Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Wien HHStA, RK RTA 10/Konv. 2, fol. 281r–287r (Konz.); ÜS fol. 281r: Instruction auf unsern getreuen, lieben Lorentz von Streitberg, unsern rat, was der von unsern, auch der röm. ksl. Mt., unsers lieben bruders und herrn, verordenten comissarien wegen, so auf gegenwurtigem reichstag gewest, auf beiligende unsere credentzbriefe erstlich mit den hochgebornen Wilhelmen und Ludwigen gebruedern, Pfgff. bei Rein, Hgg. in Obern- und Nidernbayern, unsern lieben vettern und fursten, samentlich oder sonderlich und dann in sonderheit mit dem hochgebornen Hainrichen, Hg. zu Braunschweig und Lunenburg, unserm lieben oheim und fursten, in nachgemelter sach handlen, werben und begern solle.
Nach Überantwortung seiner Kredenz soll Lorenz von Streitberg den Hgg. von Bayern folgende Werbung vortragen:
Kursachsen und Hessen weigerten sich, auf dem für 1. April 1543 nach Nürnberg anberaumten Versammlungstag (Nr. 250) zu erscheinen, mit der Begründung, dass das kgl. Ausschreiben zu spät erfolgt sei, um vorherige Beratungen mit ihren Mitverwandten zu ermöglichen. Sie ersuchten um Verschiebung der gütlichen Verhandlungen bis zur Ankunft des Kaisers im Reich (Nr. 255).
Nun hetten wir, auch der röm. ksl. Mt. comissarien und gemaine reichsstende, gleichwol ermessen und bedacht, daß solcher verzug Hg. Heinrichen von Braunschweig, als dem der hierinn zum hochsten belaidigt, nit wenig, sonder hoch beschwerlich were. Solches auch bey meniglich, so aller erbarkhait, recht und billichait gewogen, nit weniger fur beschwerlich, auch unbillich geachtet werden möchte, das benantem Hg. Heinrichen sein furstenthumb, deß sein L. on alle vorgeende rechtliche erkentnuß mit der tat entsetzt und vor spoliert worden, vorenthalten und seiner L. zu widererlangung desselben der ordenlich weg rechtens, dergleichen die furgenomen gutlich handlung in aufzug oder lengerung gezogen werden sollte. Derhalben wir, auch bemelte ksl. comissarien und gemaine reichsversamblung (als die mit ime, Hg. Hainrichen, gnedigs, freuntlichs und getreues mitleiden truegen) wol genaigt gwest wern, in dieser sach auf anders geraumbte zeit widerumb tag anzesetzen und die hievor furgenomen gutlich handlung in wurckhung ze bringen. Dieweil aber dasselb, aus dem daß dieser gegenwurtig reichstag gleich zu ende geloffen und gemaine reichsstende in khurzem voneinander verrucken, nit beschehen mogen, auch aus andern mer beweglichen ursachen nit hoffenlich gewest, daß auf diesmalen in dieser sach ichtz erschieslichs oder fruchtpars ze handln seye, were demnach von uns, auch den ksl. comissarien und gemainen reichsstenden aus allerlai ernstlichen ursachen, und furnemblich zu verhuettung unrue und entporung im Hl. Reich, nochmalen fur retlich bedacht worden, daß die hievor furgenomen gutlich handlung biß auf der ksl. Mt. schierist oder negste persondliche ankonft in das Reich verschoben. Und daß hiezwischen Hg. Hainrich von Braunschweig mit der angefengten rechtfertigung am camergericht ainen stillstandt halten, doch daß solche gutliche handlung in khain verlengerung gezogen, sonder innerhalb sechs monatn den negsten furgenomen und in das werck gebracht. Und wo die gutlichait nit verfangen, alsdan die sachen in itzbestimbter zeit wiederumb an das refformiert camergericht gewisen und remittiert werden sollte, wie wir uns dann darauf mit rat der reichsstende bewilligt [Nr. 404, § 37], solches auch in ainem artiggl dieses alhieigen reichstags ainziehen lassen, das wir Hg. Hainrichen von Braunschweig dahin bringen und vermugen wollten, das sein L., allem fridlichen wesen zu wolfart und guttem, in solches wie obsteet bewilligen sollte.
Es gilt zu bedenken, dass das Scheitern einer gütlichen Regelung und die Fortsetzung der Prozesse durch Hg. Heinrich den inneren Frieden im Reich und damit auch die Türkenhilfe gefährden. Die Reichsstände erklärten sich mit der Suspension der Prozesse einverstanden. Deshalb sollen sich die Hgg. von Bayern als enge Verbündete des Braunschweiger Herzogs bei diesem dafür einsetzen, gütlichen Verhandlungen und der Suspension der Prozesse zuzustimmen, in Anbetracht der Tatsache, dass der Kaiser in Kürze in das Reich kommen und sich der Angelegenheit annehmen werde. Dem Herzog werde durch eine gütliche Regelung schneller und besser geholfen als durch Rechtsmittel.
Kg. Ferdinand sichert zu, sich beim Kaiser dafür einzusetzen, dass in der Causa Braunschweig noch vor Ablauf der oben gesetzten Frist von sechs Monaten gütliche Verhandlungen stattfinden. Er ist überzeugt, dass die Hgg. von Bayern ihren Bundesgenossen Heinrich auf den rechten Weg bringen werden, da andernfalls die Türkenhilfe gefährdet sei.
Nach seiner Werbung bei den Hgg. von Bayern soll Streitberg seinen Kredenzbrief an Hg. Heinrich übergeben und diesem sein Anliegen vortragen2. Über den Verlauf der Werbung bei den Hgg. von Bayern und bei Hg. Heinrich soll Streitberg dem König schriftlich Bericht erstatten.