Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
In den am 6. Jan. 1543, vier Wochen vor Eröffnung des Reichstags, beginnenden Beratungen des Ausschusses der Schmalkaldener1ging es vor allem um die Frage, wie sich die Evangelischen gegenüber dem am 4. Dez. 1542 in weltlichen und geistlichen Angelegenheiten rekusierten Reichskammergericht verhalten sollten. Der Entschluss zur Generalrekusation erfolgte, weil die von den Protestanten geforderte Visitation und Reformation des Reichskammergerichts mehrmals aufgeschoben worden war. Das Reichskammergericht verwarf die Rekusation am 13. Dez. 1542 mit gravierenden Folgen für die betroffenen Reichsstände, die sich nun je einzeln genötigt sahen, Stellung zu der von den Bundeshauptleuten vorgegebenen Linie zu beziehen2.
Kap. VIII.A enthält mehrere Vorschläge des Ausschusses, wie mit der durch die Rekusation entstandenen Situation umzugehen sei. Kursachsen und Hessen sollten den Gff. von Hohenlohe mitteilen, dass ihre gerichtsanhängigen Streitsachen mit dem Bundesmitglied Schwäbisch Hall wegen der Rekusation des Reichskammergerichts durch die Stadt vor unabhängigen Richtern auszutragen seien, auf die sich die Streitparteien zu einigen hätten (Nr. 259).
Über den Verlauf und die Ergebnisse der Beratungen der Schmalkaldener zur Rekusation des Reichskammergerichts bis Mitte Januar 1543 liegen die Berichte von Dr. Lukas Ulstett an die Bgmm. von Augsburg (Nr. 260) sowie von Ogier von Melem und Dr. Hieronymus zum Lamb an Bgm. und Rat von Frankfurt vor (Nr. 265).
Da die Schmalkaldischen Bundesmitglieder in der Generalrekusation vom 4. Dez. 1542 nicht namentlich angeführt waren, wurde beschlossen, dass jeder rekusierende Reichsstand zur Ratifizierung der Rekusation eine eigene Gesandtschaft an das Reichskammergericht nach Speyer abfertigen sollte. Der Ausschuss verfasste Textvorlagen für die in Speyer vorzulegenden Aktenstücke, die mutatis mutandis zur Anwendung kommen sollten. Es waren dies eine Bevollmächtigung (Nr. 261) und eine Instruktion (Nr. 262) der Gesandten, die Ratifikation der Rekusation, verbunden mit der Revokation der Prokuratoren (Nr. 263) und Revokationsschreiben an die Prokuratoren (Nr. 264).
Am 22. Jan. 1543 beriet der Ausschuss der Schmalkaldener über weitere Artikel betr. die Rekusation des Reichskammergerichts (Nr. 266). Auch die adeligen Befehlshaber des braunschweigischen Feldzuges von 1542 sollten sich explizit der Rekusation anschließen (Nr. 267).
Bgmm. und Rat von Augsburg, deren Haltung zur Rekusation des Reichskammergerichts in geistlichen und weltlichen Angelegenheiten anfänglich zögerlich gewesen war, erklärten sich schließlich doch bereit, sich der Rekusation aller Bundesmitglieder anzuschließen, wie einer Weisung an die Gesandten zu entnehmen ist (Nr. 268). Dr. Claudius Pius Peutinger wurde zu den Verhandlungen über das Reichskammergericht nach Nürnberg entsandt (Instruktion Nr. 71b). Er berichtete seinen Auftraggebern über die Haltung der anderen evangelischen Städte zur Rekusation (Nr. 269) und bezog im Auftrag Augsburgs Stellung im Städterat (Nr. 270).
Da die Rekusation der Schmalkaldener vom Reichskammergericht nicht angenommen wurde, erließ Kf. Johann Friedrich von Sachsen am 29. Jan. 1543 ein Schreiben an mehrere Bundesstände mit Vorschlägen, wie in dieser Situation weiter vorzugehen sei (Nr. 271). Der Ausschuss der Schmalkaldener erarbeitete am 16. Febr. 1543 ein Gutachten für den Fall der Fortführung der Prozesse durch das Reichskammergericht in Missachtung der Rekusation (Nr. 272), wobei den Bundesmitgliedern zur Nichtannahme der Mandate des Reichskammergerichts geraten wurde (Nr. 273).
Ein Gutachten des Ausschusses auf eine Anfrage der Stadt Augsburg bestätigte die Gültigkeit der Rekusation nicht nur für städtische Obrigkeiten (Bgm. und Rat), sondern auch für Stadtgemeinden und Privatpersonen (Nr. 274).