Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
A Wien HHStA, MEA RTA 8/Konv. 1, fol. 454r–475r (Kop.); AS fol. 454r: Der kgl. Wd. zu Hungern und Beheim, regentin der röm. ksl. Mt. im Niderlanndt, gesandten gegenbericht uf nechst ubergeben clevische schriften und clagen. AV fol. 454r: Lectum in consilio statuum Norenbergae, die 21. Martij anno 43.
B Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2276, fol. 504r–533v (Kop.); AS und AV fol. 504r wie in A. DV fol. 533v: Der koniginnen gesandten replick.
C Duisburg LAV NRW R, Jülich- Berg II 2752, fol. 148r–174v (Kop.).
D München HStA, KBÄA 3158, fol. 69r–89r (Kop.).
Liste der Beilagen 1–2 am Ende des Aktenstücks.
Regest: L. Groß/R. von Lacroix, Urkunden, Bd. 1, Nr. 298, S. 204.
Vor einigen Tagen erfuhren die burgundischen Gesandten von den im Reichsrat vorgebrachten Schriften und Klagen der jülichschen Räte (Nr. 204–205). Sie beschweren sich, dass die jülichsche Erwiderung auf ihren Vortrag, auf die sie sechs Wochen lang gewartet hatten, ohne ihr Wissen und Beisein im Reichsrat erfolgt sei, während der Vortrag der burgundischen Gesandten (Nr. 202) in Gegenwart des jülichschen Gesandten stattfand. Nachdem sie nun in den Besitz der klevischen Schriften gelangt seien, wollen sie diese im Sinne der Instruktion Kgn. Marias (Nr. 45) beantworten.
Für das Bündnis des Herzogs mit Kg. Franz I. gibt es zahlreiche Beweise, nicht zuletzt die von Kgn. Maria 1542 abgefangenen Schreiben des französischen Gesandten am klevischen Hof, Sr de Serrant (Nr. 202, Beilagen 1–2), und den Briefwechsel Hg. Wilhelms mit seinem Beauftragten in Frankreich, Dr. Hermann Cruser. Diese Briefe belegen die Unterstützung des französischen Einfalls in Brabant durch Hg. Wilhelm.
Jegliche Anrechte auf das Fürstentum Geldern und die Grafschaft Zutphen, die in der gedruckten Defensionsschrift Hg. Wilhelms (Nr. 204, Anm. 4 und Beilage 1) erhoben werden, sind zurückzuweisen. Um die Ansprüche des Herzogs auf Geldern zu widerlegen, arbeiteten die burgundischen Gesandten – mit Wissen und Beihilfe der in Nürnberg anwesenden ksl. Räte – eine ebenfalls gedruckte lateinische Confutatio (Beilage 1) aus.
Bf. und Domkapitel von Lüttich seien durch Hg. Wilhelm vom Bündnis mit dem Kaiser abgebracht und zur Neutralität im Konflikt mit Frankreich überredet worden. Der Herzog soll sich auch seines Beitrags zum Türkenzug nicht rühmen, da sein Angriff auf Brabant die Türkenhilfe Kgn. Marias für Utrecht und Overijssel verhinderte, weil sie ihre Truppen zur Verteidigung ihrer Territorien benötigte. Wilhelm ergriff Partei für den Verbündeten der Türken, den französischen König, anstatt die Mandate zum Verbot fremden Kriegsdienstes zu exekutieren.
Die von den jülichschen Gesandten übergebenen schriftlichen Klagen Hg. Wilhelms, der Herzoginmutter Maria von Jülich-Kleve sowie einiger adeliger Teilnehmer am Türkenzug (Nr. 205) über die von den burgundischen Truppen angerichteten Schäden an Land und Leuten weisen die Gesandten Kgn. Marias zurück. Die Regentin handelte aus Notwehr in Reaktion auf den militärischen Einfall in Brabant. Für die in den übergebenen Klagen geschilderten Grausamkeiten sind die Verursacher des Krieges verantwortlich zu machen.
Die mehrmaligen Versuche zum Abschluss eines Waffenstillstands zwischen Hg. Wilhelm und Kgn. Maria1scheiterten bisher an der fehlenden Friedensbereitschaft des Herzogs. Trotzdem willigte Kgn. Maria auf Drängen der Unterhändler im Febr. 1543 abermals in die Fortsetzung der Vergleichsverhandlungen ein (Beilage 2), um einen endgültigen Frieden zu erlangen, wobei der Herzog nur zu einem vierjährigen Waffenstillstand bereit war. Die jülichschen Räte brachten den Reichsständen in Nürnberg einige Aktenstücke aus den Waffenstillstandsverhandlungen zur Kenntnis (Nr. 208, Beilagen 1–6), um die Stände in ihrem Sinne zu beeinflussen. Auch Kgn. Maria ist bereit, den Inhalt der Verhandlungen publik zu machen, damit Kg. Ferdinand und die Reichsstände erkennen, dass einzig und allein Hg. Wilhelm für die Sperre des Rheins verantwortlich sei, wodurch der freie Warenverkehr zwischen den ober- und niederländischen Städten behindert werde.
Und zum letzten schreien die clevischen gesandten wie hoch sie wollen, so ist es doch die unwidersprechenlich warhait, das solches und all ander unrath, so auß disem krieg entsteen, von irem herren herkhomen, das auch er eyn uffwigler und mithelfer des Kg. von Franckreich gewesen und noch sei und das durch seine leut am ersten mit seinem vorschub, hilf und furderung der ksl. Mt. land und leut unabgesagt, ungewarnt, wider eer und recht erschrecklich uberfallen, geprandt, beraubt und unuberwintlich beschedigt und, wo der Almechtig nit verhuet, dieselbig von irem rechten, naturlichen herren in des Kg. von Franckreichs servitut unversehenlich gar gepracht weren worden.
Die burgundischen Gesandten bitten Kg. Ferdinand und die Reichsstände, sie mögen sich um die Klagen Hg. Wilhelms und seiner Gesandten nicht kümmern, sondern sich vor Augen halten, wie der Herzog dem Kaiser vor einiger Zeit unrechtmäßig Land entzog, sich mit den Feinden des Kaisers verbündete und die Türkenhilfe der Niederlande dadurch verhinderte. Angesichts ihrer Pflichten gegenüber Karl V. sollen die Reichsstände nicht den unbotmäßigen Herzog unterstützen, sondern zur Wiedergutmachung der Schäden und zur Bestrafung des Landfriedensbruchs beitragen.
Beilagen: alle aus Wien HHStA, MEA RTA 8/Konv. 1.
1. fol. 476r–483r, (zeitgen. Druck in lat. Sprache); ÜS fol. 476r: Confutatio Defensionis Ducis Clivensis super iure Ducatus Geldriae ac Comitatus Zutphaniae per Legatos serenissimae Reginae Mariae, pro Caesarea Maiestate inferioris Germaniae Rectricis etc., Sacri Imperii Ordinibus mense Martio anno M.D.XLIII. Nurembergae exhibita. AV fol. 476r: Praes. 21. Martij in consilio statuum Norenbergae anno 43.
2. fol. 451r–453v (Kop.): Kgn. Maria erklärt sich gegenüber den kurrheinischen und hessischen Unterhändlern in Aachen zu weiteren Verhandlungen über einen Waffenstillstand mit Hg. Wilhelm von Jülich bereit, dat. Brüssel, 1543 Febr. 12; AV fol. 453v: Praes. zu Nurnbergk in gemeyner versamblung, den 21. Martij anno 43.