Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

Die vollständige Verweigerung der Reichsstände gegenüber der kaiserlichen Hilfsforderung prägte seit dem 16. Jahrhundert in der Historiographie105 das Bild dieses Reichstages und bestimmt es bis heute in der historischen Forschung106. Diese Wahrnehmung hatte der Kaiser selbst noch mit seiner am 26. Juni 1509 in Druck gegangenen Kritik an der Wormser Reichsversammlung und der von der Nachwelt in der Regel geteilten Zurückweisung der ständischen Argumente (Nr. 482) insinuiert. Die Verhandlungen und Ergebnisse des Reichstages in Bezug auf das Reichskammergericht wurden in Unkenntnis der in dieser Edition erstmals vorgelegten Quellen bislang vollkommen übersehen. Lediglich die von Kaiser Maximilian verfügte Verlegung von Regensburg nach Worms wurde verschiedentlich in ihrer Bedeutung als Beginn einer zehnjährigen, beinahe ununterbrochenen Wirkungsperiode des Gerichts gewürdigt.107 Ansonsten war eine eher punktuelle und ausschnitthafte Aufmerksamkeit für den Wormser Reichstag vorwiegend territorialgeschichtlich begründet.108 Eine etwas ausführlichere Darstellung der Verhandlungen als Wegweiser durch den „Reichstagskern“ erscheint deshalb geboten.

Kaiser Maximilian zog am 21. April in vollem Harnisch, begleitet von den vier rheinischen Kurfürsten, Pfalzgraf Friedrich, den Markgrafen Friedrich und Kasimir von Brandenburg-Ansbach, den Gesandten des Papstes, Frankreichs und Spaniens sowie einer Reihe reichsständischer Gesandtschaften in Worms ein. Das reichsstädtische Protokoll gibt die Zahl seines Gefolges wahrscheinlich richtig mit ungefähr 1000 Pferden an.109 Dazu zählte eine vorausreitende Abteilung albanischer Stradioten, „uf ihre weise beinahe durkisch“ wirkend (Nrr. 259, Pkt. 1; 260, Pkt. 1; 438, Pkt. 3). Augenscheinlich wollte der Kaiser damit als eigentliche Zielsetzung des bevorstehenden Krieges symbolisch den Kreuzzug gegen die Türken andeuten110 und den in diesen Tagen durch König Ludwig von Frankreich eröffneten Venezianerkrieg als notwendige Voraussetzung dazu bewertet wissen. Am folgenden Tag ließ er die Stände durch den Reichserbmarschall Joachim von Pappenheim111 in seine Herberge, die bischöfliche Pfalz, bescheiden (Nr. 259, Pkt. 2).112 Über den zeremoniellen Rahmen der Eröffnung des Reichstages, etwa den üblichen Gottesdienst, liegen keinerlei Nachrichten vor. Offenbar fassten die Berichterstatter das Eröffnungsritual bereits als allgemein bekannte und deshalb nicht erwähnenswerte Selbstverständlichkeit auf.

Auch der vom Kaiser bestellte Redner Matthäus Lang – Maximilian, „der bis dahin wohl redegewandteste deutsche König überhaupt“113, verzichtete bezeichnenderweise anders als 1507 in Konstanz114 darauf, selbst das Wort zu ergreifen und sein monarchisches Gewicht auszuspielen – suggerierte den Ständen den Türkenkrieg als eigentliches Ziel des bevorstehenden Unternehmens. Auf dem Weg dorthin sollte der Kaiser gemäß päpstlichem Wunsch Venedig zur Rückgabe der dem Kirchenstaat abgewonnenen Städte veranlassen. Dann stellte Lang allerdings die günstige Gelegenheit zur Rückeroberung auch der dem Reich entzogenen Gebiete in den Mittelpunkt. Dafür sollten die Reichsstände umgehend eine möglichst großzügige einjährige Hilfe bewilligen. Außerdem wurden die Stände angesichts der bevorstehenden längeren Abwesenheit des Kaisers aufgefordert, einen geeigneten Reichsstatthalter zu bestimmen (Nr. 264bzw. 266/II). Die Anwesenden verweigerten nach Beratung in den Kurien115 und erfolgter Relation am nächsten Tag, dem 23. April, unter Hinweis auf ihre geringe Zahl die Aufnahme der Verhandlungen. Man wollte das Eintreffen weiterer Teilnehmer, in erster Linie natürlich Kurfürst Friedrichs von Sachsen, abwarten (Nr. 260, Pkt. 3f.). Der Kaiser insistierte in seiner Erwiderung nicht auf sofortigen Verhandlungen, sondern forderte die Stände lediglich auf, in Worms zu bleiben. Er kündigte seinerseits an, sich für die Kriegsvorbereitungen unverzüglich in die Erblande zu begeben und den Reichstag durch Kommissare führen zu lassen (Nr. 260, Pkt. 5). Noch am gleichen Tag absolvierte er die wichtigsten anstehenden Reichsbelehnungen. Anders als 1505/07 gegenüber dessen Vorgänger Jakob von Liebenstein verzichtete Maximilian beim Mainzer Kurfürsten Uriel von Gemmingen (Nr. 307) darauf, den strittigen Status der Stadt Mainz zu thematisieren. Die Belehnung des neuen Kölner Erzbischofs Philipp von Daun war ohnehin unproblematisch (Nrr. 308310). Bei dieser Gelegenheit empfingen auch die dem Kaiserhof folgenden Bevollmächtigten Bischof Eberhards von Lüttich die Reichsregalien (Nr. 319). Vor ihrer Rückreise übertrugen sie im Gegenzug dem Jülicher Gesandten Friedrich von Brambach die Vollmacht für den Reichstag. Dagegen wurde bekanntlich dem neuen pfälzischen Kurfürsten die erbetene Reichsbelehnung verweigert (Nrr. 260, Pkt. 6; 261, Pkt. 4, 19; 262, Pkt. 16f.; 311–317; 421, Pkt. 9; 463, Pkt. 3; 471, Pkt. 3). Dieser Schritt offenbarte nicht nur das Abhängigkeitsverhältnis der Kurpfalz vom Kaiser, sondern verstärkte es zugleich noch. Ungeachtet der Intervention der noch während des Wormser Reichstages eingeschalteten Mitstände beharrte Maximilian auch wegen des Widerstands der früheren kurpfälzischen Kriegsgegner weiterhin auf seiner Position. Erst das Einverständnis Kurfürst Ludwigs zur Nachfolge Karls V. auf dem Kaiserthron wog schwer genug, um Maximilian auf dem Augsburger Reichstag von 1518 schließlich einlenken zu lassen.116

Vor der Rückkehr einiger kurzfristig abgereister Fürsten, dem Eintreffen weiterer Teilnehmer und der Zustellung der kaiserlichen Reichstagsinstruktionen am 14. Mai geschah in der Folge nichts Wesentliches mehr. Maximilian betraute seine Räte und Kommissare in Worms lediglich mit einigen Vorgängen untergeordneter Bedeutung (Nrr. 259, Pkt. 4/6; 384–388). Die Frankfurter Gesandten mutmaßten außerdem Verhandlungen über Streitigkeiten der Fürsten (Nrr. 439, Pkt. 1/4; 441, Pkt. 1). Zu spät und vergeblich sprachen sich die vorab nicht informierten Kommissare am 5. Mai in Anbetracht des fortbestehenden Streits zwischen Stadtgemeinde und Stiftsklerus sowie der während der ersten Sitzungsperiode (1497–1499) gemachten schlechten Erfahrungen des Gerichtspersonals mit den Wormser Bürgern117 gegen die vom Kaiser bereits verfügte Verlegung des Kammergerichts nach Worms aus und schlugen stattdessen Verhandlungen mit den Reichsständen über Speyer oder Frankfurt als alternative Standorte vor (Nr. 390). Der Kammerrichter Bischof Wiguläus von Passau hatte gemäß kaiserlicher Weisung bereits alle notwendigen Schritte veranlasst (Nr. 65). Am 7. Mai traf das Gerichtspersonal in Worms ein (Nr. 473, Pkt. 6).

Nach mehr als drei Wochen ereignisloser Untätigkeit vor allem für die reichsstädtischen Gesandten (Nr. 441, Pkt. 1) trugen die kaiserlichen Kommissare den Reichsständen am 16. Mai ihre Instruktionen vor. Die erste Instruktion (Nr. 266) wiederholte den kaiserlichen Vortrag vom 22. April, war allerdings von Maximilian selbst um einige Aspekte erweitert worden: Für die Stände sicherlich uninteressant waren die Erläuterungen zu den Feindseligkeiten mit Frankreich und die gegen Herzog Karl von Egmond erhobenen Vorwürfe wegen dessen angeblicher Vertragsbrüchigkeit. Ebenso wenig relevant dürfte für sie gewesen sein, dass der Kaiser, um den bevorstehenden Bruch des Waffenstillstands von Arco zu rechtfertigen, noch einmal herausstrich, das Bündnis von Cambrai nur auf Drängen des Papstes eingegangen zu sein, und gleichzeitig durch den Vorwurf eines Truppenaufmarsches gegen die erbländischen Grenzen den Verteidigungsfall gegenüber Venedig konstruierte.118 Die zweite Instruktion (Nr. 268) konfrontierte die Stände mit Einzelheiten der Venedighilfe wie die Benennung von Truppenbefehlshabern, die Dauer der Hilfe, die Stellung ausschließlich von Reiterverbänden durch die Reichsfürsten oder die Höhe des Reitersolds bei den ständischen Kontingenten, konkretisierte jedoch erstaunlicherweise nicht die Höhe der Forderung – ein schwerwiegender verhandlungstaktischer Fehler. Gleichzeitig regte der Kaiser – veranlasst von seinen Kommissaren in Worms (Nr. 390, Pkt. 2) – Verhandlungen über das Reichskammergericht an, im Einzelnen über eine verbesserte Finanzierung des Gerichts, Vorkehrungen gegen die Präsentation unerfahrener Assessoren, eine Reform der Kanzlei und Maßnahmen zur wirkungsvolleren Umsetzung der Urteile. Außerdem sollte allgemein über den Reichsfrieden und dessen Handhabung sowie das Reichsmünzwesen beraten werden. Schließlich ersuchte der Kaiser um die Stellungnahme der Stände zu einer Supplikation Bischof Jakobs von Cambrai (Nr. 318). Ungleich wichtiger war ihm vermutlich die Einschaltung der Autorität des Reichstages, um sich der noch in den Territorien deponierten Jubelablassgelder zu bemächtigen. Bei dieser den Ständen am 16. Mai präsentierten Fassung handelte es sich nur um einen von den Kommissaren angefertigten Auszug aus ihrer deutlich umfangreicheren Instruktion (Nr. 267). Darin war außerdem vorgesehen, bei den weiteren Verhandlungen über die Reichshilfe wie 1495 den Modus eines vierjährigen Gemeinen Pfennigs anzuregen. Von dem Geld sollten, verglichen mit den heterogenen ständischen Kontingenten, geeignetere Fußtruppen angeworben werden. Damit trug der Kaiser den Erfordernissen der neuen taktischen Infanterie119 Rechnung, doch um den Preis eines möglichen Scheiterns der Verhandlungen. Denn zuletzt auf dem Kölner Reichstag von 1505 hatte die Mehrheit der Stände eine Neuauflage dieses Steuermodells abgelehnt.120 Als Alternative wurde deshalb laut Instruktion auch eine über mehrere Jahre laufende „Beharrliche Hilfe“ erwogen, was aus kaiserlicher Sicht mit dem Vorteil verbunden war, die mit der Abhaltung von Reichstagen verbundenen Kosten zu sparen. Einige Fürsten sollten für den Kaiser auf dessen Rechnung Reiterkontingente anwerben. Daneben erhielten die Kommissare die Befugnis, gegebenenfalls unter Hinzuziehung der Reichsstände über die Streitsachen und Anliegen der vom Kaiser nach Worms zitierten Parteien zu verhandeln und zu entscheiden. Dieser Schritt entsprach eigentlich der üblichen taktischen Planung für die maximilianeischen Reichstage, in diesem Fall reagierte der Kaiser jedoch erst auf eine entsprechende Aufforderung seiner Vertreter (Nr. 389). Erst nach erfolgter Bewilligung der Reichshilfe sollten die Kommissare vorsorglich einen Protest bezüglich der Stände, die von den Erzherzögen von Österreich der Reichsbesteuerung entzogen worden waren, einlegen. Aufgrund des weiteren Verhandlungsverlaufs wurden allerdings sowohl Verhandlungen über den Modus der Reichshilfe als auch der vorgesehene Protest obsolet.

Ohnehin ruhten die Verhandlungen bis zum Eintreffen Kurfürst Friedrichs von Sachsen am 21. Mai erneut. Schon sein Empfang durch die vornehmsten anwesenden Fürsten, verbunden mit einem einstündigen Einzug nach Worms (Nrr. 261, Pkt. 9; 473, Pkt. 8), seit der Abreise des Kaisers bis zum Ende des Reichstages der einzige nennenswerte zeremonielle Höhepunkt, machte dessen Ausnahmestellung augenfällig. Bereits tags darauf bildeten die Stände einen interkurialen Ausschuss zur Beratung über die beiden vorgelegten Instruktionen. Er setzte sich aus Räten der sechs Kurfürsten, je vier geistlicher (Bamberg, Würzburg, Straßburg, Deutschmeister) und weltlicher (Bayern, Brandenburg-Ansbach, Württemberg, Hessen) Vertreter des Fürstenrats sowie zweier Städte (Ulm, Frankfurt)121 zusammen (Nrr. 259, Pkt. 8; 260, Pkt. 10; 261, Pkt. 10; 262, Pkt. 1). Dieser Ausschuss war auch in der Folge mit der Ausarbeitung aller Vorlagen für die Reichshilfeverhandlungen beauftragt (z. B. 260, Pkt. 15; 261, Pkt. 20; 262, Pkt. 18). Da das Plenum seiner Generallinie folgte, war er maßgeblich verantwortlich für das Scheitern der kaiserlichen Ziele auf dem Reichstag.

Maximilian I. initiierte einstweilen eine neue Informationskampagne: Am 14. Mai sandte er die gedruckte Bannbulle gegen Venedig122 und an die Kurfürsten adressierte päpstliche Schreiben (Nr. 272) nach Worms (Nr. 393). Julius II. betonte darin noch einmal die Notwendigkeit, die Einheit der Christenheit als Voraussetzung für den von ihm angestrebten Türkenkreuzzug herzustellen. Zu diesem Zweck sollten die Reichsstände den Kaiser bei der Beendigung der venezianischen Aggression gegen den Kirchenstaat unterstützen. Gleichzeitig instruierte Maximilian seine Kommissare, mit den Ständen über Mandate zur Aushändigung der im Reich eingesammelten Jubelablassgelder an die mit deren Abwicklung betrauten Fugger zu verhandeln (Nr. 394). Mit Schreiben vom 19. Mai informierte er den Reichstag über den französischen Sieg bei Agnadello (Nr. 399). Anscheinend ging er davon aus, dass die Nachricht das Verhandlungsklima günstig beeinflussen würde. Denn wiederum am gleichen Tag entsandte er zur Entlastung der Kommissare Ernst von Welden als Sondergesandten nach Worms, um mit den Reichsständen über die Jubelablassgelder zu verhandeln (Nr. 269). Doch die wenigen vorliegenden Nachrichten über die Reaktion der Reichsstände auf die Nachricht vom Sieg des französischen Verbündeten spiegeln eher Ungläubigkeit in Bezug auf deren Wahrheitsgehalt (Nrr. 401, Pkt. 2; 403, Pkt. 3) und Skepsis bezüglich der Folgen für das Reich (Nr. 427, Pkt. 2) wider. Die Teilnehmer am Konstanzer Reichstag von 1507 mochten sich an die düsteren Prognosen Maximilians hinsichtlich einer französischen Dominanz in Oberitalien mit der daraus resultierenden Kontrolle des Papsttums durch Frankreich und dem Verlust der Kaiserwürde für das Reich123 erinnern. Auch die am gleichen Tag, dem 22. Mai, übergebenen päpstlichen Breven und die vorgelegte Bannbulle zeigten keinerlei Wirkung. Die propagandistische Unterstützung durch den „Kriegerpapst“ Julius erschien unglaubwürdig.124 Die äußeren Umstände waren ebenfalls ungünstig. Die Versammelten mussten die Session stehend absolvieren, da im Fürstenrat nach dem Tod Herzog Albrechts von Bayern die Vorrangstreitigkeiten zwischen den Häusern Sachsen und Bayern wieder aufgeflammt waren (Nrr. 262, Pkt. 1, 410; 263, Pkt. 410; 400, Pkt. 1).

Die Arbeit des interkurialen Ausschusses wurde von dem Sessionsstreit allerdings nicht tangiert. Dessen Verhandlungen am 23. und 24. Mai waren geprägt von scharfen Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern – von denen allerdings nur Hessen eindeutig zu identifizieren ist (Nr. 483) – und Gegnern einer Reichshilfe. Die dem Gremium angehörenden Räte verpflichteten sich eidlich zu absoluter Geheimhaltung (Nrr. 261, Pkt. 13; 453). Diese Maßnahme zielte zweifellos in erster Linie auf die Unterbrechung der Kommunikation zwischen dem Brandenburg-Ansbacher Vertreter Theobald von Heimkofen und dem kaiserlichen Stellvertreter Markgraf Kasimir. Am 27. Mai gelangte der Resolutionsentwurf des Ausschusses (Nr. 275/II) in das Plenum. Die Gegner des Kaisers hatten sich weitgehend durchgesetzt: Sie verweigerten ihre Zustimmung zu den ihnen in den Details nicht bekannten Verträgen von Cambrai wegen möglicher nachteiliger Konsequenzen für das Reich. Explizit genannt wurde die durch die französische Besetzung in Frage gestellte Reichszugehörigkeit des Herzogtums Mailand. Zugleich formulierten sie die Einbeziehung der Reichsstände in den außenpolitischen Entscheidungsprozess als notwendige Voraussetzung für die Bewilligung von Reichshilfen. Ohnehin sahen man sich schon aus ökonomischen Gründen zur Leistung einer Hilfe außerstande. Die kaiserlichen Parteigänger im Ausschuss hatten allerdings für die weiteren Verhandlungen eine alternative Strategie vorbereitet. Ungeachtet der Zweifel am Nutzen einer solchen Bewilligung wollte man sich mit Rücksicht auf Kaiser und Papst in Verhandlungen über eine begrenzte Hilfsforderung einlassen (Nr. 275, App. r). Doch das Plenum einigte sich in nur zweitägigen Beratungen – den hinderlichen Sessionsstreit zwischen Albertinern und Wittelsbachern konnte Kurfürst Friedrich der Weise am 28. Mai für die Dauer des Reichstages beilegen125 – auf die Streichung dieses Passus. Auf Drängen Kursachsens wurde sogar die vorgesehene Bitte um Verzicht auf die Reichshilfe getilgt, da sie als implizites Eingeständnis der Berechtigung dieser Forderung hätte ausgelegt werden können.126 Auch sonst zeigten die Stände keinerlei Entgegenkommen: Die vorgeschlagene Wiederbesetzung des Reichsstatthalteramts wurde als unnötig erachtet. Das Plenum distanzierte sich sogar von dem im Entwurf vorgesehenen Angebot, bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal über diesen Punkt zu verhandeln. Damit war zugleich das Scheitern der von den Kommissaren parallel geführten Verhandlungen mit dem hinhaltend taktierenden sächsischen Kurfürsten sowie mit den Herzögen Erich und Heinrich von Braunschweig (Nrr. 391; 405; 406, Pkt. 2; 407; 424, Pkt. 4) besiegelt. Hinsichtlich des Kammergerichts begnügten sich die Stände mit einer unverbindlichen, offenkundig auch für Kursachsen, Kurbrandenburg und Sachsen tragbaren Erklärung zu dessen weiterer Finanzierung und erklärten zugleich ihre Unkenntnis bezüglich etwaiger Missstände. Eine Stellungnahme zum Reichslandfrieden und dessen Handhabung fehlt. Lediglich zu Verhandlungen über das Münzwesen auf der Basis der kurrheinischen Goldmünzordnung von 1490127 fanden sich die Stände bereit. Beratungen über die Supplikation Bischof Jakobs von Cambrai sollten nach Anhörung des Antragstellers und der mitbetroffenen Stadt Cambrai erst auf dem nächsten Reichstag stattfinden. Die erbetenen Mandate an einzelne Reichsstände zur Aushändigung der Jubelablassgelder wurden, ohne Angabe von Gründen, konsequenterweise ebenfalls verweigert. Diese – einhellig verabschiedete (Nrr. 260, Pkt. 12; 263, Pkt. 13) – Antwort sollte am Nachmittag des 29. Mai den kaiserlichen Vertretern übergeben werden. Kursachsen hatte sich auf der ganzen Linie durchgesetzt. Der Hochmeister des Deutschen Ordens, Friedrich von Sachsen, erkannte eine günstige Gelegenheit, um am Vormittag seinen Antrag auf Beistand des Reiches gegen Polen zu stellen (Nrr. 261, Pkt. 17; 297). Vermutlich ging er davon aus, dass die Verweigerung gegenüber dem Kaiser sich in einer großzügigeren Hilfsbereitschaft der Stände gegenüber seinem Orden niederschlagen könnte. Die Betrauung eines eigenen Ausschusses mit seinem Anliegen128 konnte der Hochmeister jedenfalls als Erfolg verbuchen.129

Trotz gegenteiliger Beteuerungen (Nrr. 276, Pkt. 1; 414, Pkt. 1) stellte der abschlägige Bescheid der Stände auf die kaiserliche Reichshilfeforderung für die Kommissare keine völlige Überraschung dar. Maximilian selbst hatte, wie gezeigt, vor dem Reichstag durchaus mit einem Misserfolg gerechnet. Seine Stellvertreter verfügten zweifellos über Informanten unter den Reichsständen. Bereits mit Schreiben vom 27. Mai hatten sie ihren Dienstherrn um Anweisungen bei einer Ablehnung der kaiserlichen Hilfsforderung gebeten (Nr. 408, Pkt. 2). Als dieser Fall zwei Tage später eintrat, informierten sie unverzüglich den Kaiser (Nr. 409). Während die Kommissare auf dessen Erwiderung warteten, hielten sie den Ständen am 31. Mai die nachteiligen Folgen ihres Beschlusses vor Augen und baten um dessen Revision. In erster Linie ging es ihnen aber darum, die Teilnehmer bis zum Eintreffen der kaiserlichen Stellungnahme zum Bleiben zu bewegen (Nr. 276). Geschickt platzierten Kurfürst Ludwig von der Pfalz und sein Bruder Friedrich in dieser spannungsvollen Verhandlungspause ihre Bitte um Fürsprache beim Kaiser wegen der verweigerten Reichsbelehnung (Nr. 314). Die um ihre territorialen Gewinne fürchtenden ehemaligen Verbündeten Maximilians im Landshuter Erbfolgekrieg antworteten umgehend mit einer Supplikation an die Reichstags-Kommissare (Nr. 315). Der Reichsrat betraute daraufhin den Großen Ausschuss mit der Ausarbeitung einer Stellungnahme zu dieser prekären Angelegenheit (Nrr. 261, Pkt. 19; 262, Pkt. 18).

Überraschenderweise blieben die Stände in der Reichshilfefrage nicht untätig, sondern bereiteten anscheinend auf Initiative Kursachsens (Nr. 227) eine weitere Rechtfertigung ihrer Position vor. Vermutlich wollte Friedrich der Weise die Dynamik der Entwicklung nutzen, um die keineswegs wirkungslose Einflussnahme der kaiserlichen Räte auf einzelne Stände – so distanzierte sich eine Reihe kaisernaher Reichsgrafen und -herren von der Mehrheitsmeinung (Nr. 414, Pkt. 1/3) – zu konterkarieren. Bereits am 2. Juni lag ein Memorandum des Großen Ausschusses vor (Nr. 278), das noch einmal die Legitimität der eingenommenen Verweigerungshaltung begründete: mit der unterbliebenen Konsultation der Reichsstände vor dem Abschluss der Verträge von Cambrai, mit der fehlenden Kenntnis vom Inhalt dieser Verträge und der damit einhergehenden Unmöglichkeit, deren Konsequenzen für das Reich zu kalkulieren, mit der aufgrund früherer Erfahrungen absehbaren Nutzlosigkeit, wenn nicht Schädlichkeit der geforderten Reichshilfe – dahinter verbarg sich das Unbehagen am Angriffsziel Venedig –, mit der direkten oder indirekten Stärkung der französischen Position in Oberitalien zum voraussichtlichen Nachteil des Reiches, mit der Übereiltheit der kaiserlichen Hilfsforderung und schließlich mit der finanziellen Überlastung der Stände durch die nutzlosen Reichshilfen der letzten beiden Reichstage in Köln und Konstanz. Bei den erneuten Beratungen hatte sich im Ausschuss außerdem die Einsicht durchgesetzt, dass ein Einverständnis zu Verhandlungen über eine kleine Reichshilfe den Kaiser und seine Kommissare eher verärgern würde. Vielmehr hätte ein kleinlautes Abweichen von der ersten ständischen Resolution nachteilige Konsequenzen für das Ansehen der Reichsstände beim Kaiser. Das Plenum folgte in seiner Erklärung vom 3. Juni (Nr. 279) dieser Linie: Die Reichsstände bekundeten ihre Verwunderung angesichts der von den Kommissaren geäußerten Enttäuschung über ihren Beschluss und betonten noch einmal ihre finanzielle Erschöpfung. Sie ergänzten den Entwurf außerdem dahingehend, dass die Bewilligung einer Hilfe als nachträgliche Zustimmung zum Vertragswerk von Cambrai ausgelegt werden könnte. Sie erkannten darin überdies einen Bruch mit den Verhandlungsergebnissen des Konstanzer Reichstages, wo die Stände Verhandlungen mit König Ludwig von Frankreich über das von diesem besetzte Herzogtum Mailand gefordert hatten. Damit verstießen die Stände ausnahmsweise gegen die Gepflogenheit, auf eine Kommentierung der kaiserlichen Politik zu verzichten.130 Sie zeigten sich zuversichtlich, dass der Papst ihre Haltung in Würdigung aller Umstände billigen würde, zumal der angeregte Türkenkreuzzug ihres Erachtens vorherige Beratungen der europäischen Mächte und eine umfassende Finanzierung erforderte, an der man sich gegebenenfalls beteiligen wollte. Wohl um die Wartezeit auf die kaiserliche Stellungnahme nicht ungenutzt zu lassen und den Reichstag nicht vollständig zum Scheitern zu bringen, regten die Stände unter Bezugnahme auf die Instruktion der Kommissare gleichzeitig Verhandlungen über Kammergericht, Landfrieden und Münzwesen an. Dagegen lehnten sie es erneut ab, die vom Kaiser erbetenen Mandate zur Aushändigung der Jubelablassgelder an die Fugger auszustellen (Nr. 284).

Die Erwiderung der Kommissare vom 5. Juni ließ deren gereizte Stimmung angesichts der ständischen Totalverweigerung deutlich erkennen. Sie sahen die Verantwortlichen für die Kritik am Kaiser verpflichtet, sich die Konfrontation mit dessen Reaktion gefallen zu lassen. Gleichzeitig zeigten sie sich aber einverstanden, bis dahin über die vorgeschlagenen Themen zu beraten (Nr. 280). Die Stände bestritten noch am gleichen Tag in einer knappen Erklärung die von den Kommissaren unterstellte Verantwortlichkeit Einzelner und erklärten ihr Recht auf Abreise vom Reichstag, erneuerten aber zugleich ihr Verhandlungsangebot bezüglich des Kammergerichts und der übrigen Themen (Nr. 281). Die Kommissare forderten ihrerseits die Stände nachdrücklich auf, in Worms zu bleiben (Nr. 282). Zwar beharrten diese auf ihrer vorherigen Resolution (Nr. 283), dennoch reiste bis zum Eintreffen der kaiserlichen Erklärung (Nr. 411) am 7. Juni kein weiterer Teilnehmer vom Reichstag ab. Formal als Schreiben an seine Kommissare gehalten, kritisierte der Kaiser darin die kleinmütige Haltung der Reichsstände angesichts einer einmaligen Chance für seine Italienpolitik hart. Er machte, natürlich ohne Namen zu nennen, seine Neider für die Verweigerung verantwortlich.131 Das Argument der finanziellen Erschöpfung erklärte er für unglaubwürdig. Hatten doch die Stände selbst in Konstanz Zusagen für eine eventuelle weitere Hilfe im Bedarfsfall gemacht – was im Übrigen keineswegs zutrifft –, nur diese dann nicht erfüllt. Der Kaiser kreidete den Ständen an, mit ihren unzureichenden Reichshilfen weiterreichende Erfolge verhindert zu haben, während seine Erbländer unter hohen Kosten den Schutz des Reiches nach außen übernommen hatten. Seine Mailandpolitik sah er im Einklang mit den ständischen Empfehlungen auf mehreren Reichstagen. Nach eigenem Bekunden hatte er ungeachtet der dadurch verursachten Verzögerungen die Stände in jeder Phase seiner Politik durchaus konsultiert. Den Vorwurf der Eigenmächtigkeit wies er deshalb zurück. Der Kaiser forderte die Stände nachdrücklich auf, ihre Entscheidung auch in Rücksicht auf den Papst zu revidieren. Eventuelle negative Konsequenzen für das Reich im Falle einer weiteren Verweigerung lastete er vorsorglich ihnen an. Auf eine Stellungnahme zu anderen Verhandlungsmaterien wurde aufgrund des Zeitdrucks verzichtet. Am gleichen Tag ging den Ständen eine Nachricht über die militärischen Fortschritte der Franzosen in der venezianischen Terraferma (Nr. 404) zu.

Angesichts der Verärgerung des Kaisers wagte der Ausschuss keine eigene Entscheidung mehr, sondern stellte das Plenum vor die grundsätzliche Entscheidung, am bisherigen Kurs festzuhalten oder einzulenken (Nr. 285). Über die zu treffende Wahl bestand indessen kein nach außen sichtbarer Zweifel. Bereits in ihrem Bericht vom 5. Juni hatten die Kommissare gegenüber Maximilian einräumen müssen, dass ihre Separatverhandlungen mit einzelnen Reichsständen über ein längeres Verbleiben auf dem Reichstag erfolglos verlaufen waren (Nr. 415). Tatsächlich zeigten sich die Reichsstände von der kaiserlichen Erklärung unbeeindruckt. Ein bezeichnenderweise nur in der kursächsischen Überlieferung enthaltener Entwurf (Nr. 286) kehrte nicht ohne Sarkasmus das Argument, dass die Vorwürfe gegen den Kaiser diesen persönlich beträfen, um, indem die Fortsetzung der Reichshilfe-Verhandlungen mit dessen Stellvertretern abgelehnt und gleichzeitig die Abreise der Stände angekündigt wurde. Die am folgenden Tag, dem 9. Juni, tatsächlich übergebene Erklärung war im Ton deutlich verbindlicher gehalten, änderte in der Sache aber nichts daran, dass eine ständische Majorität unbeirrt auf ihrer Position verharrte (Nr. 288). Wie groß diese Mehrheit war, ist nicht ganz klar. Der kursächsische Gesandte Friedrich von Thun deutete nach dem Reichstag gegenüber Landgraf Wilhelm von Hessen an, dass die Mehrzahl der Stände gegen eine Venedighilfe gewesen sei, räumte aber offen ein, dass Kurfürst Friedrich abweichende Voten zu unterbinden suchte132 – dies offensichtlich erfolgreich.

Die Kommissare kündigten postwendend die unverzügliche Übersendung der ständischen Erklärung an den Kaiser an, bekundeten aber gleichzeitig ihre Bereitschaft, über ein etwaiges besseres Angebot der Stände weiterzuverhandeln (Nr. 289). Damit unternahmen sie einen letzten vergeblichen Versuch, die hinter der geschlossenen Front der ständischen Resolutionen festgestellten Verwerfungen auszunutzen (Nr. 417, Pkt. 1). Die ständische Gesamtheit zeigte sich am 10. Juni von der angedrohten Störung des Verhältnisses zum Kaiser unbeeindruckt. Eine Fortsetzung der Verhandlungen erklärte man für unnötig (Nr. 290). Die Kommissare mussten sich in ihr Scheitern fügen. Ihnen blieb nur, jegliches Verschulden ihrerseits zurückzuweisen. Gleichzeitig unternahmen sie noch einen Sondierungsversuch hinsichtlich der Einhelligkeit bzw. der Verantwortlichkeit bezüglich der ständischen Position133 (Nr. 291). Doch ließen sich die Stände nicht auseinanderdividieren, die zumindest nach außen demonstrierte Einheitsfront hielt (Nr. 292). Die Kommissare übersandten die an diesem Tag ausgetauschten Resolutionen kommentarlos dem Kaiser (Nr. 417, Pkt. 1). Nun reiste auch der Sondergesandte Ernst von Welden ab, nachdem die Stände ihm tags zuvor in Sachen Jubelablassgeld noch einmal die kalte Schulter gezeigt hatten (Nr. 287). Als Erfolg konnten die kaiserlichen Vertreter lediglich die Beilegung der Streitigkeiten zwischen der Stadt Worms und dem Stiftsklerus durch Erzbischof Jakob von Trier und Kurfürst Friedrich von Sachsen (Nrr. 329; 473, Pkt. 9; 564f.) vermelden. Damit war ein wichtiges Hindernis für eine störungsfreie Tätigkeit des Reichskammergerichts in Worms beseitigt. Immerhin hatte das Gericht in dem von den Herren von der Leiter anhängig gemachten Verfahren Venedig noch während des Reichstages, am 13. Juni, in die vom Kaiser gewünschte (Nr. 271, Pkt. 21) Reichsacht erklärt (Nrr. 301f.). Eine Einbeziehung der Reichsstände in diese Entscheidung ist nirgends erkennbar.134 Die erhoffte positive Wirkung im Sinne der kaiserlichen Venedigpolitik ging davon nicht aus.

Anders als der Kaiser zeigte sich der Hochmeister des Deutschen Ordens, Friedrich von Sachsen, mit dem Ergebnis des Reichstages zufrieden. Stände und Kommissare hatten sich zur Beilegung des Konflikts mit Polen sehr rasch auf eine Vermittlungsinitiative des Kaisers und der Reichsstände gemeinsam mit dem Papst und Ungarn geeinigt. Sollte König Sigismund nicht einlenken, wurden für die nächste Reichsversammlung weitere Beratungen anberaumt (Nrr. 292, Pkt. 3; 298300).

Ein Großteil der Reichsfürsten reiste an den folgenden beiden Tagen, dem 11. und 12. Juni (Nrr. 418, Pkt. 1; 477, Anm. 1, 2, 4, 5, 9, 14, 15), ab und überließ, wie zuvor verabredet135, die nur noch bis zum 16. Juni dauernden, dabei überaus produktiven Schlussverhandlungen einigen deputierten Räten (Kurmainz, Kurköln, Kurpfalz136; Speyer, Freising, Bayern, Hessen, Württemberg; Städte Köln und Worms; Nr. 418, Pkt. 3). Von den kaiserlichen Vertretern waren in der Schlussphase noch Nassau, Fraunberg, Vergenhans und ihr Sekretär Storch anwesend. Mit eine Voraussetzung für den Erfolg der Verhandlungen über das Reichskammergericht bildete das Fernbleiben Kursachsens, Kurbrandenburgs und Sachsens (Nrr. 418, Pkt. 5; 502), die sich mit Protesten gegen Eingriffe in ihre landesherrliche Jurisdiktion und gegen die Eintreibungspraxis beim Kammerzieler begnügten (Nrr. 357361). Sie sahen aufgrund der Nichtanerkennung ihrer Exemtionen durch das Kammergericht und den kaiserlichen Fiskal die Geschlossenheit ihrer Territorien in Frage gestellt. Die quasi auf einen Rätetag reduzierte Reichsversammlung fungierte an den letzten Verhandlungstagen zugleich als eine Art außerordentlicher Visitationstag, nachdem die für die Osterwoche vorgesehene reguläre Versammlung (Nr. 154) ausgefallen war. Die Vertreter des Kammergerichts legten ihre Abrechnung für den Zeitraum seit Ende 1507 sowie eine Aufstellung bestehender Missstände vor, worüber die kaiserlichen Stellvertreter gemeinsam mit den ständischen Deputierten berieten (Nrr. 293295). Ihre Ergebnisse wurden entweder dem Kammergericht direkt zugestellt oder flossen in den Abschied (Nr. 303) ein: Graf Adolf von Nassau selbst übernahm das Kammerrichteramt. Ihm wird man eine maßgebliche Rolle bei den Schlussverhandlungen über das Kammergericht zuschreiben können.137 Die vakanten Beisitzerstellen wurden besetzt. Die vom Kaiser angeordnete Verlegung des Gerichts nach Worms wurde bestätigt, diesem aber zugleich die Kompetenz zugebilligt, bei einer möglichen Gefährdung des Betriebs durch die Streitigkeiten zwischen Stadtgemeinde, Bischof und Stiftsklerus eigenverantwortlich den Umzug nach Frankfurt zu organisieren. Während der Wormser Unruhen übersiedelte das Gericht tatsächlich von November 1513 bis März 1514 vorübergehend in das sichere Speyer.138 Der Kammerrichter wurde beauftragt, die Wiedereröffnung des Gerichts im Reich bekannt zu machen. Zur Kostendeckung wurde ein weiterer Anschlag in Höhe der 1507 auf dem Konstanzer Reichstag und im folgenden Jahr durch den Regensburger Visitationstag verabschiedeten Matrikelsteuer von nominal 11 556 Gulden beschlossen. Außerdem sollten die Ausstände dieser beiden Anschläge sowie – zur Deckung noch offener Soldforderungen unter anderem Nassaus – die Restanten des Augsburger Anschlags von 1500 eingetrieben werden. Was die festgestellten Missstände im Verfahrensablauf am Gericht angeht, griffen die Deputierten nur vorsichtig ein. Im Wesentlichen mahnten sie eine bessere Umsetzung der gültigen Bestimmungen an. Zum Münzwesen wurden mangels Sachkompetenz der Beteiligten im Detail keine Beschlüsse gefasst, sieht man einmal von der projektierten Verlegung der Basler Reichsmünzstätte nach Straßburg ab. Dafür war der zum 3. September nach Frankfurt anberaumte Münztag vorgesehen (Nrr. 305f.).

Der vom 16. Juni datierende Wormser Abschied wurde weder in einem zeitgenössischen Druck publiziert noch später in irgendeiner Form von der Reichspublizistik beachtet. Lediglich in der reichsstädtischen Registratur wird erwähnt, dass aufgrund der Reichshilfeverweigerung „kain rechtmessiger oder gewonlicher, sonder allain ain kurzer abschied verzaichnusweyse“ zustandekam (Nr. 476, Pkt. 5). Diese Einschränkung rekurriert auf das Fehlen von für Reichsabschiede zu Beginn des 16. Jahrhunderts bereits signifikanten Textelementen wie der Publikations- und der Verpflichtungsformel, der Subskriptionsliste und der Corroboratio.139 Dadurch war es bereits selbst sachverständigen Zeitgenossen erschwert, das Schriftstück als Reichsabschied zu identifizieren, wie auch der Gebrauch der unverbindlichen Überschrift „Das camergericht belangende“ erkennen lässt.140 Da der Abschied ausschließlich von bevollmächtigten Räten erstellt wurde, lag seine Ratifizierung durch den Kaiser und die Augsburger Reichsversammlung von 1510 nahe, aber nichts dergleichen geschah. Vielmehr traten die darin zusammengefassten Beschlüsse ohne weiteres in Kraft, was allein dazu berechtigt, ihn trotz seiner formalen Defizite als vollgültigen Reichsabschied zu klassifizieren.141 Der projektierte Reichsmünztag trat im September zusammen. Das Reichskammergericht begann im Anschluss an den Reichstag mit der Eintreibung des dort beschlossenen Anschlags und der festgestellten Ausstände. Selbst Details wie die Erhöhung des Solds der beiden hochadeligen Assessoren um 100 Gulden wurden penibel realisiert.142 Dies gilt allerdings auch für nicht in den Abschied eingeflossene Beschlüsse der Deputierten. Sie beauftragten Uriel von Mainz mit der Auswahl einer geeigneten Person als reichsständischen Teilnehmer an der gemeinsam mit dem Kaiser durchzuführenden Gesandtschaft zu König Sigismund von Polen. Um die Umsetzung der von den Deputierten beschlossenen Finanzierung bemühte sich ebenfalls der Mainzer Erzbischof (Nr. 526). Aller Wahrscheinlichkeit nach verfassten sie auch namens der Reichsversammlung die vorgesehenen Schreiben an die als weitere Vermittler vorgesehenen Papst Julius II. und König Wladislaw von Ungarn-Böhmen.143 Über keinen dieser vermutlich nur dem Mainzer Kurfürsten und Reichskanzler mitgeteilten Beschlüsse liegen schriftliche Unterlagen vor. Die Hochmeister Friedrich von Sachsen in Worms zugesagte Gesandtschaft von Kaiser und Reich zu König Sigmund von Polen wurde durchgeführt. Auf einem Tag in Posen fanden im Juli 1510 die vom Wormser Reichstag projektierten Vermittlungsverhandlungen statt.144

Auf die Bedeutung der Wormser Reichstages in der territorialgeschichtlichen Perspektive wurde bereits hingewiesen. Kaiser Maximilian hatte eine Vielzahl ständischer Angelegenheiten auf den Reichstag verwiesen und aufgrund seiner Abwesenheit weitgehend seine Kommissare mit deren Erledigung betraut (Nrr. 259, Pkt. 4, 6, 12f., 1619, 22; 267). Deren Erfolgsquote war allerdings gering. In keinem einzigen der wichtigeren Vorgänge gelang die Beilegung des Konflikts.145 Lediglich in einigen untergeordneten Fällen führten die Vermittlungsverhandlungen zu einem Ergebnis (z. B. Aachener Bürger gegen Stadt Aachen; Nrr. 167f.; 259, Pkt. 17). Die Sachlage war ausnahmslos juristisch kompliziert, fallweise auch politisch heikel, der Verständigungswille auf beiden Seiten in der Regel begrenzt, doch in Abwesenheit der personifizierten kaiserlichen Autorität waren die Kommissare ohnehin von vornherein zum Scheitern verurteilt. Etliche Parteien waren gar nicht erst in Worms erschienen oder reisten gleich wieder ab (z. B. Nrr. 259, Pkt. 6, 16; 413; 417, Pkt. 5). In der Frage des Kölner Stapelrechts etwa wagten die Kommissare trotz ihrer Beauftragung durch den Kaiser keine eigene Schritte (Nrr. 259, Pkt. 19; 267, Pkt. 17; 454, Pkt. 4; 456, Pkt. 2). Lag keine explizite Weisung vor oder war der Rahmen ihres Auftrags ausgeschöpft, verwiesen sie die Petenten anscheinend ausnahmslos an das Reichsoberhaupt (z. B. Nr. 421, Pkt. 3, 4, 6). Bezeichnenderweise wandten sich Regensburg und Bayern in ihrem Konflikt direkt an den auf dem Weg nach Süden befindlichen Kaiser.146 Herzog Wilhelm und seine Vormünder sahen ihre Anstrengungen allerdings nicht belohnt, was vermutlich auch damit zu tun hatte, dass sie ihrerseits allen kaiserlichen Vorstellungen sowohl auf dem Reichstag in Worms als auch bei den bilateralen Verhandlungen in Kaufbeuren eher reserviert gegenüberstanden. Die kaiserliche Entscheidung favorisierte somit eher Regensburg (Nrr. 145; 324; 431; 434, Pkt. 2). Abgesehen von den ihnen aufgetragenen Vermittlungsbemühungen versuchten die Kommissare in Einzelfällen, durch Mandate für die äußere und innere Sicherheit im Reich zu sorgen (Nrr. 327, 379). Große Wirksamkeit wird man diesen Maßnahmen allerdings nicht unterstellen können.

Auffällig groß für eine maximilianeische Reichsversammlung, jedoch vermutlich signifikant für einen Kommissar-Reichstag war eine zweite Gruppe territorialer Angelegenheiten, die von ständischen Vermittlern betreut oder in informellen Gesprächsrunden behandelt wurde – und dies insgesamt überraschend erfolgreich. Um nur die reichstags- und reichsgeschichtlich wichtigeren Fälle herauszugreifen: Kurfürst Friedrich von Sachsen gelang es, durch pragmatische Anwendung des Senioratsprinzips den Sessionsstreit zwischen den Häusern Sachsen und Bayern für die Dauer des Reichstages stillzulegen (Nr. 320). Gemeinsam mit Erzbischof Jakob von Trier vermittelte er einen tragfähigen Kompromiss zwischen der Stadt Worms und dem in ihren Mauern ansässigen Stiftsklerus (Nr. 329). Die Lösung der für die Friedenswahrung in Süddeutschland hochbrisanten Hinterlassenschaft des Bayerischen Erbfolgestreits, nämlich die genaue territoriale Abgrenzung des mit dem Kölner Spruch von 1505 neugeschaffenen Fürstentums Pfalz-Neuburg, wurde in ausschließlich mündlich geführten Verhandlungen ohne Aktenniederschlag während des Wormser Reichstages vorbereitet (Nr. 559). Ebenso einigten sich die ursprünglich von Kaiser Maximilian in ihrem Konflikt um Streitberg nach Worms geladenen Parteien Bamberg und Brandenburg-Ansbach in einer bilateralen Vereinbarung auf gütliche Verhandlungen im Anschluss an den Reichstag (Nr. 321).

Ungewöhnlich hoch ist auf diesem kaiserlosen Reichstag auch die Zahl der von den Reichsständen betriebenen sonstigen partikularen Angelegenheiten. Dies hing auch, aber nicht nur mit der mehr als dreiwöchigen Wartezeit zwischen der Abreise des Kaisers aus Worms und der Aufnahme der Sachverhandlungen zusammen. Auf einem Reichstag ohne glanzvolle Höhepunkte – nirgends ist die Abhaltung von größeren Festlichkeiten, Tanzveranstaltungen, Turnieren oder auch nur eines Preisschießens vermerkt – waren die Stände in kleinerer Runde stärker als sonst aufeinander bezogen.147 Die Kurfürsten bzw. die rheinischen Kurfürsten waren noch mehr als auf anderen Reichstagen als Gruppe erkennbar. Während des Reichstages wurden die 1508 neu zur Regierung gelangten Kurfürsten von Mainz, Köln und Pfalz in den Kurverein aufgenommen (Nrr. 332f.). In Worms fand auch ein Tag der rheinischen Kurfürsten statt, die Verhandlungen über die Einbeziehung Hessens und Jülichs in ihre Münzeinung aufnahmen (Nrr. 78, 334). Kurmainz, Brandenburg-Ansbach und Württemberg trafen während des Reichstages eine Vereinbarung über eine Einung (Nrr. 335339). Beide Ansätze gelangten nach dem Reichstag zu erfolgreichen Abschlüssen (Nrr. 535554). Die neuen Kurfürsten, Erzbischof Philipp von Köln und mehr noch Ludwig von der Pfalz, nutzten den Reichstag als Rahmen für zahlreiche Belehnungen (Nrr. 343346, 348352, 354). Beim Pfälzer dürfte es sich dabei zugleich um eine gezielte Inszenierung in Reaktion auf die ihm verweigerte Reichsbelehnung gehandelt haben.

Auch der Wormser Reichstag fungierte somit als ausgiebig genutzter Rahmen für Rechts- und Schiedstage, bilaterale Verhandlungen und informelle Gespräche. Anders als vorgesehen, wurde in Worms zwar kein Schwäbischer Bundestag abgehalten. Gleichwohl verhandelten die anwesenden Gesandten des Bundes über anstehende Angelegenheiten. Im Mittelpunkt stand natürlich die von Nürnberg und Augsburg betriebene Exekution gegen den Landfriedensbrecher Heinrich von Guttenstein (Nrr. 468, Pkt. 1; 469, Pkt. 1; 470; 471, Pkt. 2). Zwar wurden keine Fortschritte in der Reichsfriedensverfassung erzielt. Über die etwa von Nürnberg im Vorfeld des Reichstages angeregte Reform des Geleitwesens (Nrr. 80, Pkt. 1; 170172) wurde anscheinend nicht verhandelt. Doch erfüllte auch der Wormser Reichstag eine andere elementare Funktion, schon als Gesprächs- und Verhandlungsforum, nicht notwendig auch durch konkrete Vermittlungserfolge, zur Entschärfung der interterritorialen Konflikte im Reich beizutragen.

Anmerkungen

105
 In der vorliegenden Edition vertreten durch den „Ehrenspiegel“ von Fugger/Jäger [Nr. 474]. Vgl. außerdem z. B. Trithemius, Annales II, S. 646f.; Mutius, Chronik, S. 968; Sturm, Außzug, S. 34; Brouwer/Masen, Antiquitates II, S. 325. Selbst die sog. reichsstädtische Registratur bewertet den Beschluss als „Res novi et inauditi exempli“ [Nr. 475, Pkt. 6; vgl. Nr. 476, Pkt. 3].
106
 Häufig wird punktuell nur dieser eine Aspekt erwähnt; z. B. Huber, Geschichte III, S. 376; Pölnitz, Fugger I, S. 236; Solleder, Reichsverbote, S. 322f.; Schmidt, Städtetag, S. 344; Niederstätter, Jahrhundert, S. 370; Menzel, Fürst, S. 119, 145; Rapp, Maximilien, S. 227. Auch die vorliegenden knappen Darstellungen des Reichstages aus reichsgeschichtlicher Perspektive bleiben auf die Frage der Reichshilfe verengt; z. B. Ranke, Geschichte I, S. 140–144; Ulmann, Maximilian II, S. 372f.; Fischer, Kaiser, S. 19–23; Wiesflecker, Maximilian IV, S. 261–263; Hollegger, Maximilian, S. 220f. Ungedruckt und deshalb weitgehend unberücksichtigt geblieben sind die einschlägigen Grazer Dissertationen mit ausführlicheren, leider von Fehlern und Missverständnissen nicht freien Darstellungen des Reichstages (Wenko, Kaiser, S. 194–210; Rom, Maximilian, S. 123–131), die weitgehend auf dem bei Janssen (Reichscorrespondenz II, Nrr. 940–976, S. 746–779) wiedergegebenen Quellenmaterial, insbesondere dem reichsstädtischen Protokoll mit den inserierten Verhandlungsakten, beruhen.
107
 Smend, Reichskammergericht, S. 102; Hausmann, Residenzen, S. 153f.; Baumann, Prokuratoren, S. 176; Petry, Bedeutung, S. 5.
108
 Dies gilt etwa für die wichtigen Verhandlungen über den Konflikt zwischen dem Deutschen Orden und Polen (z. B. Voigt, Geschichte Preußens IX, S. 370–372; Matison, Politik, S. 439–442). Die eher unspektakulären Schiedsverhandlungen zwischen dem Wormser Stiftsklerus und der Stadt wurden wegen ihrer Konsequenz der Rückkehr des Klerus nach zehnjährigem Exil als wichtiger Wendepunkt markiert (Boos, Geschichte IV, S. 110f.; Jürgensmeier, Bistum, S. 157 (Keilmann); Bönnen, Stadt, S. 258; Ders., Konflikt, S. 81; Todt, Kleruskritik, S. 133f.), nicht aber im Detail verfolgt. Die ungedruckte Dissertation von Chalopek (Maximilian, S. 82–84) versucht, gestützt auf Faulde (Uriel, S. 88–91), eine knappe Darstellung des Reichstages aus der Kurmainzer Perspektive.
109
 Ende Mai traf der Kaiser mit der gleichen Zahl von Reitern in Innsbruck ein (Schönherr, Krieg, S. 120).
110
 So Wiesflecker, Maximilian IV, S. 261. Auch auf dem Kölner Reichstag von 1505 zog Maximilian mit exotisch wirkenden Truppen ein, führte in seinem Gefolge den angeblichen Prinzen von Fes mit und thematisierte bei den folgenden Verhandlungen auch einen Türkenkreuzzug (Heil, RTA-MR VIII/1, Nr. 345, S. 475f., Pkt. 14; Nr. 358, S. 500f., Pkt. 2). Die in Worms anwesenden Stände erkannten vermutlich den symbolischen Zusammenhang wieder, ignorierten ihn aber geflissentlich.
111
 In Vertretung des weiterhin am Kaiserhof benötigten Pappenheim [Nr. 254] übernahm nach der Abreise des Kaisers der Untermarschall Friedrich Beyer dessen Aufgaben als Reichstagsfunktionär [Nrr. 262, Pkt. 11; 263, Pkt. 11].
112
 Laut dem reichsstädtischen Protokoll fand die Eröffnungssitzung des Reichstages im Kaisersaal des Wormser Rathauses statt [Nr. 260, Pkt. 2], was jedoch wenig wahrscheinlich ist. Der kursächsische Bericht legt nahe, dass am 23.4. in der bischöflichen Pfalz getagt wurde [Nr. 422, Pkt. 1]. Für die Pfalz spricht außerdem, dass die Stände dort beispielsweise am 10.6. eine Resolution an die ksl. Kommissare übergaben [Nr. 259, Pkt. 26]. Im Übrigen fanden die Beratungen der Stände allerdings wie 1495 und 1497 (Gollwitzer, RTA-MR VI, S. 369, 372) grundsätzlich auf dem Wormser Rathaus, dem Bürgerhof (vgl.Bönnen, Rathaus, S. 11f.), statt [z. B. Nrr. 260, Pkt. 3, 10, 11; 262, Pkt. 1, 11; 263, Pkt. 9]. Ebenso wurden in der Regel dort die Resolutionen sowohl der ksl. Kommissare als auch der Stände präsentiert [z. B. Nrr. 259, Pkt. 25; 260, Pkt. 13, 15; 262, Pkt. 21]. Das Plenum tagte wie 1495 (Angermeier, RTA-MR V/2, Nr. 1851, S. 1677; Reuter, Worms als Reichstagsstadt, S. 128) aller Wahrscheinlichkeit nach in der großen Stube, dem Rats- bzw. Kaisersaal.
113
 Helmrath, Reden, S. 281.
114
 Eröffnungsvortrag Kg. Maximilians, wohl 1.5.1507 (Druck: Heil, RTA-MR IX/1, Nr. 150, S. 274–290).
115
 Die übliche Kurienbildung wird in den Quellen nur vereinzelt erwähnt, z. B. im Zusammenhang mit den Beratungen am 22.5. [Nr. 262, Pkt. 1] und am 31.5. [Nr. 260, Pkt. 14Demnach traden … abgeschaiden.]. Sie ist in ihrer Bedeutung auch auf dem Wormser Reichstag vom Großen Ausschuss überlagert. Vgl. Heil, Reichstag, S. 254f.
116
 Vgl. Steinmetz, Politik, S. 117–120.
117
 Die Bürgerschaft bewertete die Anwesenheit des ihrer Ansicht nach überproportional stark mit Geistlichen, darunter zwei Wormser Domherren, besetzten Gerichts als Nachteil in ihrem Dauerkonflikt mit den Bischöfen von Worms (Smend, Reichskammergericht, S. 110; Petry, Bedeutung, S. 4).
118
 Man wird Diederichs (Kaiser, S. 52f.) und Ulmann (Kaiser II, S. 376f.) zustimmen müssen, dass der Kaiser in Worms – zumindest anfänglich – versucht hatte, „die Stände absichtlich über die Tragweite seiner Abmachungen im Dunkeln zu lassen“ (ebd.).
119
 Vgl. Tischer, Reichsreform, S. 700.
120
 Heil, RTA-MR VIII/1, Nr. 357, S. 498, Pkt. 4. Vgl. Schmid, Pfennig, S. 573f.; Wild, Steuern, S. 221f.; Lanzinner, Pfennig, S. 272f.
121
 Die Annahme von Hölbling (Maximilian, S. 61), dass anfänglich Gabriel Mördel (Straßburg) und Matthäus Neithart (Ulm) die Städte im Ausschuss vertreten hätten und Frankfurt nachnominiert worden sei, ist archivalisch nicht zu belegen. Vgl. Nr. 260, S. 380, Anm. 6.
122
 Nachweise siehe Nr. 261, S. 387, Anm. 11.
123
 Heil, RTA-MR IX/1, Nrr. 1517, S. 122–126; Nr. 150, S. 289 [Pkt. 26]; Nr. 166a, S. 336f. [Pkt. 13]; Nr. 166b, S. 342 [Pkt. 5]. Eine diesbezügliche Warnung an die Stände tauchte auch im ersten Reichstagsausschreiben vom 31.5.1508 noch einmal auf [Nr. 36, Pkt. 2].
124
 Vgl. Tischer, Kriegsbegründungen, S. 52.
125
 Nrr. 320, 408. Vgl. Ott, Präzedenz, S. 69f. Der unmittelbar anschließende Sessionsstreit zwischen Brandenburg und Pfalz, der beispielsweise am 28.5. den Auszug der Gesandten Mgf. Friedrichs aus dem Fürstenrat zur Folge hatte, wurde ebenfalls kurzfristig stillgelegt [Nrr. 262, Pkt. 11f.; 263, Pkt. 11–13].
126
 Nr. 273 [Pkt. 3 – Dieser begerten hilf … zymlich ansehe.].
127
 Druck: Scotti, Verordnungen Trier I, Nr. 38, S. 180–192; Würdtwein, Diplomataria II, Nr. CL, S. 411–422; Hirsch, Münz-Archiv VII, Nr. LII, S. 49–55; Hontheim, Historia II, Nr. DCCCLXXXI, S. 485–489.
128
 Nrr. 261 [Pkt. 22], 262 [Pkt. 20 – Uf des ... zu beslissen.].
129
 Bereits das Auftreten des für den gesamten Deutschen Orden, nicht nur für Preußen sprechenden Hochmeisters vor der Reichsversammlung wird angesichts der umstrittenen Reichsstandschaft als wichtiger Erfolg gewertet (Forstreuter, Ordensstaat, S. 39; Hofmann, Staat, S. 120).
130
 Tischer, Kriegsbegründungen, S. 89 Anm. 48.
131
 Vgl. auch Nr. 412 [Pkt. 2].
132
 Aufzeichnung vom 16.6.1509 [Nr. 483, fol. 39 – Aber mein gnst. herr … sondern wollen; fol. 37’–38 – Het mein gnst. herr … nit wollen pergen.]. Ein Straßburger Kommentar zu den Verhandlungen zieht, mutmaßlich in entschuldigender Absicht, sogar die quantitative Mehrheit gegen die Reichshilfe in Zweifel: „Minora saepe praeponderant maiora unitate.“ (Zusammenstellung der ständischen Argumente; lat. Kop.; AV Straßburg, AA 329, fol. 18–18’).
133
 Die Ankündigung der Kommissare in ihrem Bericht vom 5. Juni, den Kaiser darüber zu unterrichten, welche Stände wann (vorzeitig) vom Reichstag abreisen würden [Nr. 415], kann ebenfalls in diesem Sinne aufgefasst werden. Das ksl. Reichstagsprotokoll listet die an der Übergabe der Resolution beteiligten Personen – als mögliche Verantwortliche! – auf [Nr. 259, Pkt. 26]. Die mit der Übergabe betrauten Stände bzw. ihre Vertreter wichen allerdings in ihrer Zusammensetzung auffällig von der des Großen Ausschusses ab.
134
 Vgl. Nr. 472.
135
 Ihre Bereitschaft zur Fortsetzung der Verhandlungen durch Deputierte bekundeten die Reichsstände bereits am 3.6. [Nr. 279, Pkt. 6]. Am 6.6. meldeten dies auch die hessischen Gesandten nach Hause [Nr. 436].
136
 Kurtrier fehlt wahrscheinlich irrtümlich in der Aufstellung. Da sich Ebf. Jakob als letzter Reichsfürst noch bis Mitte Juni in Worms aufhielt, ist davon auszugehen, dass er durch seine Räte auch an den Ausschusssitzungen teilnahm.
137
 Vgl. Heil, Friedensproblematik, S. 52f.; Schliephake, Geschichte V, S. 516; Webern, Grafen, S. 122.
138
 Smend, Reichskammergericht, S. 105f.; Hausmann, Residenzen, S. 153; Prange, Reichskammergericht, S. 17.
139
 Vgl. Weber, Bemerkungen, S. 288–292. Der Umstand, dass Ebf. Uriel von Mainz bei seiner Abreise aus Worms am 12.6. die ksl. Siegel nicht, wie vorgesehen, dem Kammerrichter [Nr. 342], sondern zuerst an seinen Bruder, den Wormser Domdekan Erpho von Gemmingen, übergab [Nr. 418, Pkt. 1], ermöglichte jedenfalls die Ausfertigung des Reichsabschieds.
140
 Auch Sebastian von Rotenhan, Assessor am Reichskammergericht, wollte nur von einem „beschlus“ sprechen [Nr. 488, Pkt. 1].
141
 Als solcher wird er in einer ksl. Weisung [Nr. 514] und in einem Schreiben des Schwäbischen Bundeshauptmanns Matthäus Neithart [Nr. 489] bezeichnet. Das Reichstagsprotokoll der ksl. Kommissare gebraucht die tautologische Formel „Abschid und beslus“ [Nr. 303, Textkopf]. Der Rat der auf dem Wormser Reichstag vertretenen Stadt Mühlhausen spricht sogar von „dem abschied […], durch gemeine des Heilgen Reichs stende vorsamelunge beslossen“ (Or. Perg., dinstages nach Simonis et Jude apostolorum [30.10.]1509; ISG Frankfurt, Reichssachen II, Nr. 233, fol. [7–7’]).
142
 Der Wormser Visitationsabschied des Jahres 1514 verzeichnet unter explizitem Bezug auf 1509 entsprechend erhöhte Zuwendungen (Kop., HHStA Wien, RK RKG-Visitationsakten 315, Fasz. [1], fol. 1–51’, hier 34).
143
 Erwähnt in einer Weisung des Hochmeisters Friedrich von Sachsen vom 7.8. [Nr. 529] und in seinem Schreiben an Ebf. Uriel von Mainz vom 8.10.1509 [Nr. 531].
144
 Edition der Akten: Seyboth, RTA-MR XI/1, Nrr. 221224. Vgl. Matison, Politik, S. 450–474.
145
 Z. B. Hessen gegen Kurmainz [Nrr. 259, Pkt. 13; 561, Pkt. 3], Stadt Landau gegen Bischof von Speyer [Nrr. 123; 271, Pkt. 2; 366, Pkt. 1; 421, Pkt. 4], Schenken von Erbach gegen Hessen [Nrr. 259, Pkt. 14; 267, Pkt. 17; 326; 561, Pkt. 4; 562], Königstein gegen Hessen [Nrr. 164166; 259, Pkt. 12; 267, Pkt. 14; 421, Pkt. 7; 561, Pkt. 5].
146
 Dies gilt bspw. auch für Bf. Gabriel von Eichstätt in einer unbekannten Angelegenheit (Kredenzbrief für den bfl. Hofmeister Georg von Gumppenberg, Or. Eichstätt, sambstag nach inventionis crucis [5.5.]1509; HHStA Wien, Maximiliana 20, Konv. 3, fol. 107–107’).
147
 Als gesellschaftliches Großereignis war der Wormser Reichstag verglichen mit anderen Reichsversammlungen deutlich defizitär. Aufgrund der Abwesenheit des Reichsoberhaupts und – abgesehen von den Kurfürsten – der geringen Zahl persönlich teilnehmender Fürsten blieb die soziale Spitze der Reichsgesellschaft unterrepräsentiert. Der Kaiser fehlte als Initiator und zentripetales Moment der die Reichstage geradezu mitkonstituierenden Zeremonien und Feierlichkeiten. Man könnte überdies vermuten, dass angesichts des unerhörten Verlaufs der Reichstagsverhandlungen die Teilnehmer sich auch bewusst in Zurückhaltung übten. Prunkvolle Feste passten nicht recht zur Reichshilfeverweigerung.