Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Wien HHStA, MEA RTA 8/Konv. 1, fol. 630r–632v (Kop.); DV fol. 632v: Der stedt Wormbs, Rodtweil, Speier, Ravenßburgk, Hagenaw sampt den stedten der landtvogtey Hagenaw antragen und protestation. Praes. prima Aprilis anno 1543.

B Ludwigsburg StA, B 189 II, Bü. 54 (Nr. 16), (Kop.).

C Esslingen StadtA, Reichsstadt Fasz. 283, RTA 1543, unfol. (Kop.); DV: Anzeig der stedt Wormbs, Rotweil, Speyr, Ravenspurg und Hagenaw gesandten bevelch mit angehefter pitschrift, ubergeben den stenden Sonntag Quasimodogeniti, den ersten Apperilis anno etc. 43 zu Nurmberg.

Nachdem euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. uns, der nachbenanten erbarn stedt gesanten, zum theil gnedig und gonstig in schriften furhalten und verlesen lassen und wir, die andern, so damals nit zuegegen gewesen2, von denen, so gegenwertig erschynen, ungeverlichen verstendigt worden, weß euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. bedacht und sich entschlossen haben, der röm. kgl. Mt., unserm allergnedigsten hern, und der röm. ksl. Mt., auch unsers allergnedigsten herrn, commissarien uff irer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. zu anfang dises reichstags gethane proposicion zu antworten [Nr. 92], und in sollicher antwort ein hilf wider den erbfeindt, den Türcken, zu bewilligen etc. Daruff wir, so sollichs bedenckens angehört, unser unvermeidlichen noturft nach desselben abschrift und bedacht underthenig begert und gebetten, damit wir sollichs den andern unsern freunden, so bißhere ungesondert bey uns gestanden, möchten zu erkennen geben und unsere habende bevelch daruber besichtigen. Doch uns dieselbig abschrift, mit anzeig, das es nit der geprauch sein sollte und darmit auch der bedacht stilschweigende abgeschlagen worden.

Sollichem und sonderlich hochgedachter röm. kgl. Mt. daruff gevolgter antwort nach [Nr. 93] haben wir unsere habende bevelch ersehen. Und mogen euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. derhalben unsere antwort damit underthenig zu geben und habende bevelch anzuzeigen nit bergen, das wir von unsern obern hieher zu disem reichstage abgefertigt sein, mit und neben andern des Hl. Reichs stenden, und sonderlich der erbarn frey- und reichstedte gesanten botschaften, die puncten, darumb diser reichstag furnemlich angesetzt ist, zu helfen bedencken, beratschlagen und schlissen. Das auch wir in ainich weiter hilf uns nit einlassen noch bewilligen sollen, es sey dan zuvor vermög des jungst zu Speyer uffgerichten reichsabschide dye lang versprochen ringerung der beschwerten stende, darzu vergleichung der kraiskasten oder -druhen bescheen und der uffgelegt gemain pfenning von denen, so dem angeregten speyerischen abschide nit gelebet, an dye ort, dahin yedem zu erlegen gepuret, einpracht.

Dieweil wir aber vernemen und sehen, das vil des Hl. Reichs stende, und in sonder der mherthail der erbarn frey- und reichstedt anwesenden botschaften, sich in das uns furgehalten euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. bedenckens und schlissen nit eingelassen noch dasselbig beratschlagen und schlissen helfen, darzu von wegen ringerung der beschwerten stende, under welchen unsere obern derselben ringerung furnemlich hoch notturftig, auch vergleichung der kraiskasten oder -druhen noch nichts bestendigs furgenomen, wiewoll verdröstung beschicht, das gemelte ringerung, auch vergleichung der kraiskasten oder zum wenigsten relacion von denselben kasten bescheen und eingenommen werden sollen, mit welcher relacion, obgleich dieselbig one dy vergleichung beschee, unsern obern, an welche noch vil tausent fl. von wegen des vergangnen zugs wider den Turcken mit ernst, ja auch zum thayl bedraulicher weiß gefordert werden, gar wenig geholfen werden mag, so haben fstl. Gnn., Gnn. und Gg. gnedig und gonstiglichen zu bedencken, das wir, als der weniger hauf oder thail von des Hl. Reichs stenden und in sonder den erbarn frey- und reichstedten, obangezeigtem unserm bevelch und abfertigung nach in kein weiter hilf uns einlassen oder bewilligen konden und mögen, es werde dan dieselbig hilf, wy im Hl. Reich herkhomen, auch vor allen dingen die lang versprochen und verabschidte ringerung und dan vergleichung der kraiskasten furgenomen und zu wurcklichem ende gepracht, damit unsere obern irer obligenden hoch beschwerlichen schuldforderung von nechstvergangnem zug wider den Turcken der pilligkait und angeregtem speyrischem reichsabschide nach enthebt und erlediget werden.

Nachdem auch, gnedige fursten, gnedige und gonstig hern, uns vorgemelten schriftlichen furhaltens [Nr. 92] abschrift und bedacht abgeschlagen und dan euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. dasselbig abschlagen dahin verstanden haben wolten, als solten wir uff das, so uns yderzeit furgehalten wurdt, unserer notturft nit gehört werden, sonder unsere obern euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. schlussen zu volgen schuldig sein, daruff konden und mögen wir in sollich furhaben von unserer obern, auch aller erbarn frey- und reichstedt wegen (dieweil es vil anderst und das widerspill von alter herkhomen) nit willigen, wollen auch in dieselben euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. gerurter vermainter weiß furgenomene schlus nit gewilligt und den erbarn frey- und reichstedten, auch unsern obern, durch unser gehorsam erscheynen und anhören der hendel, so uns etwo furgehalten worden und werden, darumb wir nit notturftiglich gehört, ir recht und gerechtigkait an iren stimmen und standt im Hl. Reich gar nichts begeben haben.

Davon wir hiemit offentlichen protestiren, underthenig und vleisig bittende, dise unsere antwort und anzeig, dy wir auß habendem bevelch unser obern, auch unser selbst unvermeidlichen, hoch dringenden notturft nach zu vermelden nit umbgen konden oder mögen, zu ungnad und unguttem nit zu versteen noch uffzunemen, sonder unser obern und uns derhalben gnedig und gonstiglichen entschuldigt zu haben.

[US:] Der erbarn frey- und reichstedt, nemlich Worms, Rotweyl, Speyer, Ravenspurg und Hagnaw samt den stedten der landtvogtey Hagnaw zu disem tag gesanten botschaften.

Anmerkungen

1
Die Protestation wurde in Zusammenarbeit mit den Rechtsgelehrten der evangelischen Reichsstädte Straßburg (Dr. Gremp), Frankfurt (Dr. Hieronymus zum Lamb) und Augsburg (Dr. Peutinger) verfasst. Siehe dazu das Nürnberger Protokoll zum 31. März: Nr. 89a, fol. 25r.
2
Nach der Reichsversammlung des 30. März gab man den altgläubigen Städtevertretern von Rottweil, Ravensburg und Hagenau den Entwurf der oberen Stände zur Bewilligung der Türkenhilfe bekannt. Die beiden anderen altgläubigen Städtevertreter von Worms und Speyer hatten zu diesem Zeitpunkt nach dreistündiger Wartezeit das Rathaus bereits verlassen. Der städtischen Bitte um Abschrift des Gutachtens und um weitere Bedenkzeit kam der Mainzer Kanzler nicht nach. Siehe dazu das Nürnberger Städteratsprotokoll zum 31. März: Nr. 89a, fol. 24v–25r.