Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Stettin AP, AKW Sign. 95, fol. 212r–213v (Reinschr.); ÜS fol. 212r v.d.Hd. Zitzewitz’: Ahm 14. Februarij haben die stende der papistischen religion unß zu sich bitten lassen und durch den meintzischen cantzler nachfolgender meinung ungefehrlich eine mundtliche anzeige gethan2.

Das die stende und gesanten in jungster versamblung [1543 Febr. 12], wie man auf H. Wolff Dietrichs von Pfirten ansuchen [Nr. 127] hette rathschlagen wollen, hetten gehört, das wir3 angetzeigt, das uns nit geburen wolte, in die rathschlege uns zu lassen, nachdem unsere gnedige fursten und herrn zu Stettin-Pomern etc. in den speyrischen abschiedt, die turckenhulf betreffent, nicht gewilligt, sondern darwider protestiret, wie solche protestation auch unsers erachtens noch beyhanden in der meintzischen cantzlei seyn wurde, darauf wir uns auch nochmalen referirt und getzogen hettena.

Nun hetten ire fstl. Gnn., der chur- und fursten gesanten, solchs weiter betracht und bewogen, dem handel auch nachgetrachtet und befunden, das dennoch eine supplication und vermeinte protestation [RTA JR Bd. XII, Nr. 293], so ubergeben, beyhanden were, darinn die gesanten unserer gnedigen herrn zu Stettin-Pommern etc. angetzeigt, weil des Bf. von Cammyn gesanten session und stym im reichsrath gegeben und[er] auch sonderlich angelegt were worden, so wusten sie in namen und von wegen irer gnedigen fursten und herrn in den abschiedt – und sonderlich die turckenhulf – nicht zu willigen, sondern wolten darwider vermuge irer instruction und bevelich offentlich bedingt und protestiret haben.

Nun hetten sich die stende und der abwesenden gesanten wol versehen, es solten unser gnedige fursten und herrn, ungeacht derselben vermeinten protestation, sich gleich andern stenden des speirischen abschieds gehorsamlich gehalten, in bedenckung, das es in allen gemeinen reichsversamblungen also hergebracht were worden, das das geringste theil durch die bewilligung des mehren verbunden und verpflicht were worden4. So wusten wir auch als die verstendigen uns wol zu erinneren, das solchs die natur, das recht, vernunft und pillikeit mit sich brächte, das, wor [= wo] ein collegium oder corpus were, das das minder und geringer theil dem meisten volgte, und wor das nicht were, da konte kein collegium sein oder bestehen. Dann so einem itzlichen zu protestiren nachgegeben wurde, so konte oder mochte kein collegium bleiben oder bestehen, es were auch keiner reichsversamlung vonnoten, sondern es mochte die ksl. oder kgl. Mt. einem jeden schreiben und, was er thun sollte, in sein haus schicken und darneben antzeigen, das er dennoch thun solte, was ihm gefielle.

Weil nun solchs unsere[r] gnedigen fursten und herrn vorhaben, wo ire fstl. Gnn. oder wir in derselben nahmen darauf verharren wurden, zerruttung des Hl. Röm. Reichs bringen mochte, hetten die stende und der abwesenden gesanten vor rathsam erachtet, uns solchs antzuzeigen. Wolten auch gnediglich und freuntlich begert und gebethen haben, bey unsern gnedigen fursten und herrn zu verfugen und zu befurdern, das ire fstl. Gnn. von demselben irer fstl. Gnn. vorhaben abstehen und dem, so im speirischen abschiede durch gemeine stende beschlosen, gehorsamlich – ungeacht der vermeinten vorbeschehener protestation – nachleben. Es wolten sich auch ire fstl. Gnn. und die gesanten versehen, es wurden unsere gnedige fursten und herrn zu Stettin-Pomern etc. dissem irem freuntlichen, underthenigen suchen, in bedenckung, das es an sich selbst naturlich, recht und pillich were, nachkomen, damit die stende und gesanten nicht geursacht wurden, solchs der röm. kgl. Mt., auch der röm. ksl. Mt. verordenten commissarien undertheniglichst zu berichten und zu bitten, das dieselben gnedigste vorsehung thun und beschaffen wolten, damit solchs hinfurder von unsern gnedigen fursten und herrn verpliebe und von andern des Hl. Röm. Reichs stenden nicht vorgenomen wurde.

Anmerkungen

1
Zum Verhalten Jakobs von Zitzewitz gegenüber den Schmalkaldenern und zu seiner laut Instruktion der Hgg. von Pommern (Nr. 63d) nur unter bestimmten Bedingungen vorgesehenen Teilnahme an den Verhandlungen der Schmalkaldener siehe Nr. 293, Anm. 2 und 3.
2
Es handelt sich um eine Zusammenfassung der Rede des Mainzer Kanzlers durch Zitzewitz.
3
D.h. die Gesandten der Hgg. von Pommern.
a
Marg. v.d.Hd. Zitzewitz’: Hie haben sie verswigen das, szo ich angezeigt habe von dem, szo euer fstl. Gnn. dennoch geleistet und gethan hetten.
4
Zur Anwendung des Mehrheitsprinzips und zur unterschiedlichen Gewichtung der einzelnen Stimmen siehe: T. F. Hartmann, Die Reichstage unter Karl V., S. 210–213.