Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
A Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2752, fol. 136r–141v (Konz.); DV fol. 141v: Was die guylissche gesandten gemeynen stenden muntlich furgetragen, belangen den anstandt, 17. Martij 1543. ÜS fol. 136r wie DV.
B Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2752, fol. 142r–147r (Kop.); AS fol. 142r: Was die gulischen gesanten des anstands halben gemeinen stenden furgetragen. AV fol. 143r: 18.3 Martij 1543 Nurenbergae. ÜS fol. 143r wie in A.
C Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2276, fol. 492r–499v (Kop.); DV fol. 499v wie AS in B.
Liste der Beilagen 1–6 am Ende des Aktenstücks.
Kurzregest: G. Below, Landtagsakten von Jülich-Berg, Bd. 1, Nr. 123, S. 459f., Anm. 5.
Der Vortrag der jülichschen Gesandten vom 12. März (Nr. 204) und die gemeinsam mit diesem übergebenen Aktenstücke (Beilagen 1–6) und Supplikationen (Nr. 205a–c) klärten die Reichsstände über den Landfriedensbruch der Burgunder auf, wodurch Land und Leute des Hg. von Jülich-Kleve schwer geschädigt wurden. Bereits im Okt. 1542 scheiterte der unter Vermittlung des Kf. von Köln und des Lgf. von Hessen ausgehandelte Waffenstillstand an den inakzeptablen Bedingungen der Burgunder. Auch die anschließende gütliche Konfliktvermittlung durch die Unterhändler der vier rheinischen Kurfürsten und des Lgf. von Hessen führte zu keinem Ergebnis und wurde am 10. März abgebrochen, wie die jülichschen Räte vor einigen Tagen von ihrem Herrn erfuhren4.
Daruß sich offentlich thut erfinden, das unser gnediger furst und herr soliche mittel anzunemen sich erbotten, die rechtmessig, pillich und scheidbar von allen frommen, ehrliebenden leuthen mussen eracht werden. Und dasjhenig, das die burgundisschen furgeschlagen und daruff verharren, nit allein unbillich, irer fstl. Gn. und den iren unleidlich, sonder auch, das es ir fstl. Gn. ehrenthalben nit hab einreumen und bewilligen konnen.
Dan wiewoll hochgemelter unser gnediger herr uff gemelter chur- und fstl. rethe fleissige underhandlung sich so weith begeben, das dieselb in eynen anstandt von vier jaren dermassen bewilligt, das mitlerzeit die conficierte güter, wes die in eins jeden obrigkeit gelegen, eynem jedem, dem dieselben zugehorich, unverhindert zu gebrauchen ingeantwort, und das die sloß, stette und flecken und wes sunst in diesem krieg erobert und noch von dem andern theil furenthalten, wiederumb eynem jeden theil zugestelt werden sollte, mit erbietung, diese sach des uberzugs samt den forderungen, so beide theil gegeneinander haben mogen, zu gutlichem oder rechtlichem verhor der Kff., Ff. und gemeyner stendt des Hl. Reichs zu stellen, so haben doch die burgundisschen soliche hochzimliche mittel stracks abgeschlagen und nit anders eynichen anstant, dan das derselbig nur uff ein jar lang restringirt und bedingt sein sollte, annemen wollen. Zudem das inen zugelassen sein sollte, alles, was sie mit gewalt erobert und noch inhetten, zu behalten, und das nichtsdestoweniger unser gnediger furst und herr irer fstl. Gn. eygen sloß, flecken und dorfer, so dieselben widerumb mit dem schwert und grossen, schweren kosten erobert, inen zustellen solte.
Und obwoll die verordente chur- und fstl. Gnn. rethe soliche unerhorte mittel, als die dem rechten und aller billicheit zuwidder weren, selbst widderachtet und durch vilfeltige, wolgegrunte, bewegliche ursachen understanden haben, die burgundisschen von irem unbillichen furnemen abzuwenden, so hette doch solich ir rechtmessig und erbarlich bedenckens bei den burgundisschen nit angesehen wollen werden, sonder ist also die gutliche underhandlung durch irer, der burgundisschen, unbilliche verursachung zerschlagen worden, wie solichs alles euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. uß beiligenden schriften5 gnediglich und gunstiglich vernemen werden.
Und wiewoll uff jungstgehaltenem reichstag zu Speir durch röm. kgl. Mt., auch ksl. commissarien, Kff., Ff. und gemeyne stende des Hl. Reichs verordent, bewilligt und beschlossen, das keiner dem andern proviandt und feilen kauf zuzufuren verbieten oder verhindern solte6, und auch unser gnediger herr nit allein die stroum [= Flüsse] und strassen fur und fur frei [und] offen gehalten, sonder auch den burgundisschen durch seiner fstl. Gn. underthanen alle notturft an proviandt, fruchten und anders, das in seiner fstl. Gn. landen zu bekhomen, unweigerlich zufuren, auch eynem jeden, sowoll burgundischen als andern, in und durch seiner fstl. Gn. lande und flecken unverletzt khomen und folgen lassen, der zuversicht, es sollten die burgundisschen sich dergleichen gegen irer fstl. Gn. underthanen gehalten haben, so haben sie doch das widderspil gehandelt. Dan wiewoll sie unsers gnedigen herrn underthanen bewegt, frucht und ander notturft zuzufuren, welchs sie auch uff guten glauben gethan und von seiner fstl. Gn. nit verhindert, so haben doch die burgundisschen inen nit allein die gutter mit gewalt genomen, sonder sie auch gefengklich gesetzt und zudem verbotten, unsers gnedigen herrn underthanen nichts zufuren zu lassen.
Daran mögen die Reichsstände erkennen, dass die Burgunder geltendes Reichsrecht verletzten und alle Friedensangebote abschlugen, während sich der Hg. von Jülich als gehorsamer Fürst zum rechtlichen Austrag des Konflikts bereit erklärte. Dem allem nach ist von wegen irer fstl. Gn. unser underthenig, fleissig bitt, euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. sollen alle gestalt und gelegenheit der sachen und unsers gnedigen herrn hochzimlichen erbietens zu hertzen furen, die sorgfeltigkeit und gefhar der umbstende erwegen und daran sein, das bei iren zeiten des Hl. Reichs freiheiten, gerechtigkeit und wolfart nit undergehe und das hochgemelter hertzog, in betrachtung seiner fstl. Gn. rechtmessigen, billichen erbietens, bei recht und billigkeit vertedingt, fur mehrerm gewalt und unrecht beschirmpt und der burgundisschen unrechtmessigen gewalt und furnemen, darinnen sie beharren a–und teglichs jhe lenger jhe geferlicher furfaren, abgestelt, hochgedachter hertzog und die seine mit erstattung kosten, schaden und interesse restituirt, die hantierung und narung frei und unverhindert zugelassen und im Hl. Reich frid und eynigkeit gehalten und gepflantzt werden moge.
Kg. Ferdinand ließ vor kurzem ein Mandat mit dem Verbot der Annahme fremden Kriegsdienstes ausgehen (Nr. 137). Und aber wir besorgen, wo solich penalmandat – ehe und zuvor hochgemelter unser gnediger herr gegen die fridbruchige thatliche handlung restituirt und durch euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. geburliche erclerung und verseheung hierinne geschehen – im Hl. Reich allenthalben publicirt werden sollte, das dadurch unser[m] gnedigen herr[n] an = ohne] zuziehen reuther und knecht zu verhinderung der naturlicher gegenwehr widder alle recht und den gemeinen ußgekundigten landtfridden grosser und unwidderbringlicher nachteil erstehen mocht. So wollen wir euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. undertheniglich und fleissig gebetten haben, sie wolten die sach furdern, das hochgedachter unser gnediger herr durch soliche publication in keinen weithern schaden gefurt werde–a. Die Räte ersuchen die Reichsstände um baldige Antwort, da jede Verzögerung dem Anliegen ihres Herrn nachteilig ist7.
Beilagen (verlesen Nürnberg, 1543 März 17)8:
1. Außzug etlicher puncten, daruff von der koniginnen wegen an den Hg. zu Guylich etc. seiner fstl. Gn. gemut zu erclern begert wirdet, mit A vertzeichnet.
2. Principio dux Juliacensis etc. consentiet in inducias quadriennales aequis conditionibus etc., mit B [bezeichnet].
3. Responsio commissariorum reginae ad modos induciarum quorum consensum oratores principum electorum et landtgravii Hassiae a duce Clivense etc. impetrasse aiunt, mit C [bezeichnet]; exhibita 26. Februarij.
4. Replicatio oratorum principum electorum et landtgravii Hassiae ad praesentem responsionem, mit D [bezeichnet]; exhibitum commissariis reginae ultima [28.] Februarij 1543.
5. Ad replicationem dominorum oratorum principum electorum et landtgravii Hassiae commissarii reginae breviter respondent, mit E [bezeichnet]; o.D. (1543 Febr. 28).
6. Hg. Wilhelm von Jülich an die in Aachen versammelten kurrheinischen und hessischen Vermittler, dat. Jülich, 1543 März 3: Die Verhandlungen für einen Waffenstillstand scheiterten an der Unnachgiebigkeit der Burgunder; die von ihnen geforderten Bedingungen für einen Vertrag verletzen die herzogliche Ehre und werden auch von den Landständen nicht akzeptiert. Der Herzog dankt den Vermittlern für ihre Bemühungen um einen Waffenstillstand. Das Scheitern der Verhandlungen ist den Reichsständen in Nürnberg bekanntzugeben, wobei Hg. Wilhelm bereit ist, sich in der Geldernfrage dem Rechtsspruch der Reichsstände zu unterwerfen, die er um seine Restituierung und die Wiederherstellung des Landfriedens bitten will. Die Sperre der Rheinschifffahrt ist nicht dem Herzog, sondern den Burgundern anzulasten.