Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Marburg StA, PA 650, fol. 333r–334v (Ausf.).

Die Vorschläge der Altgläubigen und der Stand der Verhandlungen sind der mitgesandten Kopie (Nr. 166) zu entnehmen. Wohlmeinende Reichsstände warnten die hessischen Räte vor dem hinterlistigen Vorgehen der Altgläubigen im Reichsrat. Deshalb baten sie um Bedenkzeit, um sich weiter untereinander zu beraten.

Nuh hat der Grandvella von stundt nach essens zu uns geschickt und begert, zu ime zu khommen, welchs wir also gethan. Und hat uns anfenglich gefragt, wiewol er der ding vorhin gut wissens gehapt, waruff die handlung diser zeit stunden; haben wir inen summarie bericht, wes sich die catholici gegen uns hetten vernehmen lassen [Nr. 166]. Und dieweil die catholici uns beschwerlicher condition dan die kgl. Mt. und die ksl. commissarien, sonderlich von wegen der suspension der processen am chammer[ger]icht hetten vorgeschlagen, so hielten wir es davor, das solichs nit der wege sein wurde, dadurch wir zum friden, auch gleichmessigem rechten und volgents der begerter thurckenhulf khonten khommen. Als hat er von stundt sein voriges liede angefangen, mit erzelung, was euer fstl. Gn. aus disem handel, da sie sich gutwillig erzeigten, ervolgen mochte. Und das er euer fstl. Gn. als ein vatter seinem sohne riethe, das sie disse occasion nit solte verseumen, dieweil die langsam widderkhommen wurde, und weither angezeigt, das wir des fridens in kheinen mangel stunden. So solt das cammergericht uff die declaration [RTA JR Bd. XI, Nr. 949] reformirt und die jetzigen personen des cammergerichts gewislich verlassen und beurlaupt werden und solt die ksl. Mt. inen gelt zugeben, das wurde die kgl. Mt., die ksl. commissarien und er uns versichern.

Da wir nuh fragten, wie die versicherung beschehen solt, ob uns daruber ein schriftlich urkhundt in nahmen ksl. und kgl. Mtt. solt gegeben werden, und da es die meynung hett, das dann sein Herlichhait uns ein nottel solcher assecuration, damit wir euer fstl. Gn. davon berichten und derselbigen bevelch erlangen mochten, wolten zustellen lassen, hat er sollichs abgeschlagen und gesagt, das er nit bedacht, sein leben lang einich schriftliche assecuration von sich zu geben, dann es hett die regenspurgische declaration ime also viel widerwertigkheit gemacht, das er hinfhur khein mehr von sich[zu] geben entschlossen were. Aber es wolt die kgl. Mt., die ksl. commissarien und er etzlichen personen us uns bey dem eide zusagen und versprechen, das sie die dinge also wie obgemelt verschaffen und bey der ksl. Mt. in das werckh prengen wolten.

Dieweil wir nuh den Grandvella alle weg hiebevor dahin verstanden, ob er schon das ausdrucklich nit gesagt, das er uns ein schriftlich assecuration zustellen werde und aber nuhmals vermerckt, welcher gestalt die assecuration geschehen solt, so haben wir nit sollen underlassen, sollichs euer fstl. Gn. furderlich anzeigen, damit euer fstl. Gn. des wissenschaft haben und sich daruff resolviren möge, dann wir gedencken, ohne euer fstl. Gn. fernern bevelch von den vorigen instructionen und bevelchen nit abzustehen1.

Schlussformel, Datum, US der Räte Rudolf Schenk und Dr. Johann Fischer.

Anmerkungen

1
In seinem Antwortschreiben an die Räte vom 2. April 1543 aus Kassel riet Lgf. Philipp ihnen davon ab, sich auf die Vorschläge der Altgläubigen (Nr. 166) einzulassen und kritisierte die Weigerung Granvelles, den Protestanten schriftliche Zugeständnisse zu machen: [...] Und wie wir den handel, so euch von jenstheils stenden vorgetragen, ansehen, so wissen wir keinswegs dartzu zu rathen, zuvoran dieweil der H. Granvella spricht, er wolle kein schriftliche versicherung daruber geben, derwegen seints unsers erachtens nichts dan wort, dan weren sie willens, es zu halten, so wurden sie wol schriftliche versicherung daruber geben. Und solten wir, diese stende, solichs annemen und uns in diese ding lassen füren, das wir das chamergericht nicht solten in sachen der turckenhulf vor richter erkennen, leiden und annhemen, so weren wir schon uß unserer bescheenen recusation gegangen, gefurt und geschritten. Das ist uns, diesen stenden, keinswegs zu thun. Es folgt Kritik an einzelnen Artikeln von Nr. 166. Und derwegen wissen wir unsers teils das nicht zu rathen, obschon der H. Granvella uns guldene berg verhiß, dann wir sehen vor augen den schaden, so uns allen daraus volgen konte. Und were viel besser, wir blieben bey unser recusation und thetten ein zimbliche hilf wider den Turcken, uf das man uns, diesen stenden, nit schult konte geben, als ob wir wider den Turcken nichts thun helfen wollten (wiewol wir dieses auch nit rathen wolten, sondern vielmehr, das unsere stend uf voriger meynung pliben), dan das wir solten uns in diese ding mit guten worten fhuren lassen. Hiraus und aus vorigen unsern schriften hapt ir gnugsam resolution und bevelich. [...]. In: Marburg StA, PA 650, fol. 335r–342v, hier fol. 335r, fol. 336r (Kop.).