beger sumarie repetirt und erholt. Volgends angetzeigt, das wir uns der ksl. Mt. gnedigsten, veterlichen neigung zu erhaltung friden und rhue in deutscher nation underthenigst zu erinnern[wüßten]. So wusten wir auch, das hochgemelter unser gnedigster herr nichts hoher begirig were, dan alles das, das zu friden und rhue, auch aller wolfart des Reichs dinstlich, zu fordern helfen, wie auch seine kfl. Gn. dasselbig im werck und mit der that betzeugten. Und solten es ire kgl. Mt. sampt dem H. von Granvella gnediglich und gewißlich dafur achten, das sein kfl. Gn. sampt derselben mitverwanten zum hochsten erfreuet sein wurd, do die sachen alhie zu bestendigem friden im Reich deutscher nation, auch erhaltung gleichmessigs rechts mochten gericht werden und also dem feind der cristenheit, dem Turcken, dester fruchtbarlicher widerstandt geschehen mocht. Dartzu wir dan allenthalben mit notturftigem bevelh und instruction abgefertigt.

Warumb aber und aus was ursachen seine kfl. Gn. sampt den andern iren mitverwanten irer kgl. Mt. und der ksl. comissarien gegebene antwort [Nr. 160, Nr. 163] nicht dafur achten konnten, das dardurch beide artickl des friden und gleichmessigen rechtens nicht erledigt weren, solchs hetten ire kgl. Mt. aus dieser stende ubergebenen schriften gnedigst und notturftig vernohmen, darauf wir uns auch referirt haben wolten, dann wir wusten aus demselbigen unsers habenden bevelhs halben, dieweil es auch mit der mitverwanten stende gemeiner bewilligung zugestellt und ubergeben, nicht zu schreiten. Wir verhofften aber, do sein kgl. Mt. sampt dem H. von Granvell solche antworten gnedigst und gunstiglich erwegen, wurden ire kgl. Mt. und der H. von Granvella sovil vermercken und befinden, das nicht anders gesucht und begert wurde, dan was die hochste notturft dieser stende erfordert, auch zu dem furhaben[den] werck der turckenhulf nicht allein dinstlich, sonder notwendig were etc.

Und das ire kgl. Mt. angetzeigt het, als were die itzige suchung und beger etwas neues und zuvor nicht furgewant etc., sonderlich abschaffung der personnen am chammergericht, wusten sich ire kgl. Mt. an tzweifel aller ergangenen handlung auf dem reichstag zu Regennspurg [1541], auch volgends zu Speir [1542] (welche notturftiglich eingefurt und erholt worden) gnedigst zu erinnern, und das auch zu Speir abschaffung halben vorgemelter personnen des chammergerichts anregung beschehen, aber gleichwol in hofnung der kunftigen visitation und irer kgl. Mt. daruber gegebenen versicherung hett man es datzumalh darbei wenden lassen.

Nun were aber die visitation daruf nicht erfolget3, obwolh unser gnedigster herr sampt etzlichen andern die iren gein Speir verordent und notturftige protestation furwenden lassen. So het sich auch hernacher das chammergericht mit iren vermeinten processen ferner also verdechtig ertzeigt, das man zu der recusation auch in prophansachen verursacht und gedrungen worden, welcher aber auch ungeachtet – aob man sich auch wol ad arbitros juris, dieselben mit inen zu ellegirn und die sachen des verdachts mit inen außzufhurn, erboten–a– nichtsdesterweniger durch dieselben vermeinten richter, wiewol nichtiglich, wider diese stende auch uff die acht procedirt wurde4.

Dieweil nun die sachen in dem vorigen stand nicht weren und man nichts anders sucht noch begerte, dan das ein gleichmessige besetzung bdes chammergerichts–bgelerter, frommer, erbar[er] leuth im Hl. Reich deutscher nation vorgenohmen werden mocht, damit gericht und recht erhalten, so wolten wir nochmals underthenigst hoffen, die kgl. Mt., auch der H. von Granvelh, cwurden aus grossem und hohem verstant–cnochmals inhalts der ubergebenen schriften die sachen gnedigst und gunstlich fordern helfen, darumb wir auch underthenigst und dinstlich wolten gebeten haben, mit erbiettung, alsdan unserm habenden bevelh nach in beratschlagung der vorstehenden handlung der turckenhilf und anderer also halten und ertzeigen wolten, das der mangel an diesem teilh nicht sollt befunden werden etc.

Als hat die kgl. Mt. ire vorige antzeig widerumb etwas erholet und hart darauf gedrungen, dieweil man zuvor die reichsabschied bewilligt und damit begnugig gewesen, so solt man je itzunder nichts neues suchen. So were es auch unpillich, das die personnen des chammergerichts unverhort und unuberwisen [= ohne Beweis] so schmelich solten enturlaubt und abgesetzt werden. So weren auch allerlei rede, das hochgemelter unser gnedigster herr, der Kf. zu Sachssen, der gulchischen sach halben also festhalten solten, das ir kfl. Gn. die sachen gerne ineinander verwickelt sehen, welchs aber seine kgl. Mt. nicht verhoffen wolte, und thetten als ein treuer freund, der die sach gerne gut sehe, wie ein artzt, der scharfe und linde pflaster uflegen muste, das sie uns von solchen dingen vermeldung thetten. Und man solt sehen, das dannacht die ksl. Mt. nicht zu anderm nachgedencken ursach geben wurde etc., mit beger, das wir nochmals mit seiner kgl. Mt. gegebenen antwort sampt der ksl. comissarien wolten begnugen und darauf den haupthandel beratschlagen und schliessen helfen wolten.

Hyrauf seint wir abermals abgetretten und, sovil in eilh geschehen mugen, underredt und der kgl. Mt. ungeverlich uff volgende meinung geantwort:

Wir hetten irer Mt. fernere antzeig undertheniglich angehort und vernohmen und wolten seine kgl. Mt. mit langen reden oder disputirn nicht aufhalten, dann sovil in unserm gewalt und bevelh stund, das hetten ire kgl. Mt. aus den ubergebenen schriften mermals verstanden, darbei wir es auch beruhen liesen. Kritik an der Rechtslage, die wegen Nichtakzeptanz der ksl. Deklaration durch die altgläubigen Stände entstanden ist. Daraus leichtlich abtzunehmen, wie bestendig der frid in solchem zweihelligen verstandt sein oder geheissen werden mug.

So hab man sich auch, wie zuvor angetzeigt, den verdacht wider die personnen des chammergerichts coram arbitris außzufhurn erboten, darumb sie sich nicht zu beschweren haben mochten, als ob man sie unverhort entsetzen und schmehen wollte, uber das, das nuemer der verdacht, dieweil sie unangesehen der recusation so gantz geschwind procedirn, wie offenbar und am tag ist.

Und wir wolten nochmals underthenig verhoffen, ire kgl. Mt., auch der H. von Granvella, wurden nochmals gelegenheit und gestalt der sachen gnedigst und gunstiglich betrachten und uff die wege gedencken, auch dieselben fordern helfen, durch welche gemeines fridens und nutz halben die itzige verdechtige personnen des chammergerichts ires dinsts erlassen und dasselb forderlich widerumb gleichmessig besetzt und reformirt werde, in erwegung allerlei trefflichen beschwerung und obligen, so itzunder sonderlich der deutschen nation vor augen, auf das in verpleibung desselbigen nit ferner beschwerung verursacht etc.

Was aber etzlicher reden, so hochgemelts unsers gnedigsten herrn halben der kgl. Mt. und dem H. von Granvella furkommen, belangen thette, davon hetten wir zuvor nichts vernohmen. Wir wolten aber ire kgl. Mt. und den H. von Granvell underthenigst und dinstlich gebeten haben, demselben nicht glauben noch statzugeben, dann wir wusten, daß dasselbig ane grunt und ane zweivel durch sein kfl. Gn. widerwertigen und myßgonner erdichtet sein must.

Wir konnten auch leiden, ire kgl. Mt. erkundigten sich der andern rethe und gesanten gemuts und bevelhs. So wurden sie befinden, das sie alle von iren herrn und obern den bevelh bekommen inhalts der gegebenen schriftlichen antwort. Verwahrung gegen den Vorwurf, die Verhandlungen wegen des Hg. von Jülich hinzuziehen, Verweis auf ein Schreiben Kf. Johann Friedrichs an Kgn. Maria und auf seine Antwort an Dr. Könneritz (Nr. 10).

Das auch solchs nach itziger leuft gelegenheit, und sonderlich ankunft halben des erbfheind der christenheit, des Turcken, auf deutsche nation zum hochsten vonnotten, das hetten ire kgl. Mt., auch der H. von Granvella, aus hohem, trefflichem verstandt leichtlich zu erachten. Darumb wir uns auch verhoffen wolten, ire kgl. Mt. und der H. von Granvella wurden die ding gnedigst und im besten bedencken und auf die weg richten und fordern helfen, damit die gulchisch sach zu friden gericht wurde.

Was aber unsers gnedigsten herrn hochgemelt interesse von wegen seiner kfl. Gn. gemahels, des hertzogen schwester5, were, das wusten seine kgl. Mt., auch er, der H. von Granvella, aus vorigen ergangen tractaten und handlungen ane zweivel wol; desgleichen warumb sein kfl. Gn. bewogen, als dieselbig durch den Hg. von Gulch der burgundischen uberfals halben in seiner fstl. Gn. altvetterlich furstenthumb Gulch umb hulf ersucht, dieselbige seiner fstl. Gn. zu naturlicher defension und anders nicht zu leisten. Solchs hett ire kfl. Gn. in obgemeltem schreiben an die Kgn. Maria, desgleichen auf Dr. Konneritzen werbung [Nr. 6] angetzeigt. Daraus ire kgl. Mt., auch er, der H. von Granvella, clerlich zu befinden, das seine kfl. Gn. in dem nichts verweißlichs gethan oder gehandelt het.

Dan dieweil ire kfl. Gn. von derselben schwager hochgemelt dangelangt, das seine fstl. Gn.–dan alle vorgehende verwahrunge uberfallen, sich auch des einfalhs, so durch das frantzosisch krigsvolck in Prabanndt geschehen, vor Got und der welt unschuldig wust und dasselbig, so hoch sie sollten, erteuern [= beteuern] wolten, so het sein kfl. Gn. irer beiderseits verwantnus nach nicht umbgeen konnen, seiner fstl. Gn. zu rettung derselbigen furstenthumb und land, auch von wegen ires sonderlichen interesse, ein gemessigte hulf zu leisten, welchs sich auch vor lengst geendet hett. Und hofften sein kfl. Gn., das ir solchs bei ksl., auch der kgl. Mt., Kff., Ff. und stenden des Reichs und meniglichen unverweißlich sein solt.

Seine kfl. Gn. hetten es auch dafur geacht und achten es auch noch dafur, die ksl. Mt. wurde solchs, unversehenlichen der burgundischen einfalls, verherens, verbrennens und verwustens des hertzogthumb Gulchs wider den gemeinen landfriden, nicht allein kein wissens, sonder auch kein gefallens gehabt haben noch uff diese stunde haben; vil weniger, das es aus irer ksl. Mt., als eines fridliebenden keisers, bevelh geschehen sein sollt.

Dieweil sich dann auch hochgemelter Hg. von Gulch zu gutlicher und rechtlicher verhor, erkenntnus und weisung erbietten thut und ein junger, fridliebender, tugentlicher furst were, wie meniglich bewust, so verhofften wir, ire kgl. Mt., auch der H. von Granvelh wurden nach gelegenheit aller umbstende diese sach gnedigst und gunstiglich bedencken und zu pillichen, fridlichen mitteln und wegen fordern helfen, darumb wir auch ire kgl. Mt. und den H. von Granvella underthenigst und dinstlich wolten gebeten haben, dann wir zweivelten nicht, hochgemelter Hg. von Gulch wurde sich gegen der ksl., auch irer kgl. Mt. alleß geburlichen gehorsams und underthenigkeit zu halten wissen.

So wusten wir auch, das unser gnedigster herr, der Kf. zu Sachssen etc., nichts hoher begirig weref, dan alles dasjenige, so zu friden und rhue, auch aller wolfart des Reichs dinstlich, fordern helfen, und das seine kfl. Gn. ein gnedigsten keiser und herrn an irer ksl. Mt. haben mocht, mit underthenigster bit, ire kgl. Mt. wolten den erdichten reden und uflagen, so hochgemelts unsers gnedigsten herrn halben von seiner kfl. Gn. widerwertigen mochten ausgebraittet werden, keinen glauben geben. Dan ire Mt. solte mit warheit befinden, das seiner kfl. Gn. als eines ehr- und fridliebenden churfursten gemuth dohin stunde, alles dasjenige fordern zu helfen, daß zu friden und gutem diennen mocht. Und das des Hg. von Gulch halben iren kfl. Gn. mit keinem bestandt ichtes verweißlichs solte oder mochte zugemessen werden etc.

Hirauf hat der konig gesagt, was die gulchisch sach belangen thet, wurde man ksl. Mt. gemuth von derselben orator, dem H. von Granvelh, horen, aber das wolt seine kgl. Mt. kurtzlich dartzu gesagt haben: Wan sie an des Kf. von Sachsen statt gewesen weren, so hetten sie gin dieser sach–gnicht gethan, das sein kfl. Gn. gethan hat; hetten auch nicht geschrieben, das seine kfl. Gn. geschriben haben. Darbei ließ sie es pleiben.

Aber der H. von Granvelh hat gesagt, was die burgundischen der krigsubung halben gegen Gulch gethan, dasselbig hetten ir ire ksl. Mt. gefallen lassen und dasselb gentzlich ratificirt, und es durft nicht vil umschweifs, der Hg. von Gulch, der were ksl. Mt. und des Reichs feind, dafur in auch ire Mt. hielten.

Und haben sich hiraus allerlei wechselrede zugetragen, dan wir angetzeigt, das es je schwer were, do der Hg. von Gulch uber aller seiner fstl. Gn. zu gutlicher und rechtlicher verhor und erkenntnus erbiten solte ferner beschwert werden, sonderlich dieweil auch sein fstl. Gn. des einfalhs halben des frantzosischen krigsvolcks ire unschuld dathun wollten, so were auch am tag, das sein fstl. Gn. ein unschuldiger, fridlicher, ehrliebender furst were, des sein fstl. Gn. jhe pillich geniessen [= in den Genuss kommen] solt etc.

Als hat die kgl. Mt. gesagt, das es war, were ein feiner junger furst, sein kgl. Mt. het auch ein sonderlich mitleiden mit ime, were ime auch von hertzen hold. Und het sein fstl. Gn. seiner kgl. Mt. zu Gennth gefolget, so were die sachen wol uff gute mitel und wege gericht worden, die sein fstl. Gn. nutzlich und rhumlich weren gewesen, were auch zu den itzigen wegen nicht komen6.

Und er wolt itzunder vil erbieten thun, do doch sein fstl. Gn. mit der that der ksl. Mt. ir erblich furstenthumb Gellern vorenthielten und, so der Kf. zu Sachssen samt seiner kfl. Gn. mitverwanten Hg. Heinrichen von Braunschwig allein etzlicher drau halben ubertzogen und verjagt het, so geburt je der ksl. Mt. vil pillicher ir furnehmen wider Gulch, als der irer ksl. Mt. erblich furstenthumb furenthielt und daruber der ksl. Mt. Niderlande mit brandt, mort und raub zum hochsten beschedigen lassen etc.

Hirauf ist geantwort, das sich der Hg. zu Gulch des einfalhs halben in Niderland wie obgemelt zur antwort und seiner fstl. Gn. unschuld dartzuthun erbieten thett, desgleichen Gellern halben zu rechtlichem erkenntnus, aber mit Hg. Heinrichen hett es vil ein ander gelegenheit gehabt, wie solchs die offenen ausschreiben betzeugten. So were ein grosser underschied zwischen deß Hg. zu Gulch und Hg. Heinrichen personnen etc.

Antwort der konig: Es were gewißlich war, das zwischen denen beiden fursten ein hochste ungleicheit und underschied were, man solt es aber umkern, dann unserm gnedigsten herrn sampt seiner kfl. Gn. mitverwanten were die execution wider Hg. Heinrichen zu thun von der ksl. Mt. nicht bevolhen gewesen, gleichwol were er ubertzogen und verjagt worden. Warumb dann der ksl. Mt. wider Gulch aus oberwehnten ursachen execution zu thun nicht geburen sollte?

Und hat der von Granvelh auch allerlei dartzu geredt zu beschwerung des Hg. von Gulchs, und under anderm gesagt, es were noch mer dahinden, das zu seiner zeit auch solt herfurkomen. Es were ime auch unverborgen, das allerlei handlungen dem Hg. zu Gulch zu gutem und ksl. Mt. zu verhinderung alhie furgenohmen wurde, man solt sehen, was guts daraus ervolgen mocht, dann einmalh so were der Hg. zu Gulch ksl. Mt. und des Reichs feind und dafur zu halten etc. Darauf wir under anderm gesagt, das wir nicht wissen konnten, was ein jeder handelte, aber sovil unsern gnedigsten herrn, hsonderlich der geleisten hulf halben–h, belangen thet, davon were obgemelt und er solt es dafur halten, das ir kfl. Gn., auch wir als die dienner, alhie den bevolhenen handlung keinen scheu trugen. Solt auch, ob Got will, mit warheit nymermer dargethan werden, das ir kfl. Gn. oder wir von wegen derselbigen ichtes handelten, das zu pillichem verweiß mocht gedeuttet werden.

Als hat der konig gesagt, was in des Hg. von Gulchs sach vergangener zeit geschehen were, das were hin und hett seinen weg, aber kunftiglich sollt man ksl. Mt. ferner nicht uf sich laden, dan ir ksl. Mt. weren je und alleweg unserm gnedigsten herrn mit sondern gnaden und freundschaft geneigt gewesen etc. Und dieweil ire Mt. gerne wolten, daß die vorstehenden handlungen alhie mochten gefurdert werden und sie aber sampt den ksl. comissarien nicht weiter geen konnten, dan wir mermals gehort, der ursachen, das sie von der ksl. Mt. kein andern bevelh heten. So were irer Mt. gnedigs begern und ermahnnen, das wir unserm gnedigsten herrn umb fernern bevelch schreiben und irer kfl. Gn. die ursachen vermelden, auch dasselb bei den andern stenden alhie fordern wolten, damit etwas fruchtbarlichs gehandelt etc.7

Hirauf haben wir irer Mt. angezeigt, das wir unserm gnedigsten herrn zu ider zeit der furstehenden handlung der kgl. Mt. und der ksl. comissarien antworten schriftlich bericht heten, desgleichen dan der merer teilh dieser stende verwanten rethe und potschaften auch gethan. Es hetten aber ire chur- und fstl. Gnn., Gnn. und Gg. nicht befinden konnen, das durch irer kgl. Mt. und der ksl. comissarien gegebene antworten ire beschwerungen erledigt, sonderlich den beiden artickeln, frid und recht belanget, abgeholfen were inhalts ubergebner schriften, welcher sich auch diese stende einmutig also verglichen. Darbei sie es auch musten beruehen lassen.

Wir hetten aber von unserm gnedigsten herrn den bevelh, der handlung halben iren kfl. Gn. zu ider zeit notturftigen bericht uff der post zuzuschicken, des weren wir auch also zu thun willig und schuldig, underthenigst bittend, ire kgl. Mt., auch der H. von Granvelh, wolten uns als die dienner entschuldigt haben, das wir aus unserm habenden bevelh nicht schreiten konnten etc.

Es hat auch der H. von Granvelh allerlei ermhanung gethan fast gleichs inhalts, wie durch die kgl. Mt. geschehen, und dohin geschlossen, das wir mit kgl. Mt. iund ksl. comissarien–igegebenen antwort wolten gesettigt sein, in ansehen der ksl. Mt. gnedigsten neigung zu friden und aller wolfart des Reichs, und sonderlich das sich ire Mt. der gegebenen declaration halben, auch sonsten also gnedigst gegen dieser religionsverwanten stenden ertzeigt, das es nicht allein irer ksl. Mt., sonder auch irer Mt. dienner und furnehmlich ime, dem H. von Granvella, bei dem babst und andern, so der alten religion weren, zu hochstem verweis gedeutet worden. Und sein ksl. Mt. were noch geneigt, alle mugliche wege zu erhaltung frid und rhue fordern zu helfen, allein wir solten irer Mt. vertrauen, dan zu irer Mt. ankunft wurden sie den dingen wol gute maß finden und, do irrungen furfielen, der visitation und reformation des chammergerichts halben und sonsten pilliche declaration thun, wie auch ir Mt. dieselbig durch den regenspurgischen abschied zugelassen etc.

Dargegen wir nach lengs repetirt und erholt, auß waß ursachen wir die zwene artickel des fridens und rechtens inhalt der kgl. Mt. und der ksl. comissarien antwort nicht erledigt sein erachten mochten, auch welcher gestalt in den abschieden und der ksl. declaration zwischen jhenes und dieses teils stenden eyn mißverstand were und das jhenes teil die gegebene ksl. declaration nicht erkennen wolt, mit bit und erbieten, wie in unsere ubergebenen schriften auch angehengt etc.

Und hat die kgl. Mt. letzlich mit vleis ermhanet, das wir uns sampt andern stenden nochmals an irer kgl. Mt. und der ksl. comissarien wollten settigen lassen und darauf die beratschlagung der turckenhulf halben mit furnehmen helfen, in erwegung, was an den sachen gelegen, und das ire kgl. Mt. und di ksl. comissarien wie obgehort keinen weitern bevelch hetten. Wir solten aber nicht zweiveln, des chammergerichts halben wurde den sachen wol maß gefunden wie obberurt, dan ire kgl. Mt. thet sich versehen, die stende des andern teils wurden zum forderlichsten zu beratschlagung gemelts hauptpuncts greiffen etc.

Nun haben des volgenden tags, nemlich den 12. Marcij, der ksl. Mt. comissarien – nemlich der pfaltzgrave, Bf. von Augspurg und der von Navis – in gemeiner reichsversamlung ein anmahnung gethan, das man den haupt[puncten] fur die handt nehmen und beratschlagen wolte etc. Dartzu sich die stende des andern teils alsbald erboten, aber wir sampt den andern dieses teils rethen und gesanten haben entschuldigung furgewent und ursachen der absonderung inhalts der ubergebenen schriften sumarie angetzeigt und nochmals umb verordnung eines gemeinen ausschus zu erledigung der beiden artickel des fridens und rechtens gebetten, mit angehaftem geburlichem erbieten, und auch, do solchs daruber abgeschlagen und einiche unrichtigkeit im Reich erfolgen wurde, das unsere gnedigsten und gnedigen hern und obern, auch wir als die dienner und gesanten, entschuldigt sein wolten etc.

Aber es ist darbei plieben, das man mit der beratschlagung des hauptpuncts verfharn solte etc.

Anmerkungen

1
Die Deutschkenntnisse des ksl. Generalorators Nicolas de Granvelle reichten offensichtlich nicht aus, um solchen Verhandlungen folgen zu können.
2
Zusätzlich zu den am 6. und 7. März 1543 verlesenen „Neuen Zeitungen“ und Kundschafterberichten über des persönliche Herannahen des Sultans (Nr. 135) trafen offensichtlich laufend weitere Schreckensmeldungen über den Vormarsch der Türken in Nürnberg ein.
3
Die im Speyerer RAb für 16. Juni 1542 angesetzte Visitation des RKG, zu welcher die Visitatoren bereits in Speyer erschienen waren, wurde von Karl V. am 7. Mai 1542 bis zu seiner Rückkehr ins Reich suspendiert.
a
–aMarg. nachgetr.
4
Die Rekusation wurde vom RKG nicht anerkannt.
b
–bMarg. nachgetr.
c
–cMarg. korr. aus: als ein hochverstendiger wurden.
5
Sibylle von Jülich-Kleve-Berg, Schwester Hg. Wilhelms von Jülich und Ehefrau Kf. Johann Friedrichs von Sachsen (1512-1544)..
d
–dMarg. nachgetr.
e
Danach folgt gestr.: wie seine kfl. Gn. berichtet worden.
f
Danach folgt gestr.: dan das die gulchische sache zu friden gericht und also zwischen.
g
–gMarg. nachgetr.
6
In Gent fand am 13. April 1540 ein persönliches Gespräch des Kaisers mit dem jungen Hg. von Jülich-Kleve-Berg statt, in dem Karl V. Hg. Wilhelm für die Abtretung Gelderns und Zutphens das Herzogtum Limburg, die Heirat mit seiner Nichte Christina von Dänemark und Ansprüche auf den dänischen Thron anbot, allerdings unter der Bedingung, dass nach Wilhelms Tod Geldern wieder an Habsburg fallen sollte. In den weiteren Verhandlungen betr. den Besitz Gelderns (Gent, 16. bis 25. April 1540) ließ sich der Kaiser durch seinen Bruder Ferdinand und Hg. Wilhelm durch Hg. Heinrich von Braunschweig vertreten. Die Ermahnungen Kg. Ferdinands an Hg. Wilhelm, er möge sich dem Willen des Kaisers fügen, blieben fruchtlos, denn der Herzog berief sich auf seine Mutter als eigentlich Berechtigte sowie auf das Mitspracherecht der Landstände und entschied sich für eine Allianz mit Frankreich. Die auf Wunsch Kg. Ferdinands für 28. Mai 1540 einberufene Versammlung der Landstände von Jülich-Berg, bei der ein Abgesandter Kg. Ferdinands auftrat, führte zu keiner Lösung des Konflikts um Geldern. Siehe W. Crecelius, Der Geldrische Erbfolgestreit, S. 52; G. E. Bers, Die Allianz Frankreich-Kleve, S. 23 und S. 339f, Anm. 43 und 45; P. Heidrich, Der geldrische Erbfolgestreit, S. 43; G. Mentz, Johann Friedrich der Großmütige, 2. Teil, S. 267, Anm. 4.
h
–hMarg. nachgetr.
7
Angesichts der Vorhaltungen des Königs gaben die kursächsischen Räte dem Kf. von Sachsen einen Tag nach der Unterredung zu bedenken, ob ein striktes Festhalten an einer Taktik der Verweigerung sich nicht zum Schaden des Hg. von Jülich auswirken würde. Siehe dazu das Schreiben der kursächsischen Gesandten an Kf. Johann Friedrich, Nürnberg, 1543 März 12: [...] Wir besorgen aber, dieweil gemeine dißteils stende sich wie oben berurt verglichen und darauf ungeachtet alles anhaltens uff irer meinung beruhen und sich in keine gemeine beratschlagung und handlung vor erledigung der gebettenen puncten einlassen werden, das solchs hochgemeltem unserm gnedigen herrn, dem Hg. zu Gulch, schwer fallen wollen. Dann die andern stende werden sagen, sie konnten an [= ohne] dieser stende beisein und semtliche beratschlagung in dieser sachen nicht wolh zu entlichem beschaid kommen, und also allen unglimpf auf diese stende legen. So haben uns die hesssischen rethe heut abermals angetzeigt, daß sie sonderlichen bevelh, des fridens und rechtens halben uff voriger meinung zu beruhen, dergleichen die andern stende unsers versehens auch thuen werden. [...]. In: Weimar HStA, Reg. E 149, fol. 94r–99v, hier fol. 95v–96r (Ausf.).
i
–iMarg. nachgetr.