Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
Nr. 903 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Luzern
[1.] Vortrag des kgl. Gesandten Dr. Hans Schad wegen der Truppenbewilligung für den Romzug; [2.] Uneinigkeit unter den Eidgenossen über die Truppenbewilligung; [3.] Forderung der französischen Gesandten nach Wahrnehmung der Bündnispflicht seitens der Eidgenossen.
Luzern, 26. Juli 1507 (mentag nach Jacobi).
Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 117–121 (Kop.) = Textvorlage A. Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 162’-164 (Kop., Datumverm.) = B. Bern, StA, A IV 10, pag. 199–201 (Kop.).
Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 282, S. 386–388.
[1.] [...]. Der Gesandte des röm. Kg., Dr. Hans Schad, erklärte vor der Versammlung das Unterbleiben weiterer Schritte von kgl. Seite nach der von neun Orten auf der Tagsatzung zu Zürich erfolgten Bewilligung [von Söldnern für den Romzug; Nrr. 234/246] mit der Notwendigkeit, zuerst eine Einigung unter den Reichsfürsten herbeizuführen. Da dies inzwischen geschehen sei, habe Zürich auf Wunsch des röm. Kg. einen Tag anberaumt; die Teilnehmer sollten sich am Abend des 8. August (sontag vor Laurentii) in ihren Herbergen in Zürich einfinden. Der kgl. Gesandte forderte die Eidgenossen auf, diesen Tag zu besuchen und einen Beschluß hinsichtlich der Bewilligung für den Romzug zu verabschieden; der röm. Kg. werde sich dann mit den Hauptleuten, Fähnrichen und Amtleuten einigen, damit der Zug vonstatten gehen könne.
[2.] Unter den Eidgenossen wurde die Meinung vertreten, daß die Truppenbewilligung für den röm. Kg. falsch sei, da dieser Mailand einnehmen wolle.1 Es stehe zu befürchten, daß eidgenössische Knechte auf beiden Seiten stehen würden. Um Uneinigkeit unter den Eidgenossen zu verhindern und das Bündnis mit dem frz. Kg. zu halten, wurde beschlossen, am 6. August (freitag vor St. Lorenzen tag) einen Tag in Luzern abzuhalten, um sich zu verständigen, welche Haltung man im Interesse der Eidgenossenschaft in Zürich einnehmen soll. [...].
[3.] Die französischen Gesandten bestanden auf der Wahrnehmung ihrer Bündnispflichten durch die Eidgenossen und auf der Stellung von Knechten im Verteidigungsfall, was bereits auf früheren Tagen erbeten wurde. [...].
Nr. 904 Ausschreiben Zürichs an die eidgenössischen Orte
Der röm. Kg. ließ durch seinen Gesandten Dr. Hans Schad mitteilen, daß er, nachdem ihm die Eidgenossen Knechte für seinen Romzug zur Erlangung der Kaiserkrone zugesagt hätten, mit den Reichsständen darüber und über den Reichsanschlag beraten habe und man erst dieser Tage einig geworden sei. Die Angelegenheit erfordere weitere Verhandlungen und eine verbindliche Vereinbarung, damit die Truppenführer und andere Teilnehmer am Romzug Anweisungen für den Anmarsch und andere Einzelheiten hätten. Der Kg. ersuche sie, Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich, deshalb, einen eidgenössischen Tag auszuschreiben.
Bitten sie, ihre ausreichend bevollmächtigten Gesandten nach Zürich zu schicken. Diese sollen sich am Abend des 8. August (sontag vor St. Lorenzen tag) in ihren Herbergen einfinden. Der röm. Kg. wird ebenfalls Räte zu dieser Versammlung abordnen.1
Zürich, 26. Juli 1507 (mentag nach St. Jacobs tag apostoli).
Luzern, StA, AKT A 1 F 1, Schachtel 56, unfol. (Or.) = Textvorlage A. Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 131–132 (Or.) = B.
Nr. 905 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Luzern
[1.] Teilnehmer an der Tagsatzung; [2.] Haltung der Eidgenossenschaft gegenüber Kg. Maximilian und Kg. Ludwig von Frankreich.
Luzern, 7. August 1507 (samstag vor Laurenty).
Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 141–142 (Kop., Datumverm.) = Textvorlage A. Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 164–164’ (Kop., Datumverm., abweichende Reihenfolge) = B. Wien, HHStA, Schweiz, Kart. 2, Fasz. 2, fol. 122 (Kop., Datumverm.) = C. Bern, StA, A IV 10, pag. 206–207 (Kop., Datumverm.).
Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 283, S. 388f.
[1.] a–Teilnehmer: Zürich: Bürgermeister [Matthias] Wyss, Konrad von Kusen; Bern: Hans Rudolf von Scharnachtal, Ritter, Venner Kaspar Wyler; Luzern: Schultheiß [Jakob] Bramberg, Schultheiß [Petermann] Feer, Ritter, Spitalmeister [Ludwig Küng], Peter Zukäs; Schwyz: Meinrad Stadler, Martin Gössi; Zug: Ammann [Werner] Steiner, [Heinrich] Oelegger; Unterwalden: Ammann [Peter] Wirz; Glarus: [Ulrich] Landolt; Basel: Bürgermeister [Peter] Offenburg; Fribourg: Schultheiß Franz Arsent, Ritter, Wilhelm Reiff; Solothurn: Schultheiß Niklaus Conrad, Altschultheiß Daniel Babenberg, Benedikt Hugi d. J.; Schaffhausen: Bürgermeister [Hans] Trüllerei, Bürgermeister [Konrad] Barter–.
[2.] [...]. Der Tag wurde wegen des Konflikts zwischen dem röm. Kg. und dem frz. Kg. anberaumt, deren Gesandte vor der Tagsatzung erschienen sind. b–Die Gesandten des röm. Kg. forderten den Vollzug des Abschieds von Zürich [Nrr. 234/246]. Die französischen Gesandten bestanden auf der Einhaltung des bestehenden Bündnisses und der demgemäßen Leistung von Hilfe für den Fall eines Angriffes auf die Hmm. Mailand oder Burgund.
Die neun Orte, die dem röm. Kg. die Stellung von Truppen für den Romzug bewilligt hatten [Nrr. 234/246], erklärten hierauf, daß ihnen gegenüber Mailand bislang nicht erwähnt worden sei, daß sie niemanden schädigen und insbesondere nicht gegen das Bündnis mit dem frz. Kg. verstoßen wollten.1 c–Ihre Gesandten ersuchten die Vertreter der übrigen drei Orte2, nicht von dem nach Zürich anberaumten Tag fernzubleiben, sondern dort mitzuberaten, was dem Lob und der Ehre der Eidgenossenschaft diene–. Es wurde beschlossen, daß jeder Ort den Zulauf seiner Knechte für die beiden Kgg. unterbinden solle, bis man sich über die Angelegenheit geeinigt habe–b.
Nr. 906 Auszug aus der Luzerner Bilder-Chronik Diebold Schillings
Aufzeichnung über den eidgenössischen Tag zu Luzern (5.-7. August).
Druck: Schilling, Bilderchronik (Schmid), S. 368–372 = Textvorlage A. Ders., Bilderchronik (Durrer/Hilber), S. 153f. = B.
Wie ein tag in miner heren von Lucern statt uff anruͤffen der Frantzosen gesetzt ward, ein underred ze haben etc.
Da aber Pyr Loyen und Rocka Martin1, ouch ettlich, die inen gunst truͦgend, beduͦcht, des Roͤmschen küngs sachen woͤlten fürbraͤchen und das die IX ort so treffelich daran warend, rittend sy gan Baͤrn und an andre end, spartend ouch kein costen, sy ze bitten, moͤcht es je nit anders sin, das man doch dem hertzogthuͦm Meyland on schaden zuge. Das tribend sy und machtend nuͦ sovil, das dennocht ein tag darumb ward angesetzt uff sant Oswaldentag [5.8.], zuͦ Lucern ze nacht an der herberg ze sin und sich deshalb zuͦ underreden, wie jederman die sach und des küngs anschlag zuͦ Costentz verstanden hat. Wann ein teil meint, man woͤlt mit gewalt durch das hertzogthuͦm ziehen; der ander meint aber, man soͤlte dem hertzogthuͦm on schaden ziehen und mit willen des küngs von Franckrich. Aber damit man alwegen by der warheit bestande, so ist war, der Roͤmsch küng hatt im willen, uff dem Romzug Meyland wider zuͦ des Richs handen und anders ouch mit inzenaͤmen, und dz selb den Eitgnossen geseit. Wann der küng von Franckerich hat sich verschriben, hertzog Philippen, des printzen saͤligen, sun [Hg. Karl] sin tochter [Claudia] und Meyland darzuͦ ze gaͤben2, und aber sin brieff und sigel nit gehalten, sundern einem andern [Hg. Franz von Orléans] die tochter vermaͤhelt. Und was aber die pen daruff, wa er das nit hielte, das nüt am lechen sin und er sin gelt solt haben umbsunst ußgaͤben, das aber ein stuck, so dem Roͤmschen küng vom küng von Franckerich ze leid was geschaͤhen. In dissen dingen wundert ouch vil lüten vast übel, warumb der Roͤmsch küng sin bottschafft nit ouch in der Eitgnosschaft oder uff obgestimpten tag verordnet haͤtte, darby man doch sin ernst mit dem Romzug moͤchte spüren und verstan. Und also ward dennocht sovil von der sach gerett und dem Roͤmschen küng sollichs kuntgetan, das er daruff verordnet mit gantzem vollem gewalt den bischoff von Wallis, heren Mathe, der damaln by im zuͦ Costentz und vast wol verdienet was, und inn gan Lucern uff sollichen tag schickt. Und wie gar vil lüten dazemal dem küng von Franckerich stimpten, so zoch man doch dem bischoff von Wallis in miner heren statt Lucern engegen und entpfiengend inn loblich in namen und alß des Roͤmschen küngs bottschafft. Hievor hatt man ouch gehoͤrt, wie der küng von Franckerich sich in disser sachen nüt vesters und allermeist clagt dem Roͤmschen küng zuͦ widerdrieß, wann dz er meint, der Roͤmsch küng woͤlt understan, das hertzogthuͦm Meyland inzenaͤmen, über das er im hunderttusend guldin umb das lehen hatt gaͤben etc. Wie aber demnach dem küng von Franckerich die sachen gevielend, wust der gemein man nit wann sovil, das er demnach sin treffelichen bottschafft gan Costentz schickt für die Roͤmsch künglich maiestat, und begaͤrt da das lehen ze bestaͤten, dem er aber vor nit genuͦg getan und sin verschribung nit gehalten hatt, wolt da dem Roͤmschen küng noch einest hunderttusend guldin han geben. Im ward aber von im dazemal kein antwurt.
Wie Rocka Martin gan Lucern kam und man im so erlich engegen zoch, ouch wie der tag da ward geleistet.
Glich nach dissen dingen am fritag vor sant Laurentzentag [6.8.] anno domini MCCCCC und VII, alß der bischoff von Wallis gan Lucern komen und man im erlichen gegengezogen was, kam Rocka Martin ouch dahin, dem vil me lüten dann dem bischoff engegenzoch; und beduͦcht min heren von Lucern, die sach woͤlte zuͦ argwaͤnig zuͦgan und me uß nid dann uß gunst. Darumb verbuttend min heren beiden partien, ruͦw ze haben, wann sy giengend einander in der statt ze tratz mit pfiffen und trummen umb, dz aber min heren lenger nit liden, sunder woltend vil geschreys und nachred absin. Sy liessend aber sunst jederman guͦt geselschafft haben und schluͦgend das nieman ab.
Und also am samstag vor Laurency [7.8.] warend aller Eitgnossen botten zuͦ Lucern mit gantzem gewalt, da volkomen antwurt ze gaͤben, wie oder in welher gestalt man mit dem Roͤmschen küng gan Rom ziechenn woͤlte. Ure und Underwalden suͦchtend aber den tag nit. Und uff das was diß der andern siben orten antwurt, und sunderlich dero von Zürch, Bern, Friburg und Soloturn, dz sy nit anders mit dem Roͤmschen küng woͤlten ziechen dann dem hertzogthuͦm Meyland oder dem küng von Franckerich on schaden. Ouch wolt Ure und Underwalden on alle fürwort ziehen und darumb kein tag me leisten. Desglich woltend ouch die andern ort ziehen, wie sy zuͦgeseit hatten und wa er hinzug. Doch ward mit ettlich orten gerett, die nüt mit der sach woltend ze schaffen han, das sy luͦgtend und inmassen die sach hindertend, wann sy woͤltend in kein krieg me mit dem Roͤmschen küng kommen noch des erwarten. Darnach soͤltend sy sich wüssen ze richten. Und also fuͦrend die botten gan Zürch, die sach ze beschliessen.
Nuͦ was der bischoff von Wallis nit lenger dann vier tag zuͦ Lucern. Da kam im ein bott über den andern, ylendz heim ze komen, dann er wz by XIIII wochen ußgewaͤsen. Und besorgtend die Walliser, wa der Roͤmsch küng und die Eitgnossen nit eins, das denn sy darinn von Eitgnossen verachtett. Deshalb sy nit wol zefriden warend, und wurdent ze rat und angefochten, iren heren heim ze fordern. Und also fuͦr er schnell von Lucern. Daselbs ließ er etwz geltes ettlichen personen für ein erung, ze teilen von raͤten und hunderten. Wie aber sollichs geteilt oder ußgaͤben, kond nieman mercken anders, wann dz ein grosser unwill daruß ward. Und leitend die lüt erst den ungunst an den Roͤmschen küng, wie[wohl] er unschuldig, wann das, so man an in gefordert hat, wz geben, aber untrüwlich geteilt.
Und uff dem tag Zürch hattend die Frantzosen ir pratick sollichermaß getriben, das die Eitgnossen kein vollkomne entlich antwurt me kondend geben, wann sy meinten, man haͤtte die sach anfenglich nit also verstanden. Und also leitend sy demnach über XIIII tag ein andern tag gan Zürch, da entlich antwurt ze geben.
Nr. 907 Profranzösisches Bedenken eines Anonymus zur Romzughilfe für Kg. Maximilian
Argumente für den Widerruf der auf dem Züricher Tag (Juni 1507) gemachten Zusage von Söldnern für den Romzug.
s.l., s.d., jedoch vermutlich auf der Luzerner Tagsatzung (5.-7. August 1507) vorgelegt.1
Bern, StA, A IV 10, pag. 213–218 (Kop., Überschr.: Dis ist ein meynung und vergriff der artikeln, durch weliche die großmächtigen Hh., die Eydgnossen, sich tougentlich und erlich mit lob entschuldigen und abträten mögen von dem beschluß, ze Zürich uf gehaltnen tag des manetz Juny nächst verschinen, dem röm. Kg. lut ze geben zu sinen romzug, die ksl. kron zu erholen.) = Textvorlage A. Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, A,G 1,5, pag. 89–94 (Kop., Überschr. wie A) = B.
Druck: Eidgenössische Abschiede III/2, S. 392–394; Anshelm, Chronik III, S. 35–38.
1. Der Abschied [zu Zürich; Nr. 234] beruht auf den Verhandlungen in Schaffhausen und Konstanz. Dort wurde in Gegenwart des röm. Kg. und durch ihn selbst erklärt, seine Absicht sei, die ihm zustehende Kaiserkrone zu erlangen. Wahr ist, daß die Eidgenossen inzwischen von einer anderen Zielsetzung des Zuges erfahren haben. Deshalb ist die aufgrund falscher Angaben auf dem Züricher Tag zustandegekommene Zusage nichtig.
2. Der röm. Kg. sollte seinen vorgeblichen Romzug zur Erlangung der Kaiserkrone mit friedlichen Mitteln durchführen. Statt dessen ist offenkundig, und die Eidgenossen haben davon zuverlässige Kenntnis, daß er sich mit einem merklichen zug und grosser macht als ein uberkomer der cristen ertrichs mit buchsen und geschütz, ouch andern schinbaren tiranischen kriegsrustongen, so wider die in befellen und ouch wider die er Gottes, sich erzöigt. Auch deshalb ist die Zusage berechtigterweise nichtig.
3. Diese Zusage wurde zu Ehren des Reiches und zur Erlangung der Kaiserkrone gemacht, und nicht, um einem anderen Herrscher Schaden zuzufügen. Dies wäre für die Eidgenossen und für das Reich unehrenhaft und nachteilig und gilt es zu verhindern.
4. Die Kaiserkrone wird verliehen als Gleichnis und zu Ehren der Krone Jesu Christi. Sie ist gesegnet gegen die Ungläubigen zum Wohl der Christenheit. Falls der röm. Kg. sie mit Christenblut befleckt, würde es als Verstoß gegen den christlichen Glauben der Eidgenossen angesehen, wenn sie ihn dabei begleiten. Deshalb ist die Zusage berechtigterweise zu widerrufen.
5. Die Eidgenossen wissen, daß die Kss., insbesondere Ks. Friedrich (III.), aus gutem Grund darauf verzichtet haben, mit einem großen Truppenkontingent nach Rom zu ziehen, weshalb sie dies auch nicht unterstützen sollten. Dies wäre gegen ihre Ehre und die Ehre der ganzen Christenheit wie auch zum Nachteil des Reiches. Deshalb ist der Beschluß berechtigterweise zurückzuziehen.
6. Der Papst wird die Kaiserkrone nur jemandem geben, der sie in Andacht und ohne Vergießen christlichen Blutes holt. Andernfalls wird er nicht auf den röm. Kg. warten, sondern sich in die Engelsburg zurückziehen. Dies wäre für die Christenheit schädlich und für alle, die den Kg. dabei begleiten, schändlich.
7. Die Eidgenossen sind informiert, daß der röm. Kg. den Kg. von Frankreich, ihren Freund und Bundesgenossen, angreifen und das Hm. Mailand an sich bringen will. Würde die bewilligte Hilfe geleistet, verstieße dies als Bruch des Bündnisses gegen die Ehre der Eidgenossenschaft.
8. Die Eidgenossen haben den Anspruch des frz. Kg. auf das Hm. Mailand anerkannt, ihm bei dessen Eroberung geholfen und sich verpflichtet, ihn ggf. bei dessen Verteidigung zu unterstützen.
9. Man ist über das Angebot des frz. Kg. zu einem friedlichen Durchzug Kg. Maximilians durch das Hm. Mailand mit Verpflegung seines Gefolges und in allen Ehren, sofern dieser ohne Waffen kommt, unterrichtet. Der röm. Kg. benötigt also einen großen Heereszug und die Hilfe der Eidgenossen nicht für einen Zug nach Rom zur Erlangung der Kaiserkrone, sondern für einen Betrug, der die Ehre der Eidgenossenschaft befleckt, wenn sie ihm dabei hilft. Denn die Eidgenossen wissen, daß ein Krieg unvermeidlich ist, wenn der röm. Kg. mit Heeresmacht und mit ihrer Unterstützung seinen Zug unternimmt. Sie würden dadurch wortbrüchig. Denn sie kennen die bösen Absichten des röm. Kg.
10. Die christlichen Eide sind das Fundament allen Friedens. Wenn sie nicht gehalten werden, sind kein Fürst und keine Obrigkeit mehr sicher. Da die Eidgenossen dem frz. Kg. einen christlichen Eid geschworen haben, müssen sie ihn auch halten.
11. Die Eidgenossen haben ihre Eide anfangs alle fünf Jahre erneuert, und damit ihre Freundschaft, wodurch sie sich ihrer Feinde erwehren konnten. Aus dieser Treue und gegenseitigen Hilfe ist ein fruchtbarer Baum mit vielen Ästen und Früchten erwachsen. Entsprechend sollen die Eidgenossen auch den Vertrag mit dem frz. Kg. halten und nicht Brief und Siegel brechen. Für die Dauer des Bündnisses ist der frz. Kg. ein Mitglied der Eidgenossenschaft, der ihnen viel Gutes erwiesen hat und es von seiner Seite an nichts fehlen ließ. Also offenbar, wo die Hh. Eydgnossen dawider handleten, reichte zu ir kindz kinden schand und laster.
12. Wenn der röm. Kg. den Eidgenossen so wohlgesonnen wäre, wie er behauptet, würde er sie nicht bedrängen, durch den Bruch des beschworenen Bündnisses mit Frankreich gegen ihre Ehre zu verstoßen. Sie würden für wortbrüchige Leute gehalten, denen weder er noch andere vertrauen könnten. Der frz. Kg. würde auf ewig ihr Feind, mit dem Ziel, die Eidgenossenschaft zu zerstören. In Anbetracht dieser Aspekte muß die in Zürich gemachte Zusage widerrufen werden.
13. Dis obgenanten zwölf artikel sind gemacht und gesetzt in der er und figur der zwölf stucken cristenlichs globens, die da hand die zwölf boten zusamengefügt. Wie diese zum Seelenheil der Christen dienen, werden durch die obigen Artikel die Ehre und der gute Namen der Eidgenossen gefestigt. Er, der Verfasser, ruft Gott zum Zeugen, daß diese Artikel gegen niemandes Recht verstoßen, sondern allein der Wahrheit dienen.
Nr. 908 Instruktion Kg. Maximilians für Christoph Schenk von Limpurg (kgl. Rat, Schwäbischer Bundeshauptmann) als Gesandten zur eidgenössischen Tagsatzung in Zürich
Sie1 sollen den eidgenössischen Räten und Stadtboten mitteilen, daß wir inen auf den jungsten abschid, so wir, auch die Kff., Ff. und stende des Hl. Reichs zu Zurich mit inen aufgericht und gemacht haben [Nr. 246], denselben abschid also gefertigt hiemit zuschicken. Und wiewol wir genaigt gewesen weren, solchen abschid furderlicher zu fertigen und inen zuzuschicken, so het doch solchs uns und des Hl. Reichs merklichen sachen und gescheft halben, damit wir dise zeit beladen gewesen, auch der handlung halben umb die hilf bey des Reichs stende[n], die uns nu zumal trefflich und in guter anzal zugesagt sey, nit eer beschehen mugen. Und ob gemain Aidgnossen anfechten, das solher abschid von den stenden des Reichs auch besiglt sein, sollen inen die gemelten unser rete antwurten und anzaigen, das die gewonheit nit sey in dem Hl. Reich, das niemands von des Reichs wegen dann allein ein röm. Kg. in solchen und dergleichen sachen sigel. Dann sy selbs wissen, das die Ebff. von Menz, Coln und Trier, wiewol sy Kff. und in dreyen Kgrr. canzler seyen, so haben sy doch kein ander sigl dann aines röm. Kg.
Laut Züricher Abschied sind bezüglich der Offiziere und anderer Doppelsöldner weitere Verhandlungen vorgesehen. Die Gesandten sollen seine Erwartung äußern, daß die Eidgenossen in diesem Punkt guten Willen zeigen.2
s.l., s.d., jedoch Konstanz, nach dem 26. Juli, vermutlich 8. August 1507.
Wien, HHStA, Schweiz, Kart. 2, Fasz. 2, fol. 137–137’ (unvollständiges Konz.).
Nr. 909 Verschreibung Kg. Maximilians für Bf. Matthäus von Sitten und Georg auf der Flüe (Supersaxo)
Er hatte Bf. Matthäus von Sitten und Georg auf der Flüe befohlen, sich um Hilfe zu bemühen, damit er und die Söhne Hg. Ludovico Sforzas [Massimiliano und Francesco] wieder in das ihnen zustehende Hm. Mailand und die Gft. Pavia eingesetzt werden. Zu diesem Zweck wurden sie bevollmächtigt, den Eidgenossen insgesamt, aber auch einzelnen Orten oder Personen sowie anderen Kommunen oder Personen, die ihnen dafür geeignet scheinen, auf Lebenszeit Provisionen aus zu konfiszierenden mailändischen Gütern französischer Parteigänger im Gesamtwert von bis zu 310 000 fl.rh. zuzusagen, wie dies eine den beiden Gesandten ausgehändigte und von diesen jetzt zurückgegebene kgl. Urkunde [Nr. 52] besagt. Er hat sich gegenüber Bf. Matthäus und Flüe verpflichtet, ihre gemäß zweier vorgelegter Verzeichnisse, eines über die Provisionen, eines über die zu konfiszierenden Güter, gemachten Zusagen nach der Rückgewinnung des Hm. Mailand zu vollziehen. Doch sollen nur diejenigen Nutznießer bedacht werden, die die versprochene Hilfe auch tatsächlich geleistet haben.
Konstanz, 8. August 1507.
Wien, HHStA, Schweiz, Kart. 2, Fasz. 2, fol. 123–124’ (Konz. mit ex.-Verm., Kanzleiverm.: Symon1, schreib den brief von stund an auf pergamen und ubersich nichts. B.).
Druck: Büchi, Korrespondenzen I, Nr. 96, S. 72–74.
Nr. 910 In Zürich versammelte eidgenössische neun Orte1 an Luzern, Zug und Glarus
Erinnern daran, daß die neun Orte dem röm. Kg. gegen Bezahlung die Stellung von Söldnern für den Romzug zur Erlangung der Kaiserkrone zugesagt haben. Sie sind jetzt hier versammelt, um diesbezüglich einen Beschluß zu fassen. Nun heißt es aber, daß die im Land befindlichen Franzosen versuchen, die eidgenössischen Knechte zum Ungehorsam gegen ihre Obrigkeiten zu bewegen und sie als Söldner für ihren Kg. zu gewinnen. Dies wäre der Eidgenossenschaft schmählich und würde ihr üble Nachrede eintragen. Auch hätte es langfristige Konsequenzen. Sie bitten sie nachdrücklich im Interesse des Wohles und der Ehre der Eidgenossenschaft, den Knechten unter Strafandrohung zu verbieten, daß sy sich wider uns, noch diesen erlichen zug und zu dem frankrichischen Kg. dheinswegs rusten noch erheben. Sie werden ihnen den Abschied nach Abschluß des Tages eröffnen, in der Erwartung, daß sie sich ihnen in dieser Sache noch anschließen werden.
Zürich, 12. August 1507 (donstag nach Larency).
Zürich, StA, B IV 2, Stück-Nr. 42 (Konz.) = Textvorlage A. Luzern, StA, TG 114, unfol. (Or., Adressat: Schultheiß und Rat der Stadt Luzern) = B.
Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, S. 392 (irrtümlich unter dem 14.8.1507).
Nr. 911 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Zürich
[1.] Teilnehmer an der Tagsatzung; [2.] eidgenössische Angelegenheiten; [3.] Verhandlungen mit Gesandten Kg. Maximilians über die eidgenössische Truppenbewilligung für den Romzug; [4.] Erneuerung des Verbots zur Anwerbung von eidgenössischen Söldnern gegenüber den Gesandten Kg. Ludwigs von Frankreich; Aufforderung an die Orte Luzern, Zug und Glarus zur Befolgung dieses Beschlusses.
Zürich, 16. August 1507 (mentag nach Laurenti).
Zürich, StA, B VIII 84, fol. 128–129, 196–196’, 201–201’ (Kop.) = Textvorlage A. Bern, StA, A IV 10, pag. 208–211 (Kop., nur Pkt. 3/4) = B. Luzern, StA, AKT A 1 F 1, Schachtel 53, Fasz. Maximilian I., unfol. (Kop., nur Pkt. 3/4) = [C]. Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 125f., 99–102 (Kop., nur Pkt. 3/4 und Teile von Pkt. 2) = [D]. Schaffhausen, StA, Tagsatzung 1507, unfol. (Kop., nur Pkt. 3/4). Bern, StA, A V 1430, Nr. 38 (Kop., nur Pkt. 3/4).
Regest/Druck: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 284, S. 389–391.
[1.] Teilnehmer: Zürich: Bürgermeister [Marx] Röist, Bürgermeister [Matthias] Wyss, Gerold Meyer von Knonau, Konrad von Kusen; Bern: Hans Rudolf von Scharnachtal, Ritter, Luzern: [nicht vertreten]; Uri: Vogt [Hans] Schüeli, Heinrich Göltschi; Schwyz: Meinrad Stadler, N. Marti; Unterwalden: Ammann [Andreas] zun Höfen, Ammann [Hans] Kretz; Zug: [nicht vertreten]; Glarus: [nicht vertreten]; Basel: Bürgermeister [Peter] Offenburg; Fribourg: Schultheiß Franz Arsent, Ritter, Niklaus Reiff; Solothurn: Schultheiß [Niklaus] Conrad, Benedikt Hugi d. J.; Schaffhausen: Bürgermeister [Hans] Trüllerei, Bürgermeister [Konrad] Barter.
[2.] [...]. Felix Grebel bat um Einsetzung als Hauptmann des Kontingents des Rheintals für den Fall, daß der Romzug stattfindet. Die [Vertreter der Landvogtei Rheintal] widersprachen und machten geltend, daß sie über die Offiziers- und anderen Kriegsämter selbst zu bestimmen hätten. Es wurde beschlossen, daß sich die Orte bis zur nächsten Tagsatzung entscheiden sollen, ob die Vögte solche Ämter wahrnehmen dürfen oder sich mit der Verwaltung ihrer Vogtei begnügen sollen. [...]. Jeder Bote kennt die seltsamen Reden, die wegen der umherziehenden Knechte geführt werden. Es ist zu besorgen, daß sie aufgewiegelt und dem frz. Kg. zugeführt werden. Die Folgen kann jedermann abschätzen. Jeder Ort soll ernste Gegenmaßnahmen ergreifen. Luzern, Zug und Glarus werden schriftlich dazu aufgefordert [Nr. 910]. Die frz. Gesandten wurden ernstlich ermahnt, weder selbst noch durch Dritte eidgenössische Knechte anzuwerben.
[3.] Die neun Orte Zürich, Bern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Basel, Fribourg, Solothurn und Schaffhausen haben dem röm. Kg. und den Ständen des Hl. Reichs 6000 Knechte für den Romzug zur Erlangung der Kaiserkrone zugesagt. Dieser Tag wurde vom röm. Kg. angesetzt, um abschließend die Einzelheiten zu regeln. Vor der Versammlung erschienen als kgl. Gesandte Degen Fuchs von Fuchsberg (Hauptmann zu Kufstein), Hans von Reichenburg (Hauptmann zu Rann), Jakob von Landau (Landvogt in Schwaben, Hauptmann zu Cilli), Hans von Königsegg (Vogt zu Feldkirch) und Dr. Hans Schad mit kgl. Kredenzschreiben und erklärten, warum der Kg. sie bisher aufgehalten habe und daß [auf dem Konstanzer RT] erst kürzlich der Abschied zwischen Kg. und Reichsständen ergangen sei. Der Kg. habe sie auf der Grundlage der Abschiede von Schaffhausen [Nr. 217], Konstanz [Nr. 229] und Zürich [Nrr. 234/246], laut derer die Eidgenossen die Stellung von Truppen für den Romzug bewilligt hätten, abgefertigt, um verbindliche Vereinbarungen über den Zeitpunkt des Abmarsches, die militärischen Ämter und andere Punkte zu treffen und verabredungsgemäß die entsprechenden, von kgl. Seite bereits besiegelten Verträge und sonstigen Schriftstücke zur Gegensiegelung an die Eidgenossen zu übergeben.
Die eidgenössischen Gesandten wiesen darauf hin, daß die von ihnen vertretenen Orte nach dem Züricher Tag erfahren hätten, daß der geplante kgl. Zug sich gegen den frz. Kg. richte, dem Mailand und andere Besitzungen abgenommen werden sollten. Der röm. Kg. und die Reichsstände hätten dies an den frz. Kg. geschrieben. Bei den Eidgenossen habe es bislang geheißen, der Zug gehe nach Rom zur Erlangung der Kaiserkrone. Etwas anderes müßten sie ablehnen. Die kgl. Gesandten wüßten, daß die Eidgenossen mit dem frz. Kg. verbündet seien und ihre Knechte nicht gegen diesen einsetzen könnten. Weder in Konstanz noch in Zürich sei ihnen zu verstehen gegeben worden, daß das Unternehmen gegen den frz. Kg. und Mailand gerichtet sei. Sie bäten um Aufschluß darüber. Erneuern im übrigen ihre Zusage, dem röm. Kg. beim Romzug zur Erlangung der Kaiserwürde zu helfen und ihm gegen diejenigen beizustehen, die ihn daran hindern wollten; doch dürfe sonst niemand dabei geschädigt werden.
Die kgl. Gesandten kritisierten die für den Kg., die Reichsstände und sie selbst unerwartete Wendung. Sie seien auch nicht anders instruiert, als die Einzelheiten zu regeln und die besagten Schriftstücke auszutauschen. Im übrigen wollten sie ihnen gerne näheren Aufschluß geben, soweit sie selbst über die Angelegenheit informiert seien: Das were, das röm. kgl. Mt. were sunders willens nit anderst dann gen Rom, ksl. kron zu erlangen; da were von alter harkomen, das ein röm. Ks. die ysiny oder steheli kron empfinge zu Meiland und im die porten abgebrochen, och pass durch die land, spiß und alle notturft umb das gelt gegeben worden. Und, als sy in Lamparten wißden, wie von alter harkomen were, in in aller gepure als sin vorfarenden Kss. empfahen solten, ob er dahin keme.1 Oba nun im jeman das sperren, als zwar sy nieman wißden, der wider disen romzug und die ksl. kron sin wolte dann allein der frankrichisch Kg., der ruste sich och merklich, bräche oder schlisse etliche dorfer und machte dann etlich vestinen, versehe sich och mit volk und gezug, des er nit bedorfte, wo er wider sy nit sin wolte. Und das röm. kgl. Mt. also verdingt konde hininziehen, konde sy nit, sunder wurde er hininziehen unverdingt [und] fry und erwarten, wer dawider tun welt, darzu solten wir als glider und verwanten des Richs billich helfen, als och wir hievor zugesagt hetten. Und als angezogen wurd ein geschrift, so dem Franzosen zugeschickt sin solt, desselben hetten sy nit wissen, aber sy hetten umb erfarung desselben geworben. Was bericht inen deßhalb komen wurd, wölten sy uns nit verhalten. Nun furen die Franzosen allenthalb in unsern landen und saytind iren bosen somen under uns mit gelt ußgen und iren erdichten, erlognen, falschen worten, dadurch sy uns mechten bewegen, disem erlichen zug wider ze sind. Sy stunden och nit ab, hetten ir hoptlut gesetzt, die knecht ufzewiglen und hinzufuren, als sy och wißden, das sy yetz etlich gelt ußgegeben hetten. Darumb were ir beger von röm. kgl. Mt. wegen, wir wolten bi unserm vorigen zusagen on endrung bliben, deßglich die Franzosen hintryben und bi uns bestellen und verkomen, das das hinloufen uf die franzosischen siten wurd abgestelt zum hochsten.
Die eidgenössischen Gesandten erneuerten bei den folgenden Verhandlungen ihre Hilfszusage, während die kgl. Vertreter noch einmal auf ihre Instruktion verwiesen. Die Eidgenossen beschlossen Berichterstattung an ihre Obrigkeiten. Um die Verhandlungen zum Abschluß zu bringen, wurde ein erneuter Tag nach Zürich anberaumt. Die Gesandten sollten sich am Abend des 30. August (mentag nach St. Bartholomeustag) in ihren Herbergen einfinden.
[4.] Es ist och mit den Franzosen geredt zum treffenlichsten, das sy unser Eidgnosschaft knecht nit ufwiglen und hinfüren, och das nieman zu tun bevelhen und die unsern nit understanden, ungehorsam zu machen, wider disen zug und wider uns ze sind. Dann ob sy das täten, wurde es ein sach sin, so uns nit zu erdulden were und wider die kron Frankrich großlich sin mocht.
Die Tagsatzung forderte die Orte Luzern, Zug und Glarus schriftlich auf, daß sy den iren nit wöllen gestatten, sonder bi dem höchsten verpieten an er, lib und gut, das sy wider disen erlichen zug noch zum frankrichischen Kg. nit ziehen [Nr. 910]. Wir haben och in unser aller stetten und lendern berurter maß verpoten, und in etlichen orten under uns ist och das verschworen zu Gott und den heiligen.2
Es wurde beschlossen, daß jeder Ort in Anbetracht der Wichtigkeit der Angelegenheit zwei Gesandte zur nächsten Tagsatzung abfertigen soll.
Nr. 912 Kg. Maximilian an Schultheißen und Räte der eidgenössischen Orte
Gemäß dem Abschied der letzten Tagsatzung [Nr. 911, Pkt. 3] wurde seinen Gesandten auf den 30. August (montag nach St. Bartholmes tag) ein neuer Tag anberaumt. Er hatte die Absicht, daran teilzunehmen, war aber zum Zeitpunkt der Rückkehr seiner Räte bereits aus Konstanz abgereist und erhielt erst heute Kenntnis von diesem Beschluß. Da er den Abschied erwägen muß, er auch derzeit mit anderen wichtigen Angelegenheiten befaßt ist, die sich seiner Hoffnung nach auch günstig auf die Verhandlungen mit ihnen auswirken werden, und sich einige der vorgesehenen Gesandten derzeit wegen anderer Geschäfte nicht am Hof aufhalten, ist dieser Termin zu kurzfristig. Ersucht sie um dessen Verschiebung, bis er die bewußten Angelegenheiten erledigt hat, worüber er sie dann unverzüglich informieren wird. Sie sollen auch inzwischen dafür Sorge tragen, daß ihre Knechte sich nicht in fremde Dienste begeben.1
Staufen/Allgäu, 19. August 1507.
Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 135–136 (Or., Verm. amdrp.) = Textvorlage A.
Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, S. 392.
Nr. 913 Bericht Dr. Vincenzo Querinis an den Dogen von Venedig
[1.] Mitteilungen Matthäus Langs über den eidgenössischen Tag in Zürich; [2.] Gegner der Italienpläne Kg. Maximilians unter den eidgenössischen Orten.
Venedig, BM, Cod. marc. ital. VII/989 (= 9581), fol. 82’-83’ (ital. Kop.; Postverm.: Per cursorem Augustensem.) = Textvorlage A. Venedig, BFQS, Cl. IV, Cod. V (= 769), fol. 151’-152 (ital. Kop.; Postverm. wie A) = B.
Referiert bei: Lutz, Querini, S. 208f. (irrtümlich datiert auf den 22.8.).
[1.] Verweist auf seine Mitteilungen über Neuigkeiten aus der Schweiz vom 20. August [Nr. 911, Anm. 1]. Bf. Matthäus Lang von Gurk hat berichtet, daß der eidgenössische Tag in Zürich ohne Beschlußfassung zu Ende gegangen sei, weil Luzern mit Rücksicht auf das bestehende Bündnis keinen Krieg mit Frankreich wolle, sondern nur bereit sei, den röm. Kg. auf dem Romzug zur Erlangung der Kaiserkrone zu begleiten und diejenigen zu bekämpfen, die ihn daran hindern wollten bzw. ihm den schuldigen Gehorsam verweigerten. Wegen der Unvereinbarkeit der Positionen hätten die Eidgenossen die Versammlung aufgehoben und einen neuen Tag nach Luzern anberaumt. Der röm. Kg. setze inzwischen die Vorbereitungen für seinen Romzug fort und sei sich sicher, daß die Eidgenossen eine Entscheidung gemäß seinen Wünschen treffen würden, um nicht das ganze Reich gegen sich aufzubringen, was ihnen auf dem Konstanzer RT angedroht worden sei. Der Kg. werde nicht abziehen, solange keine Entscheidung gefallen sei, sondern sich zwischen Innsbruck und Lindau aufhalten.
[2.] Er mißt Lang keine hohe Glaubwürdigkeit zu, da dieser als Diener des röm Kg. nichts zu dessen Nachteil sagen wird. Er bemühte sich deshalb auf verschiedenen Wegen, über Kaufleute und unparteiische Personen, darunter Dr. Peutinger, einen durch seine Missionen im Auftrag des Kg. in den Schweizer Angelegenheiten erfahrenen Mann, um weitere Informationen: a -Demnach hatte Luzern in Wahrheit zu keinem Zeitpunkt die Absicht, sich dem Vertrag der übrigen Kantone mit dem röm. Kg. und dem Hl. Reich anzuschließen, worüber er bereits am 13. und 15. Juni [Nrr. 680, Pkt. 1; 681, Pkt. 1] berichtete. Gleichwohl habe die Hoffnung darauf bestanden. Nachdem nun die übrigen Orte sich bereit gemacht hätten, gegen den frz. Kg. zu ziehen, habe Luzern jedoch auf dessen Veranlassung begonnen, Zwietracht unter den Eidgenossen zu säen und den Zug gegen Mailand als grundlosen Bruch des bestehenden Bündnisses mit Frankreich und somit als ungerechtes und unehrenhaftes Unternehmen zu hintertreiben; man sei jedoch bereit, den röm. Kg. nach Rom zu begleiten, für ihn eine Route nach seinem Wunsch zu sichern und ihn gegen jedermann zu verteidigen. Mit dieser Argumentation rechtfertigten sie nicht nur ihre eigene Haltung, sondern gewannen mithilfe französischer Gelder drei andere Kantone für ihre Position. Die ohnehin Frankreich zuneigenden Kantone Zug (Zocho) und Solothurn (Sulturno) hätten bereits bei der Ratifikation des Vertrags mit dem Kg. Schwierigkeiten gemacht – worüber er am 12. Juni [Nr. 679, Pkt. 1] berichtete. Der dritte Kanton sei Fribourg. In jedem dieser Kantone erhielten führende Persönlichkeiten ständig Pensionen und Anweisungen aus Frankreich: in Luzern Petermann Feer und Bramberg, in Zug [Ammann Werner] Steiner1 (Amestaner), in Solothurn Niklaus Conrad, in Fribourg Pierre Tavernier2 (Pietro Mafrosini, cavalier) und der Sekretär Niklaus [Lombard]3. Diese besäßen in den Gemeinden großen Einfluß-a. Sie hätten es erreicht, daß der eidgenössische Tag ohne Beschlußfassung geendet habe, und – was noch wichtiger ist –, sie versuchten, das Gewicht ihrer Kantone einzusetzen, um den röm. Kg. zum Abschluß eines Vertrages mit Frankreich zu bewegen. Die Entscheidung ist – wie gesagt – auf einen weiteren Tag in Luzern verschoben, auf dem eine Einigung erzielt und der langjährige Bund der Eidgenossen bewahrt werden soll.4
[Verabschiedung von zwei Emissären Kg. Ferdinands von Aragon durch Kg. Maximilian; Unterbringung der am Hof Kg. Maximilians akkreditierten ausländischen Gesandten und der am Hof weilenden Italiener in Überlingen, des päpstlichen Legaten Costantino Arianiti in Kempten; Nachrichten vom Geldernkrieg].
Nr. 914 Auszug aus einem Bericht Dr. Erasmus Toplers an die Nürnberger Hh. Älteren
[Verhandlungen zwischen Kg. Maximilian und Kf. Philipp von der Pfalz; [Nr. 955]. Nürnberger Stadtsteuer, Reichsstatthalteramt1]. Die kgl. Mt. hat den Schweizer tag abgeschriben mit keiner benennung keines andern, und die Schweizer weren uns wider den Kg. von Frankreich und Mailand nit helfen. Darzu so greifen wir jeczund uberal das angelegt gelt an und weisen die schuldner darauf. Weiß ich nit, woe wir nachmals gelt nemen werden zu dem kriegen. Der Kg. ist von hinnen geschiden, und ist ein groß geschrai, das man die leut nit zalt. Hat verordent, das Sernteiner und die hofrete hie blieben sollen. Aber der Sernteiner ist am vordern tag weg, desgleichen der Olhaven, zeuhet euch zu. Dr. Haiden und ich werden noch hie 10 tag verziehen und nachmals zu kgl. Mt. verrucken. Dann kgl. Mt. hat uns in sunderheit befolhen, sie zu verwalten. Darumb durfen wir an beschaid nit verrucken. [...]2.
Konstanz, 3. September 1507.
Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, D-Laden-Akten, Nr. 219, Stück-Nr. 42 (eh. Or. m. S.).
Druck: Gümbel, Berichte, Nr. 14, S. 299–305, hier 301.
Nr. 915 Zyprian von Serntein an N.N.
Er hat sein Schreiben erhalten und dem Kg. mitgeteilt, daß er an allen Orten, wo ihm dies geboten schien, angezeigt habe, daß die Verschiebung des Züricher Tages in kainem bosen und nit zu zerruttung der sachen erfolgt sei, sondern aus den durch ihn, Serntein, mitgeteilten Gründen. Der Kg. hat seine Zustimmung bekundet und ist nach wie vor der Absicht, in gemelten sachen noch furderlichen handln zu lassen. Dies soll er, wo es ihm gutdünkt, eröffnen.
Auch seine Mitteilung über die schlechte Stimmung gegenüber den Franzosen in den Kantonen Uri, Schwyz und Unterwalden gefällt dem Kg. Dieser will darüber nachdenken und dann entsprechend vorgehen.1 Falls sich dagegen Widerstand auftut, will der Kg. sich noch einmal darüber beraten und ihn, den Adressaten, einsetzen als jemanden, der den Leuten bisweilen unbequeme Wahrheiten eröffnet. Der Kg. war auch froh darüber, daß aus Zürich keine schlechten Nachrichten kamen, wie er in seinem Schreiben angezeigt hat. Das von neun Orten erlassene Verbot des Söldnerdienstes für Frankreich hat dem Kg. ebenfalls gefallen. Der Kg. meint, daß die Ostschweizer (vorlender) diesen Befehl erwirkt hätten.
Was das Gerücht unter den teutschen Franzosen angeht, daß der Romzug aus Geldmangel nicht stattfinden könne, so hegt er selbst keine Zweifel, daß genügend Geld vorhanden sein wird. Wenn nicht der jüngste Züricher Abschied [Nr. 911] gewesen wäre, wäre die Angelegenheit sicherlich bereits beinahe abgeschlossen.
Er hat aus seinem Schreiben vernommen, daz der rock und mantl2 noch zu Zurch ligt. Bin ich der hoffnung, der rock und mantel werde sich ainmal versaumen und die Franzosen kaum in hosen und wammes darvon komen. [...].
Er hat auch mit dem Kg. über seinen Vorschlag gesprochen, wie die Franzosen durch Gesandte in der Eidgenossenschaft Geldzahlungen zu leisten. Der Kg. beabsichtigt, dies zu tun, um ebenfalls Unterstützer zu finden, sofern er feststellt, daß diese Investition ihm auch nützen wird. Er soll wie bisher das Beste tun und weiter Bericht erstatten. Der Kg. ist sich auch darüber im klaren, daß er ihn nur soweit einsetzen kann, das ir mit eren wol verantwurten mugt und euch wol gepurt. Schickt seinen Boten mit Zehrungsgeld zurück.
Innsbruck, 11. September 1507 (sambstag nach nativitatis Marie).
Wien, HHStA, Maximiliana 18 (alt 11), Konv. 1, fol. 92–93 (Konz. mit ex.-Verm.).
Nr. 916 Kg. Maximilian an die Eidgenossen
[1.] Aufforderung zur Einhaltung der auf dem Züricher Tag (Juni 1507) gegebenen Zusage bezüglich des Romzuges; [2.] Alternative der Neutralität unter Verbot des Kriegsdienstes gegen Kg. und Reich; [3.] Einberufung eines weiteren eidgenössischen Tages; [4.] Androhung von Konsequenzen im Falle der weiteren Unterstützung Frankreichs.
Innsbruck, 13. September 1507.
Luzern, StA, AKT A 1 F 1, Schachtel 53, Fasz. Maximilian I., unfol. (Or., Vermm. prps./amdrp., Gegenz. Serntein) = Textvorlage A. Schaffhausen, StA, Korrespondenzen 1501–1515, Stück-Nr. 42 (wie A) = B. Basel, StA, Deutschland B 2,III, fol. 123–123b (wie A). Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 163–167 (wie A). Zürich, StA, A 176.1, Stück-Nr. 42 (wie A; präs. 19.9.).
Druck: Eidgenössische Abschiede III/2, S. 398–400 (nach dem Solothurner Exemplar).
[1.] Erinnert an die mit ihnen in Schaffhausen, Konstanz und Zürich geführten Verhandlungen der kgl. und reichsständischen Gesandten über ihre Hilfe für den Romzug, desweiteren an ihre in Zürich gemachten diesbezüglichen Zusagen und an den dort ergangenen Abschied [Nrr. 234/246], woraufhin er dann die Anberaumung eines Tages wünschte, um diesen Abschied zu vollziehen, sich mit den Hauptleuten und Offizieren über ihren Sold zu einigen und daraufhin unverzüglich loszuziehen. Er hat dies auch den Reichsständen mitgeteilt, die daraufhin eilends ihre Kontingente aufgestellt haben. Und als gemain Aidgnossen oder etlich aus inen auf demselben tag durch geswind, bös practiken und gelt der Franzosen, das sy dann allain darumb aussaen, damit sy widerwillen und unainigkait zwischen uns und euch machen, von irer antwurt und abschiden, auf vorigen tagen gefallen, und denselben ganz ungemaß und widerwertig antwurt geben, sy wellen uns unsern romzug helfen volbringen, aber gegen dem Kg. von Frankreich noch yemands anderm nichts handln oder furnemen, und darauf weiter tag auf montag nach Bartolomeus tag [30.8.] angesetzt [Nr. 911, Pkt. 3], das uns merklichen befrembdet und beswart, aus den ursachen, daz sy selbs wol wissen, daz wir unsern durchzug durch Mailand, wie unser vorfaren getan, oder durch der Hft. Venedig lande nemen und tun muessen. Nu haben wir mit Frankreich in verschiner zeit vil friden, vertrag, ainung und handlung gehebt, die sy aber alwegen geprochen und uns und dem Hl. Reich kain trauen oder gelauben nie gehalten, sein auch fur und fur durch ir poß und untreu, geswind pratiken in strenger ubung, uns und gemain teutsche nation an disem erlichen und loblichen furnemen zu verhindern und dardurch irn gewalt und regierung, die sy bisheer in Italia gegen unsern und des Reichs verwandten tirannisch geubt, zu weitern und auszubreiten. Und auf das sy solhen iren willen volbringen und erlangen, so sparen sy kain gelt noch anders, damit sy die Aidgnossen oder etlich aus
[2.] Wo ir aber solich hilf wider meniglich nit zusagen und beweisen woltet, alsdann so begern wir an euch, daz ir stillsitzen und kainer partey hilf oder zuschub tuet, auch euern knechten zu kainem Kg., F. oder H., auch in kain frombd land wider uns zu laufen gestattet und das auf das hochst verpietet und dermassen daryn handelt, dardurch wir abnemen mugen, das ir in gutem willen gegen uns und dem Hl. Reich verharren und unser, des Hl. Reichs und gemainer teutschen nation und euer selbs eer und wolfart mer und hoher dann ainen klainen aigennutz, so etlich der euern annemen, betrachten, daraus uns und euch, dem Hl. Reich, auch teutscher nation und gemainer cristenhait krieg, aufrurn und widerwertigkaiten erwachsen mochten.
[3.] Und wo ir samenlich oder etlich aus euch, als wir uns genzlich zu euch vertrosten, solhe handlung verwilligen und den ersten oder andern artikl mit uns annemen, so wellet uns des zum furderlichisten durch eure poten auf unsern costen berichten und von stund tag ansetzen, den wir durch unser rate besuchen und aigentlichen und entlichen mit euch handeln und besliessen lassen wollen, damit zwischen unser zu baiden tailen gut ainigung und verstantnuß gemacht und aufgericht werd.
[4.] Wo aber ir gemainiglich oder etlich in sonderhait solhs abslagen und in euer ungehorsam, des wir uns doch nit versehen, verharren, so wurden wir und das Hl. Reich, als ir selbs ermessen mugt, geursacht, gegen denselben als denen, so des Hl. Reichs lob und eer gern underdrucken wolten, dermassen furzunemen und zu handeln, dardurch solhs furkumen und gewendet, die ksl. cron und wurde bei teutscher nation behalten, auch den ungelaubigen und veinden der cristenhait widerstand und abbruch beschehen mug, das bisher allain durch die Franzosen und ir anhenger umb aigens nutzes willen verhindert worden ist. Er vertraut indessen darauf, daß sie sich entscheiden werden, wie es ihre Ehre und ihre Pflichten gegenüber dem Hl. Reich und der deutschen Nation erfordern.2
Nr. 917 Ausschreiben der Stadt Zürich an die Orte Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Glarus, Basel, Fribourg, Solothurn und Schaffhausen
Am vergangenen Abend übergab ein berittener kgl. Bote ein Schreiben [Nr. 916], wie es laut dessen Auskunft auch allen übrigen eidgenössischen Orten zugestellt wurde und das vermutlich inzwischen bei ihnen eingegangen ist. [Zusammenfassung des Schreibens].
Ihres Erachtens ist die Angelegenheit wichtig und duldet keinen Aufschub. Sie schreiben deshalb hiermit einen Tag nach Zürich aus. Die Gesandten sollen sich am Abend des 29. September (St. Michels tag) in ihren Herbergen einfinden. Sie bitten, sich über diese wichtige Sache vorab zu besprechen und ihre Vertreter mit Vollmacht abzufertigen, um an den Beratungen im Interesse von Ruhe und Frieden und zum Wohl und zur Ehre der Eidgenossenschaft teilnehmen zu können.1
Zürich, 20. September 1507 (montags vor St. Mathestag apostoli et ewangeliste).
Zürich, StA, B IV 2, Stück-Nr. 42 (Konz.) = Textvorlage A. Luzern, StA, TG 115, unfol. (Or.) = B. Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 137–139 (Or.) = C.
Teilabdruck: Gagliardi, Anteil I, S. 683 Anm. 135 (Adressat: Bern).
Nr. 918 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Zürich
[1.] Teilnehmer; [2.] verbotene Anwerbung von Knechten für Frankreich; [3.] Truppenhilfe für den Romzug Kg. Maximilians.
Zürich, 30. September 1507 (dornstags nach St. Michelstag).
Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 143–148 (Kop., Datumverm.) = B. Zürich, StA, B VIII 84, fol. 202–205’ (Reinkonz./Kop., Datumverm.) = C. Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 178’-182, 182–187’ (Kop., Datumverm.). Bern, StA, A IV 10, pag. 228–233 (Kop., Datumverm.). Luzern, StA, TA 4, fol. 295–298 (Kop., Datumverm.). Schaffhausen, StA, Tagsatzung 1507, unfol. (verletzte Kop.).
(Differenzierteres) Regest/Druck: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 287, S. 396–398 = Textvorlage A.
[1.] Teilnehmer: Zürich: Bürgermeister [Marx] Röist, Bürgermeister [Matthias] Wyss, Gerold Meyer [von Knonau], Jakob Hegnauer; Bern: Dr. Thüring Fricker, Venner Kaspar Wyler; Luzern: Ulrich1 Küng; Uri: [Hans] Schüeli, Vogt Heinrich Göltschi; Schwyz: Ammann [Hans] Wagner; Obwalden: Ammann [Peter] Wirz; Nidwalden: [nicht vertreten]; Zug: [Ulrich] Amrein; Glarus: Ulrich Landolt; Basel: Bürgermeister [Wilhelm] Zeigler, Venner [Walter] Harnescher; Fribourg: Seckelmeister Niklaus Reiff; Solothurn: Schultheiß [Niklaus] Conrad; Schaffhausen: Bürgermeister [Hans] Trüllerei; Abt von St. Gallen: Landvogt [Johann] Schenkli; Stadt St. Gallen: Bürgermeister [Hans] Ab der Rüti, Stadtschreiber2; Appenzell: Othmar Ronder.
[2.] [...]. a–Der Landvogt im Thurgau [Melchior zur Gilgen] berichtete, daß eine Person aus Mailand Knechte anwerbe. Trotz des Verbots seien einige Knechte nach Mailand gezogen. Dem Landvogt wurde geschrieben, er solle abermals nachdrücklich verbieten, sich ohne Wissen und Willen der Eidgenossen in fremde Dienste zu begeben. Er solle auf die Aufwiegler achtgeben und diejenigen Knechte, die Geld angenommen hätten oder im Begriff stünden auszuziehen, gefangensetzen. An andere Vögte erging ein entsprechender Befehl. Die französischen Gesandten zum Luzerner Tag sollen nachdrücklich an das Werbungsverbot erinnert werden. Verstöße dagegen würden an ihrem Leib und Gut gestraft–. [...].
[3.] Der röm. Kg. hat die zwölf eidgenössischen Orte schriftlich aufgefordert [Nr. 916], die von den neun Orten Zürich, Bern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Basel, Fribourg, Solothurn und Schaffhausen auf dem Züricher Tag bewilligte Truppenhilfe für den Romzug zu leisten oder wenigstens keinen Kriegsdienst für den frz. Kg. oder einen seiner anderen Feinde zu erlauben und sich diesbezüglich verbindlich zu erklären.
Bei den Beratungen kamen widersprüchliche Auffassungen zutage: Einige Orte vertraten die Meinung, daß man, wie im kgl. Schreiben gewünscht, stillsitzen und weder den röm. noch den frz. Kg. unterstützen solle.3 Einige Orte waren der Auffassung, daß man den Romzug gemäß dem Züricher Abschied unterstützen und dem röm. Kg. die Zusage durch Gesandte erläutern solle; man sei der Hoffnung, daß der Kg. sich damit begnügen und die Eidgenossen in dieser Angelegenheit nicht weiter behelligen werde.4 Die französischen Gesandten sollten ausgewiesen werden. Einige Gesandten bekundeten dabei, daß ihre Orte dem röm. Kg. die in Zürich gegebene Zusage halten wollten. Eine dritte Gruppe von Gesandten erklärte, daß sie lediglich auf Anhören und Hintersichbringen bevollmächtigt seien, angesechen, dz ir Hh. und obern vormals nützit zugesagt und geantwurt habent, das inen het gefallen, by unser nechsten verkomnuß, der pensionen und kriegsloufenden knechten halb ufgericht5, ze bliben und in craft derselben aller Ff. und Hh. müssig ze gand.
Und nach enteckung eines jeden bevelch durch uns boten vilerley meinungen angezöigt sind und besonder treffenlich davon geredt ist, wo wir dem röm. Kg. zusagen sölten, stillzusitzen, dz dagegen swer und gar nach unmüglich sige, unser knecht daheim zu behalten; wenn sy sich dann erheben und dem Kg. von Frankrich zuziechend, das wir on alles mittel gegen dem röm. Kg. den krieg an der hand habent und zudem uns eben verachtlich sye, das wir unserm vorigen zusag, den romzug nach lut des nechsten abscheids hie [zu] Zürich [Nr. 911, Pkt. 3] helfen zu volstrecken, abzutreten und davon zu fallen. Ist zuletst under uns boten mitsampt unsers gn. H. von St. Gallen, ouch unser getrüwen, lb. Eidgnossen der statt St. Gallen und des lands von Appenzell botschaften, die zu disem handel ouch beschriben sind, gemeret, dis meinung an die hand zu nemen und uf gefallen unser aller Hh. und obern davon zu reden: Also, diewil der fürgenomen romzug ein erlich, götlich fürnemen und dagegen der zusag, so wir nün ort obgemelt röm. kgl. Mt. getan habent, namlich dz wir ir den romzug wellent helfen volbringen und doch weder dem Kg. von Frankrich noch jemands anderm dz sin innemen, ob aber jemands die röm. kgl. Mt. daran irren und verhindern wölte, das wir dero wider den und dieselben mit unserm lib und gut hilf und bestand tun wölten nach aller billicheit, wie dann derselb nechst abscheid dz in buchstaben inhalt, ouch erlich und gnugsam und wol ze hoffen sye, wo der röm. kgl. Mt. dz also were erscheint, dz die daran gut benügen gehept und ir obangezöigt so dapfer schicken erspart het, das wir dann nochmals bi demselben unserm zusag und nechsten abscheid bliben und die röm. kgl. Mt. durch unser treffenlich botschaft denselben unsern zusag und abscheid muntlich fürbringen und erlütern söllen, in hoffnung, wenn dz beschehe, die kgl. Mt. werd des benügen und gegen uns wol zufriden sin.
So werden ouch in mittlerzit etlich Ff. und Hh. zuriten. Dieselben bericht man des ouch, der zuversicht, dz dieselben daran ouch benügen haben und nit geneigt sin werden, uns darüber zu bekriegen. Wölt aber die kgl. Mt. oder einig F. des Richs an obangezöigter unserer zusag und erlichem erpieten nit benügen, das man dann den handel, und wie und was wir zugesagt habend, den stenden des Richs, desglichen den richstetten besonders ouch erlütre und zuschribe, guter zuversicht, wenn dz bescheche, es werde sich endern und niemands geneigt sin, uns wider das anzufechten und trengen ze tunde, dz unsern eren abbrüchig und nit gemäß syg, uns daruf zu erwarten, was uns harwiderumb zu antwurt begegne.
Und als offenlich am tag lit, dz die französischen boten mit irem umbriten und geltußgeben in jungen und alten in unser Eidgnosschaft anders nüts dann alle widerwertikeit und ungehorsami stiftent und, wiewol sy des nit wort haben wellend, in geswindikeit und betrugenlich praticierent, unser knecht zu bewegen, zu irem Kg. zu ziechen, dz da deßhalb ouch geratschlaget, damit unser knecht enthalten und die gemelten französischen boten uß unsern landen zu irem Kg. gevertiget werden.
Da die Angelegenheit eilt, wird ein weiterer Tag nach Zürich anberaumt. Die Gesandten sollen sich am 12. Oktober (zinstag vor St. Gallentag) in ihren Herbergen einfinden. Jeder Gesandte soll zu Hause über diesen Tag Bericht erstatten und sich um eine Entscheidung seines Ortes bemühen, damit auf der nächsten Versammlung ein einhelliger Beschluß herbeigeführt werden kann.
An den röm. Kg. wurde geschrieben, daß auf diesem Tag wegen der unvereinbaren Instruktionen für die Gesandten6 kein einhelliger Beschluß möglich gewesen, jedoch ein weiterer Tag anberaumt worden sei, um zu einer verbindlichen Entscheidung zu gelangen.
Die Gesandten aus Luzern, Zug und Glarus wurden ersucht, über die Angelegenheit zu Hause zu berichten und dafür einzutreten, daß diese drei Orte sich nicht von den übrigen absondern, sondern ebenfalls an der nächsten Versammlung teilnehmen.7
Nr. 919 Abschied der drei in Altdorf versammelten Orte [Uri, Schwyz und Unterwalden]
Die Abgeordneten sollen ihre Obrigkeiten über die Forderung der Gesandten des röm. Kg. informieren, die Gemeinden der drei Orte zu versammeln, um dessen Ansinnen vortragen zu können. Die Beschlüsse darüber sollen den kgl. Gesandten auf einer weiteren Tagsatzung mitgeteilt werden. Über die beträchtliche Zahl kgl. Truppen im Veltlin soll an die Magistrate berichtet werden, damit die Schlösser in Bellinzona (Bellenz) ausreichend gesichert werden. [...].
Altdorf, 30. September 1507.
Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 288, S. 400, Pkt. a/b.
Nr. 920 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Luzern
[1.] Vortrag der französischen Gesandten; [2.] Umsetzung des Anwerbungsverbots für eidgenössische Söldner; [3.] Prüfung des französischen Bündnisvertrages von 1499.
Luzern, 4. Oktober 1507 (Francisci).
Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 173–179 (Kop., Datumverm.) = B. Zürich, StA, B VIII 84, fol. 208–211 (Kop., Datumverm.). Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 166–168’ (Kop., Datumverm.). Bern, StA, A IV 10, pag. 234–239 (Kop., Datumverm.).
(Differenzierteres) Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 289, S. 401f. = Textvorlage A.
[1.] Vor der auf Ersuchen des frz. Kg. einberufenen Versammlung1 traten dessen Gesandte, Bf. Pierre Louis von Rieux, Philippe de Roquebertin (Statthalter von Piacenza) und der kgl. Sekretär Wilhelm de la Marche, auf. Im Namen ihres Kg. dankten sie den Eidgenossen als seinen guten Freunden und Bundesgenossen für ihre Standhaftigkeit gegenüber den Forderungen und Drohungen des röm. Kg., der sie unter Mißachtung des göttlichen Rechts wie auch geltender Bündnisse und Verträge dazu habe bewegen wollen, dem frz. Kg. Mailand wegzunehmen. Ferner danke dieser für die freundlichen Antworten, die er auf den Tagen zu Luzern am 6. August [Nr. 905, Pkt. 2] und zu Zürich am 8. [!] August [Nr. 911, Pkt. 4] wie auch von einzelnen Orten erhalten habe. Ihm sei auch bekannt, daß dem röm. Kg. im gleichen Sinne geantwortet worden sei. Dafür müßte dieser die Eidgenossen als Männer loben, die ihrer Pflicht und Ehre gefolgt seien. Der Kg. habe außerdem erfahren, daß infolge der Intrigen des röm. Kg. Uneinigkeit unter den Eidgenossen entstanden sei, so daß eine Partei die französische, die andere die röm. kgl. genannt werde. Dies sei ein großes Übel für die Eidgenossen. Auch in seinem Königreich sei aus solcher Parteienbildung mehrmals große Unruhe entstanden. Dem müsse man von Anfang an wehren. Diese Intrigen seien nicht von ihm ausgegangen. Er habe sie lediglich ersucht, gegenseitig Treue und Glauben zu halten, damit ihre Freundschaft und ihr Bündnis zu beiderseitigem Nutzen fortbestünden. Es werde geredet, er halte die eidgenössischen Knechte nur zu seinem Vorteil; solange er diese nicht brauche, achte er die Eidgenossen gering; auch sei eine nur 10-jährige Einung eine ungewisse Sache. Um solche Äußerungen zu widerlegen, hätten die Gesandten Befehl, den Eidgenossen eine Verlängerung des Bündnisses um weitere zehn Jahre, auf seine Lebenszeit oder sogar bis zu zwei Jahre darüber hinaus anzubieten. Er habe weiter erfahren, daß der röm. Kg. ihnen mit Krieg gedroht habe, falls sie ihm nicht Folge leisten würden. Der röm. Kg. kenne die Macht der Eidgenossen wohl, so daß er sich solche Drohungen hätte sparen können. Falls dieser aber seine Drohung realisiere, werde er ihnen in einer Weise zu Hilfe kommen, daß sie den Nutzen ihres Bündnisses erkennten und weder den röm. Kg. noch einen anderen Fürsten auf der Welt zu fürchten brauchten.
Die französischen Gesandten baten, über ihren Vortrag zu Hause zu berichten und auf einem weiteren Tag Antwort zu geben. Anschließend rechtfertigten sie ihren Kg. gegenüber dem Vorwurf, das französische Geld für die Eidgenossen richte sich gegen den röm. Kg. Der frz. Kg. sei dazu berechtigt, seinen Freunden und Verbündeten Geld zu geben, wie dies auch seine Amtsvorgänger getan hätten. Das Geld könne ohne Verletzung von Ehre und Gewissen genommen werden. Dies richte sich gegen niemanden, sondern diene allein dem Zweck, die guten Beziehungen zu pflegen, damit die Eidgenossen bei den geschlossenen Verträgen blieben. Das Geld des röm. Kg. hingegen solle die Eidgenossen zur Verletzung von Brief und Siegel bewegen und tangiere somit ihr eigenes Wohl und ihre Ehre. Auf ihr gleich zu ihrer Ankunft in der Eidgenossenschaft vorgebrachtes Ersuchen in den einzelnen Orten um die vertragsgemäße Leistung von Hilfe, die sich infolge der Drohungen und Rüstungen des röm. Kg. schon über sechs Monate verzögert habe, hätten die Eidgenossen geantwortet, daß sie die Verträge einhalten würden. Der frz. Kg. erwarte deshalb, daß sie zustimmten, wenn er den Bündnisfall geltend machen würde. Die Gesandten verteidigten ihren Kg. außerdem gegen den Vorwurf des röm. Kg., er sei ein Tyrann und wolle die Eidgenossen mit dem Reich entzweien. [...]. Den französischen Gesandten wurde zur Beantwortung ihres Anliegens ein weiterer Tag nach Luzern für den 6. Januar 1508 (hl. drei Kgg. tag) angesetzt.2
[2.] Mit den französischen Gesandten wurde gemäß dem Züricher Abschied [Nr. 918, Pkt. 2] über das Verbot der Aufwiegelung eidgenössischer Knechte gesprochen. In gleicher Weise soll mit den Emissären des röm. Kg. gesprochen werden, die versuchen, in der Eidgenossenschaft Knechte anzuwerben.3
[3.] Da behauptet wurde, das Bündnis mit Frankreich sei bereits ausgelaufen, wurde die in Luzern aufbewahrte Originalurkunde geprüft und festgestellt, daß sie vom 6. Mai 1499 datiert.4 [...].
Nr. 921 Auszug aus der Luzerner Bilder-Chronik Diebold Schillings
[1.] Verhandlungen von Gesandten Kg. Maximilians mit Uri, Schwyz und Unterwalden; [2.] deren Haltung zum geplanten Romzug.
Druck: Schilling, Bilderchronik (Schmid), S. 377f. = Textvorlage A; ders., Bilderchronik (Durrer/Hilber), S. 156f. = B.
[1.] Die in Zürich versammelten eidgenössischen Gesandten zogen zur auf Antrag der Franzosen zum 4. Oktober (sant Franciscentag) einberufenen Tagsatzung nach Luzern weiter. Unterdessen ersuchten Gerolamo Landriani (der general), [Hans] Schad, [Kaspar] von Maltitz und Hans von Königsegg in Uri, Schwyz und Unterwalden um die Erlaubnis für Kg. Maximilian, in Bellinzona (Bellentz) Geschütze gießen zu dürfen. Eine Versammlung dieser drei Orte in Beckenried sagte den Gesandten zu, wz sy der künglichen maiestat anfenglich haͤttend verheissen, weltend sy halten, aber kein büchsen ze Bellentz lassen giessen, mengerley ursachen des küngs von Franckerichs, der jetz zemal ir nachpur und mit inen in vereinung, die noch nit uß waͤre, ouch ander sachen halben. Daruff die botten wider zuͦ iren heren, dem Romschen küng, und froͤlich heimfuͦrend. Nidwalden hatte zuvor bereits beschlossen, beider küngen muͤssig ze gan.
[2.] Aber uff disse antwurt versamletend sy ein vast treffeliche gemeind uff sondag vor sant Gallentag [10.10.] und fiengend an ratschlagen von dissem Romzug und ze sagen, wie sy in iren kronicken und fryheiten fundend, das die drig Waltstett, ouch die von Hasle vor alten zitten das heilig Roͤmsch rich hattend gehanthabet und einem keisser geholffen gan Rom ziehen, damit er kroͤnt wurd; dardurch sy dann ouch von ir manlichen taten waͤgen im die waͤlschen land undertaͤnig gemachet und vil ir fryheiten an dem end erlanget, und sunderlich, das sy in iren panern offelich in das vaͤld doͤrfttend das liden Cristi fuͤren, und der goͤtlichen ordnung alß guͦt Cristen waͤrend bygestanden. Und uff sollichs ward einhellenclich das mer, dem Roͤmschen küng Maximiliano den zug gan Rom haͤlffen ze tuͦn und von irem ersten zuͦsagen nit ze vallen, sunder den erlich zuͦ volbringen.
Nr. 922 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Zürich
[1.] Teilnehmerliste; [2.] Beteiligung am Romzug Kg. Maximilians; [3.] Maßnahmen gegen das Reislaufen; [4.] Konflikt wegen des Schlosses Joux; [5.] Maßnahmen gegen französische Werber, Ausweisung der französischen Gesandtschaft.
Zürich, nach dem 13. Oktober 1507 (angefangen mitwoch vor Galli).
Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 169–172 (Kop., Datumverm.) = B. Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 169’-171 (Kop., Datumverm.). Bern, StA, A IV 10, pag. 240–250 (Kop., Datumverm.). Luzern, StA, TA 4, fol. 300–301 (Kop., Datumverm.). Schaffhausen, StA, Tagsatzung 1507, unfol. (verletzte Kop.). Zürich, StA, B VIII 84, fol. 212–214’ (Kop.).
Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 290, S. 403f. = Textvorlage A.
[1.] Teilnehmer: Zürich: Bürgermeister [Marx] Röist, Bürgermeister [Matthias] Wyss, Gerold Meyer von Knonau, Jakob Hegnauer; Bern: Dr. Thüring Fricker, Venner Kaspar Wyler; Luzern: [nicht vertreten];Uri: Heinrich Göltschi; Schwyz: Ammann [Hans] Wagner; Unterwalden: Ammann [Andreas] zun Höfen, Arnold Winkelried; Zug: Heinrich Clausner (Cläusli); Glarus: Ulrich Landolt; Basel: Bürgermeister [Wilhelm] Zeigler; Fribourg: Pierre Tavernier; Solothurn: Benedikt Hugi d. J.; Schaffhausen: Bürgermeister [Konrad] Barter; Abt von St. Gallen: Landvogt [Johann] Schenkli; Stadt St. Gallen: Bürgermeister [Hans] Ab der Rüti, Balthasar Kapfmann; Appenzell: [Hans] Meggeli (Am Eggeli), Othmar Ronder.
[2.] [...]. Im Zusammenhang mit dem letzten Tagsatzungsabschied zu Zürich [Nr. 918] erklärten die sieben Orte Zürich, Bern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Basel und Schaffhausen1, bei der letzten Zusage zu bleiben und gemeinsam mit dem Abt von St. Gallen, der Stadt St. Gallen und dem Land Appenzell Gesandte zum röm. Kg. abzufertigen, um ihm diese Zusage noch einmal zu erläutern und ihn zu bitten, es dabei zu belassen. Die Gesandten wurden zur Anhörung etwaiger Gegenvorschläge auf Hintersichbringen bevollmächtigt. Dem röm. Kg. wurde angekündigt, daß die Gesandten am 24. Oktober (sonntag vor Simonis und Judä) in Konstanz eintreffen würden, um die Antwort der Eidgenossen zu überbringen; falls ihm dieser Termin nicht gelegen wäre, solle er Zürich zur Mitteilung an die übrigen Orte davon in Kenntnis setzen.2
Luzern war nicht auf dem Tag vertreten, die Gesandten aus Zug und Glarus hatten keine Vollmacht, Fribourg und Solothurn wichen von der früheren Zusage ab und votierten für Neutralität.3 Der Abschied wird an Luzern geschickt mit der freundlichen Aufforderung, sich von den übrigen Eidgenossen nicht abzusondern, seine Gesandten mit den übrigen Orten gemeinsam zum röm. Kg. abzufertigen, insbesondere aber gemäß der auf dem letzten Tag gegebenen Zusage das Reislaufen von Luzerner Knechten zu unterbinden.4 Die Gesandten aus Zug, Glarus, Fribourg und Solothurn sollen im Namen der Tagsatzung ihre Magistrate bitten, diesem Abschied beizutreten, um nachteilige Folgen für sie und die Eidgenossenschaft zu vermeiden.5
[3.] Aufgrund von eingegangenen Meldungen wurde den Vögten zu Baden [Jakob Aberli], im Thurgau [Melchior zur Gilgen], in den freien Ämtern im Aargau, zu Rheineck [Felix Grebel] und zu Sargans [Hans Küng] ein weiteres Mal befohlen, Dienstverpflichtungen von Knechten für den frz. oder röm. Kg. streng zu verbieten. Insbesondere soll Luzern dies bei seinem Vogt zu Sargans verfügen. Jeder eidgenössische Ort ist gehalten, in seinem Gebiet das Reislaufen zu verbieten.6 Bern, Fribourg und Solothurn sollen dem Landvogt in der Waadt im Namen der Eidgenossenschaft befehlen, das Aufwiegeln von Knechten zu unterbinden.7
[4.] [Konflikt wegen des Schlosses Joux].
[5.] Über Vorkehrungen bezüglich der im Lande befindlichen Anhörigen der Garde des frz. Kg., die allerlei Umtriebe veranstalten und vielleicht ihrem Kg. Knechte zuführen sollen, soll auf der nächsten Tagsatzung entschieden werden. Auch scheint es den Versammelten an der Zeit zu sein, die französischen Gesandten aus dem Land zu weisen, dwil si doch ander nütz dann alle widerwertikeit stiften, wie dann der nechst abscheid dz och anzöigt [Nr. 918, Pkt. 2]. [...].
Nr. 923 Bericht Dr. Vincenzo Querinis an den Dogen von Venedig
[1.] Verweist auf seinen Bericht bezüglich der Eidgenossen vom 16. Oktober.1 Hans von Königsegg, den der röm. Kg. gemeinsam mit Gerolamo Landriani schon vor geraumer Zeit in die Schweiz entsandt und der angeblich ein Abkommen mit den Eidgenossen zustandegebracht hatte, teilte ihm am Vortag in einer langen Unterredung mit, daß die auf dem Züricher Tag versammelten Eidgenossen uneinig gewesen seien: Sieben Kantone hätten sich entschieden, de servir el re de’ Romani ubique et in ogni impresa senza alcuna exceptione, die übrigen fünf Kantone wollten sich jedoch unter keinen Umständen in einen Krieg gegen Frankreich verwickeln lassen, sondern neutral bleiben. Mit dieser Maßgabe kämen die avisierten eidgenössischen Gesandten an den kgl. Hof.
[2.] Laut Mitteilung Königseggs beabsichtigt der röm. Kg., die Eidgenossen zur Einigkeit aufzufordern und ihnen anzubieten, sich einhellig für neutral zu erklären und zuzusagen, weder dem frz. Kg. noch jemand anderem Hilfe zu leisten. Damit sei er zufrieden, wenn nur alle Kantone zustimmten. Dem röm. Kg. komme es darauf an, sicher sein zu können, daß die Eidgenossen dem frz. Kg. keinerlei Unterstützung böten, während er selbst keinerlei Mangel an ebenso guten und überdies billigeren Fußsoldaten habe. Die Verhandlungen mit den eidgenössischen Gesandten seien zusammen mit dem Umstand, daß Kg. Maximilian nach wie vor die Stellungnahme Venedigs erwarte2, der Grund dafür, daß er vorerst in Innsbruck bleibe. Nach Abschluß der Verhandlungen mit den Eidgenossen werde er mit seinen Räten eine Entscheidung über die Route für seinen Heereszug treffen.
Noch ist also keine Entscheidung zwischen dem röm. Kg. und den Eidgenossen gefallen. Seine bisherigen Berichte über am kgl. Hof diesbezüglich kursierende Neuigkeiten sind entsprechend zu korrigieren.3
[3. Geldernkrieg; Vorbereitungen für den Romzug; Nr. 788].
Hall, 20. Oktober 1507.
Venedig, BM, Cod. marc. ital. VII/989 (= 9581), fol. 121’-122’ (ital. Kop.; Postverm.: Per Baronem, cursorem.) = Textvorlage A. Venedig, BFQS, Cl. IV, Cod. V (= 769), fol. 180’-181’ (ital. Kop.; Postverm. wie A) = B.
Nr. 924 Bericht der eidgenössischen Gesandten in Konstanz1 an Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich
[1.] Sie sind als Vertreter der acht Orte Zürich, Bern, Uri, Schwyz, Unterwalden (Obwalden und Nidwalden), Basel und Solothurn sowie des Abts von St. Gallen, der Stadt St. Gallen und des Landes Appenzell am vergangenen Sonntagabend [24.10.] in Konstanz eingetroffen. Am gleichen Abend wurden sie von den kgl. Hofkammerräten empfangen, die ihnen ein Schreiben übergaben, worin der röm. Kg. sie aufforderte, seinen Räten ihren Auftrag zu eröffnen.2 Sie haben erwidert, daß sie Befehl hätten, sich nur gegenüber dem Kg. selbst zu äußern; sie erwarteten, daß er sich zu diesem Zweck hierher oder an einen in der Nähe gelegenen Ort begeben werde. Am Montagmorgen [25.10.] wiederholte sich dieser Vorgang in Gegenwart Mgf. Kasimirs von Brandenburg. Anschließend informierten die Räte den Kg. durch ein Schreiben.3
Die kgl. Antwort traf gestern [29.10.] ein und wurde ihnen in Gegenwart des alten Mgf. [Friedrich] von Brandenburg und anderer kgl. Räte eröffnet: Der Kg. sei aus Innsbruck abgereist, um sie anzuhören, und wolle sie in Kempten treffen. Obwohl sie wegen der vielen Truppen in der Umgebung Bedenken hatten, dorthin zu reisen, haben sie im Interesse von Frieden und Ruhe eingewilligt und werden morgen mit bewaffneter Begleitung aufbrechen. Sie hoffen, den Kg. dort anzutreffen und ihm nicht weiter nachreisen zu müssen, da sie dafür nicht ausgestattet sind. Dies haben sie gegenüber den kgl. Räten auch klargestellt.
[2.] Währenddessen gibt es in der Eidgenossenschaft rege Aktivitäten in Hinblick auf auswärtige Dienste der Kriegsknechte. Fordern sie nachträglich auf, dies zu unterbinden. Dadurch wird sonst ihre Mission gefährdet. Und sorgen uns lib und lebens und des unsern, und wird also nit allein unser, sonder frids notdurft erhöischen, darin allen fliß und ernst furzekeren.
[3.] Auch die Agitation im Zusammenhang mit dem eroberten Schloß [Joux] des Mgf. [von Rötteln, Ludwig von Orléans] – mit nit kleinem erbieten golds und gelts – mißfällt ihnen sehr. Sie teilen diese Haltung mit den Orten, die sie vertreten und auf deren Befehl sie dies schreiben. Diese Angelegenheit könnte zu einem Krieg führen. Fordern sie deshalb auf, die Teilnehmer an der zum 7. November (sontag nach allerheilgen tag) ausgeschriebenen Versammlung, Bern, Luzern, Fribourg und Solothurn4, aufzufordern, einen Krieg wegen dieser Angelegenheit unbedingt zu vermeiden. Die Verpflichtung der vier Städte zur Verhinderung dieses Übels wiegt schwerer als die Beistandspflicht für den Mgf., nicht zuletzt auch wegen der Konsequenzen für das Verhältnis unter den Eidgenossen. Da sie dies Kürze der Zeit wegen nicht an ihre Magistrate zu Hause schreiben können, bitten sie, dies für sie zu übernehmen und darüber hinaus nach ihrem Gutdünken auch Dritte zu informieren.5
Konstanz, 30. Oktober 1507 (sambstags vor allerheiligen tag am abent).
Solothurn, StA , Denkwürdige Sachen, Bd. 22, pag. 93–94 (Kop.) = Textvorlage A. Schaffhausen, StA, Missiven 1507, unfol. (Kop.) = B
Nr. 925 Abschied Kg. Maximilians für eidgenössische Gesandte
[1.] Antwort Kg. Maximilians an die eidgenössischen Gesandten bezüglich folgender Punkte: 1. Zusage eidgenössischer Orte zur Unterstützung des Romzuges unter Vorbehalt; 2. Konstanzer Artikel der kgl. Räte; 3. Werbungsverbot für den frz. Kg. in der Eidgenossenschaft; [2.] Konflikt mit Ludwig von Orléans um das Schloß Joux; [3.] französische Intrige gegen die Gff. Borromeo.
s.l., s.d., jedoch Kaufbeuren, zwischen dem 7. und 12./14. November 1507.1
Zürich, StA, A 176.1, Stück-Nrr. 180f. (Kop.) = Textvorlage A. Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 73–76 (Kop.) = B. Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 156–158’ (Kop.) = C. Bern, StA, A IV 10, pag. 262–267 (Kop.). Zürich, StA, B I 340, unfol. (Abschr. 2. Hälfte 18. Jh.).
Druck: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 294, S. 409–411.
[1.] Der röm. Kg. gab den Gesandten der acht eidgenössischen Orte Zürich, Bern2, Uri, Schwyz, Unterwalden, Basel, Solothurn und Schaffhausen sowie des Abts von St. Gallen, der Stadt St. Gallen und des Landes Appenzell3 folgenden Bescheid:
1. Ihre Erklärung, in welcher Weise die Orte den Romzug unterstützen wollen, nimmt der röm. Kg. gnädig an. Da die Interessen von Kg. und Reich eine weitergehende Erläuterung des Hilfsangebots erfordern4, beabsichtigt er, zum 6. Dezember (Nicolai) Gesandte zu einem Tag nach Zürich abzufertigen. – Diese Erklärung nahmen die eidgenössischen Gesandten auf Hintersichbringen an.5
2. Räte des röm. Kg. unterbreiteten den eidgenössischen Gesandten auf eigene Verantwortung einige Vorschläge. Der röm. Kg. hat inzwischen seine Zustimmung dazu erklärt. – Die eidgenössischen Gesandten nahmen diese Vorschläge ebenfalls auf Hintersichbringen an.
3. Es ist bekannt, daß der frz. Kg. aus böser Absicht den röm. Kg. und das Hl. Reich an der Erlangung der Kaiserkrone hindern will und Kg. und Reich unrechtmäßig angegriffen hat. Der röm. Kg. hegt keinen Zweifel, daß die hier vertretenen Eidgenossen, wie zugesagt, dafür Sorge tragen, daß ihre Knechte dem frz. Kg. nicht gegen ihn und das Hl. Reich dienen. Doch sollen auch die übrigen Orte dazu bewogen werden, ihre Knechte zu Hause zu behalten. Sollte der frz. Kg. eidgenössische Söldner gegen ihn und das Reich einsetzen, müßten sie Gegenmaßnahmen ergreifen und dieselben ire knecht von dem Kg. zu Frankreich dergestalt, und wie irer Mt. und des Reichs gelegenhait erfordern wurd, abzutreiben und wider haimzubringen, wie dies mit den Reichsständen auf dem Konstanzer RT beschlossen wurde. Die Eidgenossen sollen ihre Zugehörigkeit zum röm. Kg., zum Hl. Reich und zur deutschen Nation bedenken.
Die eidgenössischen Gesandten wiesen darauf hin, daß bezüglich der Knechte ausreichend Vorsorge getroffen worden sei, nahmen diesen Punkt jedoch ebenfalls auf Hintersichbringen an und sagten zu, daß man sich um dessen Einhaltung auch durch die abwesenden Orte bemühen werde.6
[2.] Anschließend ging der Kg. auf den Konflikt um Joux (Ju) ein: Der [Gf.] von Dunois (Thoney) [Ludwig von Orléans] habe sich bei Bern, Solothurn, Luzern und Fribourg über die widerrechtliche Wegnahme des Schlosses beklagt, vermutlich in der Absicht, Hilfe für dessen Rückeroberung zu erhalten. Anscheinend erst nach Abfertigung der eidgenössischen Boten habe ein kgl. Gesandter den genannten Städten Aufschluß über den Streit gegeben, die zweifellos festgestellt hätten, daß der [Gf.] von Dunois zu seiner Klage nicht berechtigt gewesen und seine Darstellung unzutreffend sei. Das Schloß liege in der Gft. Burgund. Der Streit sei deshalb vor ihm als Hg. und Gf. von Burgund auszutragen, was er mehrmals angeboten habe und noch tue.
[3.] Der röm. Kg. ließ die eidgenössischen Gesandten außerdem über eine französische Intrige gegen die Gff. [Friedrich und Ludwig] Borromäus (Perromey) informieren. Er bat, zu Hause darüber Bericht zu erstatten und in seinem Namen zu bitten, die Gff. zu restituieren und den Bf. [von Sitten] für entschuldigt zu halten.
Auch diese beiden Artikel [2./3.] nahmen die eidgenössischen Gesandten auf Hintersichbringen an.
Nr. 926 Auszug aus der Luzerner Bilder-Chronik Diebold Schillings
Verhandlungen zwischen eidgenössischen Gesandten und Kg. Maximilian (24. Okt.-8. Nov. 1507).
Druck: Schilling, Bilderchronik (Schmid), S. 382f. = Textvorlage A. Ders., Bilderchronik (Durrer/Hilber), S. 158 = B.
Wie gemeiner Eitgnossen botten abermalß gan Kaͤmpten zuͦ dem Roͤmschen küng kamend und sich mit im und er mit inen underrettend, und von dem von Waͤrse1.
In dissen dingen gieng ouch mengerley red uß, den Roͤmschen küng und die ort der Eitgnossen beruͤrende, die im dann zuͦgeseit. Und diewil sy villicht beidersit, wie vor gehoͤrt ist, anfaͤnglich einander nit raͤcht verstanden hattend, verfuͦgtend sich der Eitgnossen botten wider gan Costentz, und ward inen von iren heren und obern entpfolhen, nit ze erwinden, bitz das sy sin küngliche maiestet fundend. Und in sollichem ward der Roͤmsch küng der Eitgnossen begaͤr, zuͦ im ze komen, berichtett, der aber dazemal ze Kempten und der Eitgnossen vast fro was, und schickt ouch angends nach inen, zuͦ im gan Kempten ze komen, alß sy ouch tatend. Daselbs wurdend sy erlich entpfangen, wol gehalten und mit gnaden gelassen und abermalß ab der herberg geloͤst und erlichen begabet. [Vermittlungsverhandlungen im Konflikt zwischen Ludwig von Orléans und Louis de Vaudrey]
Nuͦ fundend der Eitgnossen botten by dem Roͤmschen küng des bapstz, ouch des küngs von Hyspanien und ander maͤchtig bottschafften me, die aber understuͦndend, den Roͤmschen küng und den küng von Franckerich miteinandern ze verrichten. Und alß aber der Roͤmsch küng in sollichem die Eitgnossen verhort und darby verstuͦnd, dz sy im woltend haͤlffen, damit er keiser wurde, ließ er die bericht, mit dem küng von Franckerich ze machen, anstan und vermeint, den zug gan Rom ze handen ze naͤmen, damit er lang zitt umgangen was und vil lüten daruff wartet, die der sach am letsten übel entgoltend. Und genoß er sin ouch nit, wann die Frantzosen bruchtend allen vliß und spartend kein guͦt, inn an dem Romzug ze hindern, alß das alles, wie und wo sy das tatend, harnach eigentlich verstanden wirt. Der küng von Franckerich soͤlte harin sin nammen bedacht han, und was er von Gott erlanget hatt, und so fraͤvelich wider dz Roͤmsch rich nit haben gehandlet.
[Gerüchte über einen bevorstehenden Angriff auf Mülhausen im Rahmen des Romzuges].
Nr. 927 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Zürich
[1.] Teilnehmer; [2.] Unterstützung des Romzuges Kg. Maximilians durch die Eidgenossen; [3.] Aufforderung an Luzern, Zug, Glarus und Fribourg zum Anschluß an die Position der übrigen eidgenössischen Orte; [4.] Vortrag des französischen Gesandten Philippe de Roquebertin; [5.] Werbungsverbot für eidgenössische Söldner.
Zürich, 8. Dezember 1507 (mitwoch nach Nicolai).
Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 203–209 (Kop., Datumverm., abweichende Reihenfolge: Pkt. 5 vor 4) = B. Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 176–178 (unvollständige Kop., Datumverm.). Bern, StA, A IV 10, pag. 268–271 (Kop., Datumverm.). Luzern, StA, TA 4, fol. 304–307 (Kop., Datumverm.). Schaffhausen, StA, Tagsatzung 1507, unfol. (verletzte Kop.). Zürich, StA, B VIII 84, fol. 219–220’, 221–222 (Kop.).
(Differenzierteres) Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 295, S. 411–413 = Textvorlage A.
[1.] a–Teilnehmer: Zürich: Bürgermeister [Marx] Röist, Bürgermeister [Matthias] Wyss, Heinrich Göldli, Ritter, Ulrich Felix; Bern: Dr. Thüring Fricker; Luzern: [nicht vertreten]; Uri: Ammann [Jakob] im Oberdorf; Schwyz: Vogt [Hans] Schiffli; Obwalden: Ammann [Peter] Wirz; Nidwalden: Arnold Winkelried; Zug: [nicht vertreten]; Glarus: [nicht vertreten]; Basel: Bürgermeister [Wilhelm] Zeigler; Fribourg: [nicht vertreten]; Solothurn: Benedikt Hugi d. J.; Schaffhausen: Bürgermeister [Konrad] Barter; Abt von St. Gallen: Landvogt [Johann] Schenkli; Stadt St. Gallen: Bürgermeister [Hans] Ab der Rüti; Appenzell: Ammann [Hans] Meggeli (Am Eggeli)– .
[2.] Zwischen den Gesandten der acht Orte Zürich, Bern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Basel, Solothurn und Schaffhausen sowie des Abts von St. Gallen, der Stadt Gallen und des Landes Appenzell auf der einen Seite und dem röm. Kg. auf der anderen wurde in Kaufbeuren eine Vereinbarung über Art und Umfang der eidgenössischen Hilfe zum Romzug getroffen [Nr. 925, Pkt. 1.1]. Vor der Versammlung erschienen kgl. Gesandte1 und baten um eine Erläuterung der Zusage in dem Sinne, daß die Eidgenossen den Zug unverdinget tun würden und den röm. Kg. gegen diejenigen unterstützten, die ihrer Pflicht gegen Kg. und Reich nicht nachkommen würden, ohne davon den frz. Kg. oder jemand anderen auszunehmen. Gerade der frz. Kg. tue alles, um den röm. Kg. an der Erlangung der Kaiserkrone zu hindern. Er habe den röm. Kg. und das Hl. Reich mit Krieg überzogen und andere Feindseligkeiten begangen und beabsichtige, den Papst und den Hl. Stuhl unter seine Kontrolle zu bringen, wogegen die Eidgenossen als Glieder des Reiches und der Kirche Hilfe leisten sollten.
Die eidgenössischen Gesandten antworteten, daß sie nach der in Kaufbeuren erfolgten kgl. Zustimmung zum Hilfsangebot der Eidgenossen lediglich abgefertigt worden seien, um die kgl. Gesandten anzuhören und zu erfahren, in welchen Punkten der Kg. weitere Erläuterungen für notwendig erachte. Im übrigen blieben sie bei der in Kaufbeuren gegebenen Antwort, daß sie den Romzug zur Erlangung der Kaiserkrone gegen Bezahlung unterstützen wollten; wer dem röm. Kg. den Weg versperren wolle, gegen den würden sie ihm helfen, doch niemandem sonst schädigen.2
Die kgl. Gesandten baten nach einer Unterredung erneut um eine Zusage in der von ihnen gewünschten Weise, oder die Eidgenossen sollten wie im Bayerischen Krieg stillsitzen, keiner Partei helfen und ihre Knechte zu Hause behalten. Die Gesandten brachten in ihrem eigenen Namen vor, daß es den Eidgenossen zur Ehre und zum Nutzen gereichen würde, wenn sie helfen würden, für den röm. Kg. und den Papst einige von Venedig widerrechtlich eroberte Städte zurückzugewinnen, falls der Kg. seinen Weg durch das Territorium Venedigs nehmen werde, das den Romzug durch allerlei Intrigen verhindern wolle.
Wegen dieser Punkte wurde ein weiterer Tag auf den 3. Januar (montag nach dem neujahrstag) ausgeschrieben. Jeder Bote soll zu Hause Bericht erstatten, die einzelnen Orte sollen bis dahin über ihre Haltung entscheiden. Dieser Tag wird dem röm. Kg. dann einen Termin für die Beantwortung seiner Artikel festsetzen. Luzern, Zug, Glarus und Fribourg werden über die jetzigen Verhandlungen schriftlich informiert, letztere drei Orte sollen überdies ersucht werden, an dem angesetzten Tag teilzunehmen.3
[3.] Luzern, Zug, Glarus und Fribourg sind von einigen Tagsatzungen ferngeblieben. Daraus könnten Irritationen und Streitigkeiten entstehen. Auch können die Vögte im Thurgau, im Rheintal, zu Baden und anderswo nicht angehört oder instruiert werden. Überdies treten Hauptleute und Knechte in die Dienste der beiden Kgg. Diese beiden Punkte sollen die Gesandten ihren Obrigkeiten referieren und auf dem Tag zu Luzern beraten, was diesbezüglich zu tun ist.
[4. Vortrag des frz. Gesandten Philipp de Roquebertin: Rechtfertigung der frz. Haltung im Geldernkrieg, Bitte um Verweigerung der von Kg. Maximilian gegen Venedig angeforderten Söldner, Bitte um Bewilligung von Söldnern für Kg. Ludwig, Rechtfertigung der Verhaftung der Gff. Borromeo].4 Die eidgenössischen Gesandten nahmen diesen Vortrag zur Berichterstattung an ihre Magistrate an und warnten Roquebertin wie zuvor auch die Gesandten des röm. Kg. vor der heimlichen Anwerbung von Knechten.
[5.] Alle Gesandten sollen ihre Magistrate zu Maßnahmen gegen die Dienstverpflichtung ihrer Knechte für den röm. oder den frz. Kg. veranlassen sowie zu Beratungen über die Durchsetzung des Reislaufverbotes für den Fall auffordern, daß beschlossen werden sollte, keinen der beiden Kgg. zu unterstützen. [...].
Nr. 928 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Luzern
[1.] Teilnehmer; [2.] Veranschlagung der Stadt Mülhausen/Elsaß zum Romzug und zum Unterhalt des Reichskammergerichts; [3.] Anempfehlung seines Landes durch Hg. Ulrich von Württemberg; [4.] Hilfeforderung Kg. Ludwigs von Frankreich für den Verteidigungsfall gegen Kg. Maximilian; [5.] Beitrag der Eidgenossen zum Romzug Kg. Maximilians.
Luzern, 5./6. Januar 1508 (an der hl. dri Kgg. abend).
Zürich, StA, A 227,1, Stück-Nr. 42 (Kop., Datumverm.) = B. Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 211–216 (Kop., Datumverm.: an der hl. dry Kgg. abend angefangen). Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 190–192 (unvollständige Kop., Datumverm.). Bern, StA, A IV 10, pag. 87–91; 274–278 (2 Kop., Datumverm.). Luzern, StA, TA 4, fol. 240–243 (Kop., Datumverm.).
(Differenzierteres) Regest/teilweise Druck: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 296, S. 414–416 = Textvorlage A.
[1.] Teilnehmer: Zürich: Bürgermeister Marx Röist; Meister [Felix] Weingartner; Bern: Schultheiß [Hans Rudolf von] Scharnachtal, Kaspar Hetzel; Luzern: [keine Angabe]; Uri: Ammann [Walter] Imhof; Schwyz: Martin Pfyl; Unterwalden: Ammann [Peter] Wirz; Zug: Ammann [Werner] Steiner; Glarus: Ammann [Jost] Küchli; Basel: Bürgermeister Peter Offenburg; Fribourg: Schultheiß Franz Arsent; Solothurn: Schultheiß Niklaus Conrad, Benedikt Hugi d. J.; Schaffhausen: Bürgermeister [Konrad] Barter; Abt von St. Gallen: Hauptmann Jakob von Hertenstein; Stadt St. Gallen: Bürgermeister Hans Ab der Rüti; Appenzell: Ammann Hans Meggeli.
[2.] [...]. Gesandte Mülhausens erklärten, daß der röm. Kg. die Stadt mit einer Anzahl [von sechs] Pferden und [sieben] Fußsoldaten für den Romzug veranschlagt habe und [Hans] von Landau 394a fl., ebenfalls für den Romzug, sowie 34b fl. zum Unterhalt des kgl. Kammergerichts fordere. Dies verstoße gegen das Herkommen. Bitten um Rat und Hilfe, um ihrer Beschwerde abzuhelfen.1 [...].
[3.] Zürich hat seinen Gesandten auf dem Tag mitgeteilt, daß der Hg. von Württemberg für sein Land und seine Leute, seine Statthalter und Räte während seiner Abwesenheit um gute Nachbarschaft gebeten habe; dies solle auch den übrigen Eidgenossen zur Kenntnis gebracht werden. [Rüdenbandaffäre2].
[4.] Die französischen Gesandten3 kündigten erneut an, daß ihr Kg. angesichts der Rüstungen und Drohungen des röm. Kg. im Notfall gemäß ihrem Bündnis die Hilfe der Eidgenossen in Anspruch nehmen werde.
[5.] Der Tag wurde von den nach Kaufbeuren zum röm. Kg. abgeordneten und anschließend in Zürich versammelten Gesandten anberaumt. Auf dem Tag zu Zürich und zuvor sind etliche Orte nicht erschienen, was in der Eidgenossenschaft in Anbetracht der schwerwiegenden Angelegenheiten zwischen den beiden Kgg. zu Unruhe geführt hat. Noch mehr Unruhe ist zu befürchten, wenn nicht die unter den Altvorderen bestehende Einigkeit wiederhergestellt werden kann. Die Züricher Versammlung hat allen ferngebliebenen Orten den Abschied zugesandt und den gegenwärtigen Tag angekündigt. Infolgedessen sind alle Orte und Zugewandten vertreten und haben ihre Instruktionen4 eröffnet, aus denen sich folgende Mehrheitsmeinung ergab: Der Vorschlag des röm. Kg., daß die eidgenössischen Knechte zu Hause bleiben sollten, wenn die Eidgenossen seinen Romzug nicht uneingeschränkt unterstützen wollten, sollte angenommen werden. Da etliche Gesandte nur auf Anhören bevollmächtigt waren, etliche bei der Zusage für den röm. Kg., andere jedoch beim Bündnis mit Frankreich bleiben wollten, war die angesichts der Wichtigkeit der Angelegenheit notwendige Einhelligkeit nicht erreichbar. Deshalb wurde die Urkunde über das Bündnis mit Frankreich [vom 16.3.1499], das Abkommen mit dem Haus Mailand5, das Schreiben des röm. Kg. [Nr. 916] und die Forderung der französischen Gesandten nach Einhaltung des Bündnisses geprüft und erwogen und folgendes beschlossen: Durch strenge Maßnahmen soll gewährleistet werden, daß die eidgenössischen Knechte keinem der beiden Kgg. zulaufen. Um diese zu beschließen, wird ein weiterer Tag nach Luzern anberaumt, in der Hoffnung, daß dort ein einhelliger Beschluß gefaßt werden kann. Die Gesandten sollen sich am Abend des 25. Januar (St. Paulus bekerung) in den Herbergen einfinden. Falls kein einhelliger Beschluß möglich ist, erhalten die Gesandten Vollmacht, mit den dissentierenden Orten direkt zu verhandeln. [Auf Ratifikation durch die nächste Tagsatzung verabschiedete Maßnahmen zur Umsetzung eines künftigen Reislaufverbotes; Bestrafung von Landfriedensbrechern; Rüdenbandaffäre].
Nr. 929 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Luzern
[1.] Teilnehmer; [2.] Haltung der Eidgenossen bezüglich des geplanten Romzuges Kg. Maximilians; [3.] Antwort der Eidgenossen auf das französische Hilfebegehren; [4.] Anwerbungsverbot für eidgenössische Söldner; [5.] Übergabe der Stellungnahme zum Romzug an die Gesandten Kg. Maximilians; [6.] Vortrag der französischen Gesandten mit Bitte um Hilfe für Kg. Ludwig.
Luzern, 26. Januar 1508 (mitwuchen nach Pauls beker angefangen).1
Bern, StA, A IV 10, pag. 282–285 (Kop., Datumverm.). Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 193’-194’ (unvollständige Kop.).
Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 298, S. 417f. = Textvorlage A.
[1.] Teilnehmer: Zürich: Bürgermeister Marx Röist; Meister [Felix] Weingartner; Bern: Venner Kaspar Hetzel; Luzern: [keine Angabe]; Uri: Hans Biderbist; Schwyz: [nicht vertreten]2; Obwalden: Walther von Flüe; Nidwalden: Säckelmeister [Ulrich] Andacher; Zug: Ammann [Werner] Steiner; Glarus: Ammann [Jost] Küchli; Basel: Bürgermeister Peter Offenburg; Fribourg: Schultheiß Franz Arsent; Solothurn: Schultheiß Niklaus Conrad, Benedikt Hugi d. J.; Schaffhausen: Bürgermeister [Konrad] Barter; Abt von St. Gallen: Ludwig von Helmsdorf, Ritter; Stadt St. Gallen: Bürgermeister Hans Ab der Rüti; Appenzell: Lorenz Suter.
[2.] [Geldforderungen eidgenössischer Knechte an Frankreich, Schießveranstaltung in Bern]. Der Tag wurde in der Hoffnung anberaumt, Einigkeit herzustellen. Die Instruktionen der Gesandten3 wurden bezüglich des wichtigsten Punkts, des Romzuges, angehört. Es wurde beschlossen, dem röm. Kg. zu schreiben, dz wir sin fürschlag annemen, also lut des stillsitzen, im in dem gehorsam sin und gehept haben wellen, dz der Kg. von Frankrich im den romzug on unser hilf verfolgen lauß, doch dz der röm. Kg. dem von Frankrich an sinen landen, es sig Meyland old andern, nüchzit schädige. Wann man wäri dennoch och daby pflichtig, dem Kg. von Frankrich die aynung zu halten.
[3.] Den französischen Gesandten wurde geantwortet, daß die Bewilligung von Knechten nicht nötig sei, solange der frz. Kg. von niemandem angegriffen werde und der röm. Kg. sich gegen Venedig wende. Sollte der Kg. angegriffen werden, solle er dies vorbringen; sie würden dann gebührend antworten. Falls er jedoch Venedig gegen den röm. Kg. unterstütze, würden sie ihm dabei nicht helfen. Verhandlungen über ein neues Bündnis seien noch nicht notwendig, da der bestehende Vertrag noch lange gelte.4
[4.] Die auf dem letzten Tag beschlossenen Maßnahmen gegen das Reislaufen wurden bestätigt. Der röm. und der frz. Kg. sollen ermahnt werden, Knechte nicht ohne Bewilligung der Eidgenossen anzuwerben. [...].
[5.] Auf dem Tag erschienen als Gesandte des röm. Kg. [Ulrich von Hohen-]Sax, Hans von Landau5, Dr. [Hans] Schad und Hans von Landenberg und forderten Antwort wegen des Romzuges. Ihnen wurde geantwortet, daß man es beim vorigen Schreiben bleiben lasse. Ein entsprechendes versiegeltes Schriftstück6 wurde ihnen zur Weiterleitung an den röm. Kg. übergeben.7
[6.] Die französischen Gesandten kolportierten eine ihnen zugegangene Nachricht, wonach der röm. Kg. beabsichtigte, auf dem Weg nach Rom vor ein bestimmtes Schloß zu rücken und eventuell in das Hm. Mailand einzufallen. Falls das zutreffe, beantragten sie im Namen ihres Kg., keine Zeit mit Versammlungen zu verlieren, sondern Hilfe zu leisten. – Dieser Antrag wurde in den Abschied aufgenommen. [...].
Nr. 930 Eidgenössische Tagsatzung zu Luzern an Kg. Maximilian
[Kollationsexemplar B zu Nr. 931].
Luzern, 28. Januar 1508 (frytag vor purificacionis Marie).1
[Archivalische Nachweise siehe Nr. 931/III].
Nr. 931 Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Luzern (im Reich verbreitete Druckfassung)
a–Ulrich Frh. von Hohensax, Hans von Landau, Dr. Hans Schad und Hans von Landenberg zu Altenkling erschienen vor der Versammlung und baten im Namen Kg. Maximilians um eine verbindliche Antwort bzgl. des Romzuges. Die Versammlung hat folgendes beschlossen–: Die Hilfszusage der Eidgenossenschaft für den Romzug bezog sich allein auf die Erlangung der Kaiserkrone und erfolgte unter dem Vorbehalt, daß sonst niemand geschädigt wird. Der Kg. ließ später den zu ihm nach Kaufbeuren abgefertigten Gesandten und außerdem den Eidgenossen schriftlich mitteilen, daß sie stillsitzen und keiner Partei zuziehen sollten, falls sie seinen Romzug nicht bedingungslos unterstützen wollten. Dieser Vorschlag wurde den Gemeinden vorgetragen, die ihn ebenso wie die jetzige Versammlung für gut befunden haben. Sie wünschen dem Kg. zu seinem Unternehmen Glück. Doch das Jr Maiestat den Frannckreichischen Künig an seinen innhendigen Lannden, in dem Romtzug Jm die einzunemen, nit beschedige; wann soferr das nit beschehen vnd wir durch den vermelten Künig von Franckreich vnns dess zu berichten angeruͦfft, würden wir vnnser verschreibung nach in den einreissenden sachen hanndeln das, so wir schuldig vnd pflichtig weren. Begeb es sich aber, das die Römisch Küngklich Maiestat, von wem das wär, an dem Romtzug geirrt oder gehindert werden, sollte Sy gelauben, das vns semblichsb auch nit lieb wär vnd die vnnsern dabey nach vnnserm vermögen nienndertc haben wellen. Darmit wir als die erkennt vnd geacht werden, so yetwederm tail gern tetten nach zimblichen, billichen dingen; wann wir wissen, was wir yedwederm tail schuldig. Sie sind jedoch mit dem Kg. von Frankreich verbündet, was sie auch bedenken müssen. Sie würden allerdings lieber nicht in diese Dinge verwickelt, sondern wünschen Frieden. Fordern den röm. Kg. deshalb auf, keinesfalls eidgenössische Söldner anzuwerben. Eine entsprechende Verfügung gilt auch für den frz. Kg.
Luzern, 29. Januar 1508 (Sambstags vor Purificationis Marie).
I. (Druck): Berlin, GStA, Repos. 11, Schweiz Nr. 256, Fasz. 1, unfol. = Textvorlage A. Hagenau, StdA, AA 118, unfol.Marburg, StA, Best. 81, A
II. (Kop.): Wien, HHStA, Schweiz 2, Konv. 3 (1500–1509), fol. 141–141’ (Datumverm. wie I.). Metz, AM, AA 3/52 (frz. Übersetzung).
III. (Schreiben der Luzerner Versammlung an Kg. Maximilian, 28.1.1508): Bern, StA, A IV 10, pag. 286–287 (Kop.) = B. Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 195–195’ (Kop., Überschr.: Item, so ist dis ein abscheid, wie und welche form man dem röm. Kg. geantwurt und zugesagt hat.) = C.
Druck: Eidgenössische Abschiede III/2, S. 419; DuMont, Corps IV/1, Nr. XLVII, S. 89f.; Datt, De pace publica, S. 576f.; Lünig, Reichs-Archiv VII (Part. Spec. Cont. I, Anh., 4. Absatz), Nr. XLIX, S. 226f.; Göbler, Chronica, pag. XI.
Nr. 932 Hans von Landau an Zyprian von Serntein
[1.] Eidgenössischer Tag in Luzern; [2.] Bereitschaft Uris, Schwyz’ und Unterwaldens zur Unterstützung des Romzuges; [3.] Romzughilfe der Reichsstände; [4.] Zahlungen an eidgenössische Parteigänger Kg. Maximilians.
Konstanz, 2. Februar 1508.
Wien, HHStA, Maximiliana 18, Konv. 3, fol. 106–108’ (eh. Or., Postverm.: In sein selbs hand.).
[1.] Er hat sich gemäß kgl. Weisung gemeinsam mit Dr. [Hans] Schad und Hans von Landenberg nach Luzern begeben. Sie haben dort H. [Ulrich] von Hohensax angetroffen, jedoch nicht die erwartete Instruktion vorgefunden. Als die Tagsatzung sich ihrem Ende näherte und sie immer noch keine Anweisungen hatten, erbaten sie, um nicht unter Spott und unverrichteter Dinge abreisen zu müssen, die Übergabe und Verlesung der ihren Informationen nach zur Absendung an den röm. Kg. vorbereiteten Antwort [Nr. 930], für die die Eidgenossen um Bedenkzeit gebeten hatten. Diese Antwort wurde ihnen übergeben und verlesen. Und wiewol unß die erstlich ganz misfelig was, yedoch, so wier die handlung im grund erwagend und sunderlich, das kgl. Mt. vormals vil daruf hat handlen lassen, das die dru ort Schwitz, Ure und Underwalde ier Mt. den romzug soltend helfen tun, wie ier gut wissen habend, mit ingehandelt sein, zum andern, das wier erwagend, das kgl. Mt. gemain Aidgenosen inhalt des abschids zu Costenz [Nr. 229] schwarlich erheben und sich des solds, nachdem etlich IC, ainer XL, der ander L sold haben welt, mit inen nit vertragen hett mugen, zusampt andern beschwerden, liesend wier unß den abschid nit misfalen. Doch beschwertend wier unß des gegen inen dergestalt, als hettend wier unß nach aler ergangner handlung gar vil ainß andern und bessern abschids versechen etc.
[2.] Obwohl der Abschied im Namen der ganzen Eidgenossenschaft ergangen ist, so spiegelt er doch keinesfalls die Meinung der drei besagten Kantone, insbesondere Schwyz’ und Uris, wider1, deshalb kgl. Mt. darab kain erschrecken haben sol. Der Kg. kann in den drei Kantonen geschlossene Truppenverbände anwerben, doch muß dies ohne weiteren Verzug geschehen. Trotz des Verbotes kann der Kg. darüber hinaus nach seinem Belieben freie Knechte anwerben, uß der ursach, das sy sunsten seiner Mt. zu dienen ganz genaigt seind, zum andern, das sy wider die lender mit iern banern nit gern tun wurdend. Und hett kgl. Mt. den fortal, das ier Mt. userhalb der dryer lender sy mustern lasen und umb den sold ier Mt. gefalen nach mit in yberkumen und handlen mecht, das sy sunst in kain weg gedulden noch zugeben wurdend, und ungezwifelt sich liden wurdend, was sy mechtend, ee und sy zu dem Kg. von Frankrich lofen wurdend. Und mecht ier Mt. nemen, sovil ier Mt. gelibte, die andern lassen lofen und alweg sprechen, er hett sy al wolen annemen, so hett er mit iern gewaltigen und dem kronenfressen nie mugen nacherkumen und sich mit andern luten bewerben muesen, dardurch aber der nid und unwil, der yetz uß der massen groß wider in der Aidgenoschaft ist, noch grosser wurd. Und gelopt mier warlich, das ain solich wesen under in ist, das ich oder kain mensch uchs sagen noch schriben kan: der vater widers kind, ain bruder wider den andern. Und trybend solich ungeschicker, sorklich reden, das ich hof, Gott wol etwas gutz wirken, das der gemain man dem gewaltigen der biebery nit lenger zusechen werd. Und stat warlich als an dem, wa die kgl. Mt. die 3 ort annumpt, wie wier schribend, darin rat und helft, dan es kan noch mag kain verzug mer haben. Schlecht kgl. Mt. das ab, so wirt aler guter wil in dem gmainen man erleschen und die Franzosen mit ierm geschray, daß kgl. Mt. sy nur hab wolen mit worten vom Kg. von Frankrich bringen, furgon. Und wirt die puntnuß gewißlich, sobald die knecht zu Frankrich lofend, daruf gon. Wie kgl. Mt. und wier al darnach sitzen werdend, habt ier zu ermessen; sagt das ier Mt. Ersucht ihn noch einmal inständig, den Kg. davon zu überzeugen, die aktuelle Lage auszunutzen, bevor die eidgenössischen Knechte dem Kg. von Frankreich zuziehen.2
[3. Mandate an die Stände zur Leistung der Reichshilfe; Nr. 824, Anm. 2].
[4.] Berichtet über eine Schilderung Oswalds von Rotz, wonach die Sache des röm. Kg. durch ein Wunder als gerecht erwiesen wurde. Bittet um Geld für die Zahlungen an Hauptleute und an Parteigänger des röm. Kg., insbesondere die 80 fl. für [Hans] Biderbist, der den Mehrheitsbeschluß in Uri zustandegebracht hat. Das Verdienst Biderbists geht auch aus dem Bericht Schads an den Bf. von Gurk3 hervor.
Nr. 933 Heinrich Hechinger (Kaplan) an Zyprian von Serntein
[1.] [Auszahlung von Geldern durch den frz. Gesandten Bf. Pierre Louis von Rieux (Pyrn Loy) in Bern]. Uf sölichs ist Jacob Lynder an mich kommen, hat mir gesagt, wie er uf dem Richs tag zu Costenz, als die kgl. Mt. mit den Aydgnossen handelte, gewesen sye, hab H. Hansen von Kunßegk und andern gesagt, sy handlint torlich in der sach, das sy allain die edeln furdernt und zu hoptluten und andern emptern nemynd; sy söllen bericht werden, das die gemaind nit verachtet und die edeln nit maister in der Aydgnoschaft sin söllen, darumb muß in ain hand in das spyl geworfen werden. Und umb das sye es darzu kommen, das sy das gelt genommen haben, doch der röm. kgl. Mt. zu kainem nachtail noch zu wyderdriess. [Diskussionen in Bern wegen der französischen Geschenke].
[2.] Hans Linder (Berner Hauptmann), sein Bruder Jakob und Johannes Etter (Etterlin) (Mitglied des Großen Berner Rates) baten ihn, den röm. Kg. über die in Bern geführten Debatten zu informieren und ihm außerdem mitzuteilen, daß auf Bitten der Franzosen zum 6. Januar (Epiphanie) ein neuer Tag einberufen wurde, um das bestehende Bündnis zu verlängern oder ein neues abzuschließen – für den Fall, daß der röm. Kg. diesbezüglich etwas unternehmen will. Die drei Herren sagten zu, eine Entscheidung [Berns] darüber zu verzögern, bis er, Hechinger, weitere Befehle erhalten habe. Mer solte ich kgl. Mt. furhalten, wie ir Mt. an die Aydgnossen bringen haben lassen, sover und die Aydgnossen nit mit ir Mt. welten ziechen lut des abschaidz, zu Costenz gemacht, das sy dann die iren behalten, stillsitzen und entwederer party zuziechen wellen. Sye ir maynung, von demselbigen artikel ze stend; dann wann sy das zusagend, mochte es nit gehalten werden und wurde sin Mt. betrogen. Und were das ir maynung, zu vermeltem artikel ze setzen: Wann sy vermainten, ir knecht nit ze behalten, das sy in dann nachliessen, zu röm. kgl. Mt. umb den sold, zu Costenz bestimpt, zu lofen und sust zu dehainem andern herren, by iren ayden.
Er wollte darauf jedoch nicht eingehen, da er diesbezüglich keine Anweisungen hatte. Er sagte jedoch zu, ein Schreiben von ihnen dem Kg. zu überbringen und sich dafür einzusetzen, daß sie deswegen persönlich vorsprechen könnten.
[3.] Er traf am 4. Januar (erichtag vor Epiphanie) in Konstanz ein und bat Hans von Landau, die Briefe an den röm. Kg. zu schicken, da er selbst erkrankt war. Landau zeigte sich in Hinblick auf die drei genannten Personen skeptisch. Da er nicht weiß, ob Landau die Schreiben abgeschickt hat, schreibt er gemäß dem Rat einiger Hofkammerräte an ihn, Serntein, und bittet ihn, den Kg. zu informieren.
Innsbruck, 3. Februar 1508.
Innsbruck, TLA, Maximiliana XIII/302, fol. 50–51’ (Or., Postverm.: In [sein] aigen hand.).
Teildruck/-regest: Gagliardi, Anteil I, S. 699 Anm. 148.
Nr. 934 Ausschreiben Kg. Maximilians an die Reichsstände
Übersendet den ungeachtet früherer Zusagen bezüglich der Unterstützung des kgl. Romzuges erfolgten Abschied der eidgenössischen Tagsatzung zu Luzern [Nr. 931]. Vnnd dieweil dann solcher abschid vnnsers bedunckens, vnd als Jr selbs auch ermessen mügt, Vnns, dem hailigen Reiche vnd Teütscher Nacion nicht Eerlich noch guͦt ist, will demnach die notdurfft eruordern, Ewer vnd annder Churfürsten, Fürsten vnd Stennde des hailigen Reichs Rate, was furter in disen sachen zuhanndeln sey, zu haben. Befiehlt ihnen, darüber zu beraten, um nach erneuter Aufforderung durch ihn ihre Stellungnahme abgeben zu können.
Bozen, 26. Februar 1508.
I. (Or. Druck, Verm. amdcp., Gegenz. Serntein, Anrede handschriftlich inseriert): Ulm, StdA, A 1132/1, fol. 18 = Textvorlage A. Berlin, GStA, I. HA, Repos. 1, Nr. 2 A, fol. 3–3’ (präs. montag noch jubilate [15.5.]1508). München, HStA, KÄA 3136, fol. 329½. Frankfurt, ISG, Kaiserschreiben 1383, unfol. (präs. am Morgen des 20.3.1508). Hagenau, AM, AA 118, unfol.Marburg, StA, Best. 81, A
II. (Kop.): Metz, AM, AA 3/52 (frz. Übersetzung).
Druck: Datt, De pace publica, S. 576; Göbler, Chronica, pag. XI-XI’.
Regest: Janssen, Reichscorrespondenz II, Nr. 935, S. 745.